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Pausen tun uns gar nicht gut

Pausen tun uns gar nicht gut

Titel: Pausen tun uns gar nicht gut
Autoren: Bennecke,Jürgen
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ins Gespräch, der uns erzählt, dass man sich zum
abendlichen Pilgermenü anmelden müsse. Er will sich erkundigen, wo man dieses
zu sich nehmen könne. Wir schließen uns an und essen für 11,00 € pro Person
reichlich. Wir sitzen mit vielen Pilgern an einem langen Tisch und tauschen die
ersten Fotos und Erfahrungen aus. Dass diese aus allen Herrgottsländern kommen,
macht die Sache nur noch spannender. Mit Händen und Füßen, mit ein wenig
Englisch und ein bisschen Spanisch klappt es irgendwie. So langsam komme ich zu
der Ansicht, dass es diese Abende sein könnten, die mich für alle Strapazen des
Tages entschädigen werden. Unser neu gewonnener Freund erzählt von seiner
Werbefirma und von langen Weltreisen, die er schon unternommen hat. Er trägt
ständig ein Stofftier mit sich, das seinem Neffen gehört. Als Krönung zeigt er
uns Fotos, und auf jedem dieser Bilder ist dieses seltsame Stofftier zu sehen.
Er tue das für seinen Neffen, erklärt er uns und macht dabei nicht den
Eindruck, als wäre die Anstrengung des Weges ihm zu Kopf gestiegen.
    Nach dem Essen lernen wir noch
ein Pärchen aus Köln, die sich als Cousin und Cousine outen, und
eines aus Bayern näher kennen und quatschen noch bis 22:00 Uhr mit ihnen. Wir
suchen unsere Kojen auf und schlüpfen in unsere Schlafsäcke. Meinen Schlafsack
darf ich tagsüber zwar tragen, aber zum Schlafen muss ich in Heidis
Leihschlafsack. Den hat sie sich noch kurz vor Reiseantritt besorgt, weil ihr
Schlafsack zu schwer für ihren Rücken ist. Es handelt sich hierbei um einen
Seidenschlafsack, vietnamesischer Herkunft. Er ist tatsächlich wesentlich
leichter, staut aber dafür die Wärme wie ein Fischernetz. Unsere
Zimmernachbarn, ein spanisches Paar um die sechzig, kommt kurz nach uns. Das
Licht geht aus, und es dauert keine zehn Minuten, da schnarcht der Mann
fürchterlich. Anfangs stößt seine Frau ihn noch von unten an. Nachdem er
offensichtlich seinen Unmut darüber äußert, gibt sie es von nun an auf. Ich
stopfe mir meine Ohrenstöpsel so tief in den Gehörgang, dass ich fürchte, sie
nicht mehr fassen zu können. Der Schalldruckpegel erreicht für mein Empfinden locker
110 Dezibel, vergleichbar mit einem Presslufthammer aus Nahdistanz.
    Zudem atmet er dreimal so
schnell wie ich und dann auch noch unregelmäßig. Nach jeder längeren Pause
hoffe ich wutentbrand, sein Atem setzt nicht wieder ein. Der vietnamesische
Seidenschlafsack lässt die Kälte in mir hochsteigen, und ich mache in dieser
Nacht kein Auge zu.
     
     
     
    28.05.2009

Larrasoaña
— Uterga 31 km
     
    Die Nacht nimmt kein Ende, und
ich erwische mich, wie ich in Gedanken meinen schnarchenden Zimmernachbarn
erwürge. Dass Heidi zur Ruhe kommt, empfinde ich als ein Wunder. Entweder, sie
war zu erschöpft vom Tag, oder sie braucht in naher Zukunft ein Hörgerät.
Vielleicht, durchfährt es mich, ist sie ein ähnliches Schlafgeräusch von mir
einfach nur gewöhnt.
    Um 5:45 Uhr fängt dieser Kerl
dann an, in seinen Klamotten zu wühlen und rennt, wahrscheinlich aus seiner
Sicht Rücksicht nehmend, mit einer Stirnlampe um den Kopf hin und her. Wenn er
sich jetzt noch an meinem Rucksack zu schaffen macht, habe ich einen Grund, ihm
endlich weh zu tun. Ich könnte ihm deutlich machen, dass Zimmerlicht
einzuschalten, aber warum soll ich meinem Peiniger auch noch entgegenkommen. Um
6:15 Uhr packt er immer noch. Ich zeige Erbarmen und mache ihm klar das Licht
einzuschalten. Ich halte es nicht mehr länger im Bett aus und suche die
Toilette auf. Der Andrang vor dem einzigen Badezimmer im Flur ist so enorm,
dass wir erst um 7:30 Uhr ohne Frühstück in Richtung Pamplona aufbrechen. Ich erzähle Heidi von meiner durchwachten Nacht und mache ihr wegen
dem dünnen Schlafsack Vorwürfe, wenig später kann ich aber schon wieder darüber
lachen.
    Das Wetter ist herrlich, wir
wandern durch abwechslungsreiches Gelände, mal durch einen Wald, aber auch
durch pralle Sonne. Ab 8:30 Uhr wandern wir in T-Shirts. Wen wundert es da,
dass der erste Sonnenbrand sich meldet.
    In Arre, einem
Vorort von Pamplona, gibt es Frühstück, es ist inzwischen 10:30
Uhr, Heidi entdeckt eine Art Torte, die spanische Tortilla. Es schmeckt wie
kaltes Bauernfrühstück und macht satt. Ich esse so reichlich, dass ich später
Schmerzen habe. Mit vollem Bauch geht es auf Pamplona zu. Eine
alte Stadtmauer umgrenzt die Altstadt. Sie wurde als römische Siedlung
gegründet und war bis 1512 Hauptstadt des Königreichs Navarra. Navarra ,
mit
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