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Pausen tun uns gar nicht gut

Pausen tun uns gar nicht gut

Titel: Pausen tun uns gar nicht gut
Autoren: Bennecke,Jürgen
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dem Fotoapparat festhalten muss, um selbst zu glauben, was wir
da vorhaben.

     
    Die
Strecke läuft sich gut, ich habe keine Schmerzen mehr und ich fühle mich gut
erholt vom gestrigen Tag. Mit uns laufen jede Menge Pilger, zum Teil aber viel
langsamer als wir.
    Deutsch wird beim Überholen
eher selten gesprochen, man hört Französisch, Englisch oder Spanisch.
    Die Beschilderung lässt wieder
zu wünschen übrig, wir orientieren uns daher an aufgebauten Steinhäufchen oder
von Hand gepinselten gelben Pfeilen, die ab und zu auf Straßen, an Bäumen,
Steinen oder Häuserwänden auftauchen. Die Route beginnt harmlos und ist daher
prima zu gehen, bevor Auf- und Abstiege uns leider wieder zu schaffen machen.
Auch die zweite Etappe, so schätze ich sie ein, ist mit Sicherheit nichts für
Anfänger, so wie es der Reiseführer verspricht.
    Das Wetter ist heute gnädig mit
uns, kein Regen, nur der Wind weht etwas frisch, aber angenehm. Wir streifen
durch baskische Dörfer, die sich traumhaft in die Landschaft einfügen und von
Wiesen und kleinen Wäldern eingerahmt werden.
    Als wir an einer eingezäunten
Weide vorbei kommen, sehen wir Pferde auf uns zu rennen. Irgendetwas muss sie
erschreckt haben, denn sie durchbrechen in vollem Tempo den Stacheldrahtzaun
und laufen den von uns gerade verlassenen Weg ins nächste Dorf. Erstaunt gucken
wir uns an und spekulieren, ob wir der Grund der Panik sein könnten. So wie wir
aussehen, ist das nicht auszuschließen, befindet Heidi und macht sich Sorgen um
das erste Pferd, das sich am Stacheldraht verletzt haben könnte. Wir erzählen
noch eine ganze Weile von dem Erlebnis, als uns plötzlich eine riesige Kuh mit
langen Hörnern den schmalen Weg versperrt. Sie besitzt kein Euter, stellt meine
Frau, die Bauerntochter, fest, und ich fühle mich in meiner roten Jacke etwas
unwohl.
    Ich schlage vor, kein Tier mehr
zu erschrecken und besser abzuwarten, weil ein Fluchtweg praktisch nicht
vorhanden ist. Das Vieh scheint allerhand gewöhnt zu sein, denn selbst auf das
kindliche Gequatsche von Heidi reagiert es nicht im Geringsten. Das begrüßt uns
Pilger nur, entfährt es ihr und geht hautnah an ihm vorbei. Bevor nachfolgende
Pilger sehen, wie sich das Rindvieh vor Lachen kringelt, habe auch ich es
geschafft.

    Unser Reiseführer kündigt einen
sehr steilen Abstieg nach Zubiri an, und der hat es dann
tatsächlich in sich. Ich verspüre wieder Schmerzen im Knie und komme zur
Einsicht, dass Marathon laufen und Pilgern so viele Gemeinsamkeiten haben wie
Schach spielen und Speer werfen. Mein konditioneller Vorteil ist völlig dahin,
befinde ich, und es überkommen mich Zweifel, ob ich diesen Weg bis nach Santiago zu Fuß zurück legen werde. So langsam, wie Heidi bergauf läuft, so schnell ist
sie, wenn es bergab geht. Sie hetzt regelrecht den Camino hinunter, und ich
habe Mühe ihr zu folgen. Sich umzudrehen oder in die Gegend zu gucken kann auf
diesen Matschwegen in Verbindung mit fußballgroßen Steinen den sofortigen
Abbruch oder eine längere Pause bedeuten. Irgendwie erreichen wir an diesem
Nachmittag noch Zubiri. Zubiri ist baskisch und bedeutet „Ort an
der Brücke“.
    Die Brücke hat den Beinamen
„puente de la rabia“ und heißt übersetzt „Tollwutbrücke“. Die Legende erzählt,
dass tollwütige Tiere, die dreimal unter der Brücke hindurchgeführt werden, von
der Tollwut geheilt sind. Ob das mit Knieschmerzen auch funktioniert? Wir
übersehen den gelben Pfeil, der uns noch vor der Brücke links abbiegen lässt
und wandern gemächlich in den Ortskern. In einer Herberge lassen wir uns den
nächsten Stempel in den Pass drücken und erkundigen uns nach dem richtigen Weg.
Dabei vergesse ich meinen Wanderführer auf dem Schreibtisch des Herbergsvaters.
    Als ich meinen Reiseführer vermisse,
sind wir bereits 2 km weiter hinter einer Magnesiumfabrik. Dieses Fabrikgelände
ist staubig und verunstaltet diesen Teil der Strecke ungemein. Etwa gegen 18:00
Uhr erreichen wir Larrasoaña über eine mittelalterliche Brücke.
Im Ortskern befindet sich eine kommunale Herberge, in der wir für 6,00 € pro
Person unterkommen. Das Zimmer ist ein Fünfbettzimmer ohne Niveau. Mein Bett
hängt durch wie eine Hängematte, und das gesamte Bad steht nach jedem
Duschvorgang unter Wasser. Man scheint das Problem zu kennen, denn im Raum
steht ein Wischeimer mit einem Wischmopp bereit. Überhaupt macht die Herberge
einen ungepflegten Gesamteindruck. Wir kommen mit einem Deutschen aus der Nähe
von Karlsruhe
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