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Pausen tun uns gar nicht gut

Pausen tun uns gar nicht gut

Titel: Pausen tun uns gar nicht gut
Autoren: Bennecke,Jürgen
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kennzeichnen. Die Sonne
brennt heute schon ab 10:00 Uhr erbärmlich, und ich empfinde den vierten
Pilgertag ähnlich schwer wie die hinter uns liegenden. Wir treffen überall
Leute, mit denen wir kurz ins Gespräch kommen. Einige kennen wir schon vom
Sehen, alle sind ungemein freundlich und man bekommt das Gefühl, einer
Gemeinschaft anzugehören.
    Wir erreichen Puente la
Reina. Es ist einer der bekanntesten Orte des Jakobsweges, weil sich
hier laut Wanderführer, die wichtigen nordspanischen Jakobswege, der
aragonische und der navarrische Weg, zu einem vereinen. Richtig genommen
vereinen diese Wege sich schon in Obanos, aber auch dort fällt es
uns nicht auf.
    Heidi braucht immer mehr
Pausen. Ich bemerke, wie ich mit meinen Argumenten immer weniger zu ihr
durchdringe. Vorgehen könne ich und in Santiago auf sie warten,
schlägt sie vor. Ihr Blick ist dabei so komisch, dass ich ein prustendes Lachen
kaum unterdrücken kann. Gegen 17:00 Uhr erreichen wir endlich unseren Zielort Estella und kommen für heute Nacht in einer städtischen Herberge unter. In unserem
Zimmer ist Platz für 16 Personen. Wir ergattern eine Koje, direkt
nebeneinander. Die Herberge ist riesig und erstreckt sich über mehrere Etagen.
Sogar auf den Fluren stehen Betten für die Pilger bereit. Die Toiletten und
Duschen sind wirklich annehmbar, und so sind wir zwei schnell ausgehfähig für
die Stadt. Während Heidi noch in das eine oder andere Geschäft schauen muss,
ziehe ich es vor, mir ein Plätzchen in einem Straßencafé zu suchen. Es setzt
sich ein Mann zu mir, den ich schon am Vorabend beim Abendbrot am Nachbartisch
in Uterga gesehen habe. Mit Klaus stellt er sich vor und erzählt
ganz munter drauf los. Er sei ein pensionierter Sparkassenchef aus Bremen und durch sein Fußballtrikot der deutschen Nationalmannschaft finden wir
schnell ein Thema. Im Landesverband von Bremen habe er sich für
den Fußball jahrelang im Vorstand eingesetzt, erzählt er mir. Wir sind uns
heute einige Male über den Weg gelaufen, dabei fiel er mir auf, wie er sich mit
einer US-Amerikanerin lautstark unterhielt und wie sie sich gegenseitig
fotografierten. Er sei froh, dass er sie los ist, sie sei ihm zu anstrengend
gewesen. Heidi kommt von ihrem Stadtbummel zurück und setzt sich zu uns. Auch
Wolfgang und Angelika haben Estella erreicht und kommen in einer
kirchlichen Herberge für heute Nacht unter. Wir verabreden uns zum gemeinsamen
Abendessen und in der Zwischenzeit trinken wir noch das eine oder andere Bier,
um die verloren gegangene Körperflüssigkeit des Tages wieder auszugleichen.
Klaus entpuppt sich als ein ausgesprochen guter Unterhalter. Zum Abendessen
begeben wir uns zum Marktplatz von Estella und finden ein
Restaurant, in dem wir zu fünft Platz finden. Wieder berichten wir von den
Begebenheiten des Tages.
    Bei Rückkehr in die Herberge
interessiert mich noch das Buch, in dem sich Pilger verewigen. Heidi geht schon
vor aufs Zimmer. Da um 22:00 Uhr das Licht erlischt, schleiche ich mich im Schein
der Notbeleuchtung nach oben. Prompt verwechsle ich die Tür und gehe in ein
falsches Zimmer. Als ich mich im Dunkeln an mein Bett taste und mich
hineinlegen will, merke ich, dass ich völlig falsch bin. O Mann, ich darf nicht
so viel Alkohol trinken! Gute Nacht.

     
     
     
    30.05.2009

Estella—
Torres del Río 30km
     
    Punkt 6:00 Uhr geht das Licht
an, alles springt auf und wuselt rum. Das anschließende Frühstück besteht aus
Keksen und Zwieback, dazu etwas Butter und Marmelade. Meinen Platz am Tisch
muss ich mir hart erkämpfen. Mir gegenüber leckt einer seinen Löffel ab und taucht
Ihn anschließend wieder in unser aller Marmeladenglas. Ich bin ja nicht
pingelig, aber muss das sein? Das Besteck, Teller und Tasse darf ich später
selbst abwaschen, und Kaffee gibt es nur am Automaten. Selbst für 2,50 € pro
Pilger ist der Preis für dieses Frühstück völlig überzogen. Um 7:30 Uhr,
nachdem mir Heidi ihren frisch gewaschenen BH an den Rucksack zum Trocknen
gebunden hat, sind wir gerüstet und brechen auf in unseren fünften Tag, an dem
es wieder gut sieben Kilometer bergauf geht.
    Kommt es mir nur so vor, oder
wird mein Rucksack mit der Zeit immer schwerer? Trage ich außer dem BH auf der
Außenhaut meines Rucksacks auch noch Wäsche von Heidi im Innern? Estella haben wir schnell hinter uns gelassen. Bevor man zum berühmten Kloster von Irache kommt, befindet sich an der Wand eines Weinkellers ein Brunnen, der nicht nur
das erfrischende und
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