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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson
Autoren: Die Widerspenstige
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Herz geformtes
Schönheitspflästerchen über dem Mundwinkel lenkte geschickt den Blick auf die
vollen, sinnlichen Lippen.
    Ein wirkliche Schönheit, dachte Delia.
    Aber als die Frau die Lampe auf den Kaminsims stellte, sah Delia
zu ihrem Erstaunen, daß die Frau sehr viel älter sein mußte, als es den
Anschein hatte.
    Du meine Güte, dachte Delia, sie muß schon
über dreißig sein ...
    Trotzdem unterschied sich diese Frau von allen Huren, die Delia
bisher gesehen hatte. Sie war keineswegs mit denen zu vergleichen, die im
Goldenen Löwen oder den anderen Kneipen im Hafen ihrem Gewerbe nachgingen.
    Delia saß noch immer auf dem Bett, während der Mann und die Frau
auf sie herabblickten. Sie fühlte sich eindeutig im Nachteil. Was sollte sie
tun?
    Schließlich hob sie trotzig den Kopf und erwiderte scheinbar
unbeeindruckt die prüfenden Blicke, obwohl sie sich in Wirklichkeit am liebsten
weit, weit weg von hier in ein tiefes Loch verkrochen hätte.
    Die Frau rümpfte die zierliche Nase. »Also, Tyl, ich hätte dir
einen besseren Geschmack zugetraut.«
    »Ich versichere dir, Priscilla, ich habe sie noch nie im Leben
gesehen.«
    Delia betrachtete ihn. Er hatte eine
auffallend dunkle Haut, fein geschnittene Züge, eine schmale, gerade Nase, ein
ausgeprägtes Kinn und vorstehende Backenknochen. Die dunkelbraune Hose und das
Rüschenhemd verrieten zwar den vornehmen Gentleman, aber er trug keine Perücke.
Er hatte die dichten, langen dunkelbraunen Haare glatt aus der
Stirn gekämmt und mit einem schlichten Band im Nacken zusammengebunden. Seine
schwarzen Augen funkelten Delia unter den schmalen Brauen an. Sie war wie gefesselt
von diesen dunklen Augen, aber seltsamerweise fürchtete sie sich nicht vor ihm
...
    Priscillas pikierte Stimme durchbrach schließlich die Stille.
»Vielleicht sollte ich jetzt besser gehen.«
    »Ja, ich glaube, das wäre das beste«,
antwortete er.
    Das hatte Priscilla offenbar nicht hören wollen. Sie sagte etwas
unsicher: »Tja, dann ... also ... Stevens kann mich ja in der Kutsche nach
Hause bringen.« Als er darauf nicht reagierte, fügte sie kühl hinzu: »Du mußt
mich nicht hinausbegleiten.«
    Sie blieb jedoch stehen, sah ihren Liebhaber und dann Delia vorwurfsvoll
an. Schließlich drehte sie sich um und verließ schweigend das Schlafzimmer.
    »Bleib hier«, sagte er zu Delia und folgte
der Frau.
    Delia blieb gehorsam auf dem Bettrand sitzen, aber plötzlich fiel
ihr wieder ein, was der Mann und die Frau in diesem Bett hatten tun wollen.
Vermutlich will er mich als Nächste für sein Bordell ausprobieren, dachte sie,
stand mit zitternden Beinen auf und ging unsicher in Richtung Wohnzimmer.
    Er stand mit Priscilla, die einen roten Samtumhang mit Kapuze
trug, an der Tür zum Flur. Er hatte ihr die Hände auf die Schultern gelegt und
sagte sanft und beruhigend: »Vermutlich ist sie wegen dieser verwünschten
Anzeige hier ... Liebling, es ist ohnehin schon sehr spät. Ich meine, du
solltest wirklich nach Hause fahren.«
    »Tyl, wenn du mit diesem Mädchen etwas
anfängst ...«
    Er legte ihr den Zeigefinger auf die Lippen. »Psst. Du weißt
genau, daß ich dir das nie antun würde. Du bist einer der Gründe, weshalb ich
überhaupt nach Boston gekommen bin.«
    Sie nickte, und ihre Lippen zitterten. »Aber du fährst morgen
schon wieder weg. Es kann Monate, vielleicht sogar Jahre dauern, bis ich dich
wiedersehe.«
    Er lächelte spöttisch. »Ach, ich vermute, es wird dir in dieser
Zeit nicht an Gesellschaft fehlen.«
    Sie lachte leise und gab ihm mit dem Elfenbeinfächer einen Klaps
auf die Wange. »Du solltest dich schämen, Tyler Savitch. Du denkst immer nur
das Schlechteste von einer Frau.«
    Er küßte sie zart auf die Wange. »Auf
Wiedersehen, Priscilla.«
    »Paß auf dich auf, Tyl«, erwiderte sie leise und noch immer
lächelnd. Aber als sie sich umdrehte und die Tür öffnete, glaubte Delia, Tränen
in ihren Augen zu sehen.
    Tyl schloß die Tür hinter Priscilla. Er beachtete Delia nicht, sondern
ging durch das Zimmer zum Kamin. Er bewegte sich so geschmeidig wie eine
Raubkatze, sanft, aber auch gefährlich und unberechenbar. Er griff nach der
bestickten Jacke, die auf dem Lehnstuhl lag, und zog sie an, knöpfte sie
jedoch nicht zu. Dann nahm er einen Kienspan vom Kaminsims und hielt ihn in die
Glut. Als er brannte, entzündete er mit der Flamme einen Wandleuchter. Es wurde
sofort sehr viel heller im Raum.
    Er drehte sich um. Sein Gesicht wirkte streng. Er hatte die Lippen
fest
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