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Paul's Blog

Paul's Blog

Titel: Paul's Blog
Autoren: Katrin Bongard
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Starbucks ist es mir ja schon klar geworden. Da gab es also schon vorher etwas, ein Gefühl, eine Entscheidung. Bevor Alkohol und Gruppenzwang dazu kamen. Wegen Feli. Und dann kam die Abiturfeier und mir war klar, dass ich die Chance, die letzte, nutzen sollte. Denn man weiß ja, wie das ist. Kaum ist die Schule vorbei, ist auf einmal alles anders und man sieht sich erst 20 Jahre später zum ersten Klassentreffen wieder.
Den ersten Teil der Abifeier lasse ich mal weg. Die vollkommen selbstverliebte Rede unserer Rektorin oder den Aufmarsch der Schüler zur Entgegennahme der Zeugnisse. Zwischendurch dachte ich, gleich kommt ein Amokläufer rein und schießt um sich. Einer von den Schülern vielleicht, die durchgefallen sind. Vielleicht, weil ich ihn ein klein wenig verstehen kann. Alle meine Kumpels in Anzügen, wie eine Uniform. Ich habe allerdings auch keine Badehose an und Theo schon gar nicht. Na toll . Im schwarzen Anzug und weißem Hemd. Ich habe mich zumindest für eine etwas lockerere Kombi entschieden. Dunkelblaues Hemd und braune Hose. Etwas, das nicht so aussieht, als hätte ich mich verkleidet. Wobei - die Mädchen sehen auch alle verkleidet aus. In Ballkleidern. Außer Feli. Und ein paar andere, aber die sind in der Unterzahl. Ihr seht schon, das hat mich ziemlich gestresst. Feli trägt ein blaues Kleid und dazu flache rote Samtschuhe, sie hat einfach Style. Und ich finde, wir passen perfekt zusammen. Immer noch.
    Nach dem offiziellen Teil kommt also der inoffizielle Teil.
    - Saufen, randalieren, kotzen, sagt Theo, aber es ist nur ein Scherz, weil sein Anzug schon verhindert, dass er sich allzu sehr daneben benimmt. Aber natürlich muss gefeiert werden. Richtig.
    Es gibt sogar eine Kapelle. Also keine Band, weil eine Band cool wäre, sondern eine Musikkapelle. Leute, die beruflich immer dort Musik machen, wo es offenbar keine vernünftige Musikanlage gibt. Vier Männer. Uralt. Und sie spielen auch Oldies. Die Eltern, die nicht gehen wollen, obwohl mit den Eltern niemals der inoffizielle Teil der Veranstaltung beginnen wird, klatschen mit. Meine Mutter nicht. Sie hat etwas sehr Cooles und ich hoffe, ich habe das geerbt.
    - Paul? Ich gehe, dann kannst du dich amüsieren. Falls du nicht vorhast, heute nach Hause zu kommen, sag mir doch Bescheid, sagt sie und ich nicke.
    Wo ist mein Vater? Er unterhält sich. Aber er hat vermutlich sowieso vergessen, um was es hier geht. Nämlich MICH und MEIN Abitur und nicht seine Analyse von was auch immer. Ich schätze, dass ich als Greis noch nicht über die Scheidung meiner Eltern weg sein werde. Auch peinlich. Jedenfalls, meine Mutter geht, mein Vater redet. Theo will auch gehen. Zu Resa, mit der er danach noch verabredet ist. Und ich? Ich bin entschlossen, mich zu amüsieren. Mein Abitur, die Freiheit, nach 13 Jahren Schule. Und im Hinterkopf immer noch die leichte Panik, dass ich es heute, an diesem Abend, endlich mit Feli hinkriegen muss. Wann denn sonst? Ich sehe Max und gehe zu ihm. An ihm kann ich mich festhalten, bis ich Feli finde.
    - Wo ist Feli? , fragt er und in mir keimt ein furchtbarer Verdacht. Er weiß auch, dass es die letzte Chance ist. Danach muss er sie anrufen oder mailen und auf jeden Fall einen unglaubwürdigen Vorwand finden, warum er sich wieder meldet. Also ist heute Abend auch für ihn DER Abend. Aber, das geht nicht. Wenn überhaupt, ist das mein Abend, ich habe das am Tag davor schon erkannt und geplant.
    - Wieso?, frage ich ihn also und meine Stimme hat etwas Drohendes, obwohl ich es ganz normal klingen lassen wollte.
    - Na, nur so?
    Jetzt bin ich mir sicher. Max wird das heute mit Feli klar machen. Und weil Mädchen entschlusskräftige Typen mögen, wird sie dann mit ihm zusammenkommen. Logisch. Vermutlich hat er sich eine volle Ladung Ritalin eingeworfen und hat keine Angst mehr vor Zurückweisung, wie ich, ist also deutlich im Vorteil. Scheiße .
    Meine Augen scannen den Raum. Wo ist Feli? Sie steht bei den anderen Mädchen - logisch - und redet. Das, was weder Max noch ich besonders gut können. Und ich getraue mich jetzt auch nicht, die Gruppe zu sprengen. Was soll ich dann sagen: Hallo, ich bin's? Dein Zukünftiger? Wie verschlüsselt man so was?
    - Ah, da ist sie ja!, sagt Max und geht zu der Mädchengruppe. Ich starre ihm hinterher. Ich sehe ihn mit Feli reden, seine Lippen bewegen sich, ihre Lippen bewegen sich. Küssen und Reden macht man mit dem gleichen Körperteil, mal darüber nachgedacht? Nein, mein Gehirn ist ein nasser
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