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Paul sucht eine Frau

Paul sucht eine Frau

Titel: Paul sucht eine Frau
Autoren: Daniel Morawek
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herüber und macht ihm vor, wie weit er mit dem Arm an die Gläser in dem Regal kommt. Nämlich gar nicht.
    »Und was sagst du dem Prüfer, wenn er dich nach einem Glas fragt?«
    »Tut mir leid, ich komm nicht mehr ran. Das Regal ist zu hoch angebracht, ich muss das mal richten lassen.«
    »Geht doch.«
     
    Paul hört sich auch bei den anderen Spielern der Rugby-Mannschaft nach ihren MDK-Erfahrungen um. »Da musst du aufpassen, das sind Bluthunde«, erklärt Nils. »Keine Angst. Die sind alle so unerfahren und nervös, da kriegst du alles durch«, sagt Christian. Und Harry ist sich sicher: »Hauptsache, die schicken keinen Arzt. Die Doktoren haben nämlich null Ahnung von Pflege.«
    Nach dem Training ist Paul unsicherer ist als zuvor. Am liebsten würde er die Aktion abblasen. Dann ruft seine Mutter an.
    Eine halbe Stunde redet sie am Stück, ohne Paul zu Wort kommen zu lassen. Fragt ihn weder zu seiner Doktorarbeit, noch zu seinen sportlichen Aktivitäten, noch zum Wetter in Heidelberg. Stattdessen erfindet sie Horrorszenarien, wie es bei Paul in der Wohnung wohl aussieht – »wahrscheinlich fressen dir die Motten schon das Müsli vom Teller« – erklärt ihm ihre Sorgen über seine Zukunftsperspektiven – »wenn sie dich nur in einer Behinderten-Werkstatt nehmen, dann hast du ganz umsonst studiert« – und nervt ihn mit Verschwörungstheorien über den Tod von Lady Diana – »wusstest du, dass Osama bin Laden sie hat ermorden lassen?«
    Dann greift sie das Gespräch von ihrem letzten Besuch wieder auf.
    »Weißt du, Paul. Ich wollte dich nicht kränken. Also eigentlich reden wir ja nie über dieses Thema. Und ich kann verstehen, dass du empfindlich reagierst.«
    Paul schnappt nach Luft und will etwas entgegnen, doch da sagt seine Mutter: »Wo du dich früher schon nicht getraut hast, Mädchen anzusprechen. Und jetzt mit deiner Behinderung. Da macht man sich als Mutter eben so seine Gedanken.«
    Vorhin war Paul halb entschlossen, Nico anzurufen und die ganze Geschichte abzublasen. Aber mal ehrlich: Wie kann er nach einem solchen Telefonat, die Aktion Frauensuche noch aufgeben?
     
    * * *
     
    Als der große Tag gekommen ist, klingelt es an der Tür. Paul ist nervös, als er öffnet. Es sind nur Nico und Jenny.
    »Was guckst du so«, sagt Nico. »Ich lass dich doch in deiner schwersten Stunde nicht allein.«
    Die drei sind gerade im Wohnzimmer angekommen, als es wieder klingelt.
    »Warum zuckst du zusammen?«, fragt Nico. »Pass auf. Wir schicken Jenny zum Türöffnen. Du kannst schließlich nicht greifen .«
    Nico zwinkert Paul zu. Doch das beruhigt ihn nicht.
    »Sonst noch irgendwelche Wünsche, die Herrschaften?«, sagt Jenny, als sie sich von der Couch erhebt, auf die sie sich erst ein paar Sekunden zuvor fallen gelassen hat. Eine halbe Minute später kommt sie mit einem großgewachsenen Mann mit grauen Haaren, in Jeans und Norwegerpulli, zurück ins Wohnzimmer.
    »Guten Tag. Sind Sie der Herr Altenburg?«, fragt er Nico.
    Dieser zeigt auf Paul.
    »Ach so, ja. Ich bin Herr Richter vom MDK und dieser Name ist Programm, denn ich werde über ihre Zukunft richten.«
    Herr Richter lacht etwas zu laut und etwas zu gezwungen.
    Das kann ja heiter werden, denkt sich Paul. Zumindest ist er kein Arzt.
    »Sollte ein Scherz sein«, sagt Herr Richter. »Zur Auflockerung. Ha. Na ja. Dann beginnen wir mal mit der Befragung.«
    »Ich glaub, der macht das zum ersten Mal«, sagt Nico zu Paul, etwas zu laut, wie Paul findet. Doch Herr Richter scheint nichts gehört zu haben. Er hat bereits seinen Kugelschreiber gezückt und ist bereit zum Mitschreiben.
    »Ich mache das heute zum ersten Mal«, erklärt Herr Richter jetzt. »Aber keine Angst. Ich habe jahrelange Erfahrung als Krankenpfleger. Mit Pflegebedarf kenne ich mich also bestens aus.«
    Ein gezwungenes Lächeln von Paul.
    »Ja, also, Herr Altenburg. Wie lange brauchen Sie denn so? Also um aufs Klo zu gehen?«
    »Sie gehen aber ran!«, sagt Nico.
    »Wie bitte?«, sagt Herr Richter.
    Und Paul sagt: »Na ja. Bis ich überhaupt mal die Hose runterhabe. Also ...«
    »Drei Minuten?«, schlägt Herr Richter vor.
    »Drei Minuten!«, ruft Paul. »Eher Fünfzehn.«
    »Ach was«, sagt Herr Richter. »Kommen Sie. Das kriegen Sie bestimmt schneller hin.«
    »Nein.«
    »Vielleicht wenn Sie mehr trainieren ...«
    »Einigen wir uns einfach auf zehn Minuten«, sagt Nico.
    »Acht«, sagt Herr Richter. »Aber nur wenn Sie nicht mehr als drei mal am Tag aufs Klo gehen.«
    »Was?«
    Herr
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