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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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die Hände. »Jeder hält seine Arbeit für höchst interessant, meine Liebe.«
    Das »meine Liebe« war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Nora stand auf, der Zorn ließ ihre Lippen blutleer erscheinen. »Es ist schlimm, dass ich hier sitzen und meine Arbeit Ihnen gegenüber rechtfertigen muss. Die Utahuntersuchung wird den Nachweis bringen, wann der aztekische Einfluss im Südwesten die Anasazikultur abgelöst hat. Wir werden an den Ergebnissen ablesen können …«
    »Tja, wenn Sie Dinosaurier ausgraben würden, das wäre etwas anderes. Dafür begeistern sich die Leute, das bringt Geld in die Kassen. Es steht nun mal fest, Dr. Kelly, dass alte Tonscherben außer Ihnen niemanden vom Hocker reißen.«
    »Und es steht ebenso fest«, ereiferte sich Nora, »dass Sie ein Möchtegernwissenschaftler sind, der sich darin gefällt, den Pfennigfuchser zu spielen. Nur, um ehrlich zu sein, Sie übertreiben dabei!«
    Sie war zu weit gegangen, das merkte sie sofort. Brisbanes Miene schien sekundenlang zu versteinern. Dann hatte er sich gefangen, bedachte sie mit einem kühlen Lächeln, rieb den Smaragd sorgfältig mit seinem Einstecktuch ab und legte ihn in den Glaswürfel zurück.
    »Echauffieren Sie sich nicht! Das führt zu Arterienverhärtungen und ist Ihrer Gesundheit auch sonst abträglich.«
    »Es tut mir Leid, dass mir das rausgerutscht ist. Aber ich weiß wirklich nicht, wie ich diese Kürzung verkraften soll.«
    Brisbanes kühles Lächeln war wie weggewischt. »Ich habegesagt, was zu sagen war. Sollte einer der Kuratoren nicht in der Lage oder nicht willens sein, die Kürzungen umzusetzen – kein Problem, ich nehme ihm die Mühe mit Vergnügen ab.«
     
    Draußen auf dem Flur überschlugen sich Noras Gedanken. Sie hatte sich geschworen, nicht ohne das Geld wegzugehen, und nun war sie schlechter dran als zuvor. Ob sie um einen Termin bei Collopy bitten sollte? Aber der Präsident galt als schwierig und unnahbar. Und nachdem sie gerade erst aus der Rolle gefallen war, hätte sie es sich durch eine Umgehung des Dienstweges bei Brisbane endgültig verscherzt. Das konnte sie im schlimmsten Fall den Job kosten. Nun gut, sie fand sicher etwas Neues. Und das Geld ließ sich möglicherweise auch woanders auftreiben. Man darf die Hoffnung nie aufgeben …
    Sie stieg langsam die Treppe zum vierten Stock hinunter und sah verblüfft, dass ihre Bürotür offen stand. Am Fenster lehnte ein Fremder und blätterte in einem Buch. Er wirkte in seinem tiefschwarzen, weit geschnittenen Anzug irgendwie befremdlich, ein bisschen wie ein Bestattungsunternehmer. Seine Haut war auffallend blass, das früher vermutlich blonde Haar war fast weiß. Als er wieder eine Seite umblätterte, fielen ihr seine langen, schlanken Elfenbeinfinger auf.
    »Entschuldigung, was tun Sie in meinem Büro?«
    »Interessant«, murmelte der Fremde und machte Anstalten, sich umzudrehen.
    »Wie bitte?«
    Er hielt das Buch hoch.
Die Geochronologie der Sandiahöhle.
»Etwas merkwürdig, dass der Autor lediglich Folsoms Thesen berücksichtigt. Sehr suggestiv, finden Sie nicht?« Der weiche, einschmeichelnde Akzent der Südstaaten-Upperclass.
    Aus Noras Verblüffung wurde Verärgerung. Was fiel dem Mann ein, einfach in ihr Büro einzudringen?
    Er ging zum Bücherbord, stellte die Monografie an ihrenPlatz zurück und fuhr mit dem Finger über ein paar andere Buchrücken. »Ah«, sagte er und zog einen anderen Band heraus, »ich sehe, dass die Monte-Verde-Ergebnisse nicht mehr unumstritten sind.«
    Nora ging energisch auf ihn zu, nahm ihm das Buch aus der Hand und schob es in die Lücke zurück. »Ich bin im Augenblick sehr beschäftigt. Rufen Sie mich an, wenn Sie einen Gesprächstermin vereinbaren wollen! Und schließen Sie beim Rausgehen bitte die Tür!«
    Zehn Prozent! Sie schüttelte ungläubig den Kopf. Wie, um alles in der Welt, sollte sie das hinkriegen?
    Aber der Fremde ging nicht. Er sagte in seinem honigsüßen Südstaatensingsang: »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich lieber jetzt gleich mit Ihnen sprechen, Dr. Kelly. Wäre es sehr vermessen von mir, Sie mit einem leidigen kleinen Problem zu belästigen?«
    Nora drehte sich um. Der Fremde streckte ihr die geöffnete Hand entgegen. In seinem Handteller lag ein kleiner bräunlicher Schädel.

3
    Noras Blick pendelte zwischen dem Schädel und dem Gesicht des Fremden hin und her. »Wer sind Sie?« Nicht nur seine Haut, auch die blauen Augen wirkten seltsam blass. Die klassisch geschnittenen
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