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Paul sucht eine Frau

Paul sucht eine Frau

Titel: Paul sucht eine Frau
Autoren: Daniel Morawek
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jetzt habe ich noch gar nichts.«
    »Mit dem Film nehmen sie dich eh nicht. Du brauchst ein richtiges Thema. Etwas, was die Menschen berührt und aufrüttelt. Martin taugt höchstens für'n Fitness-Studio-Spot.«
    »Du bist gemein.«
    Henrike erwidert nichts, zuckt nur mit den Achseln und nimmt einen Zug an ihrer Zigarette.
    »Martin trainiert nicht nur viel – er ist auch sehr intelligent. Du solltest nicht mehr so von ihm reden.«
    »Intelligent und langweilig.«
    »Er hat eben andere Interessen als du. Finanzmenschen sind keine kettenrauchenden Künstler.«
    »Ich mein ja nur.«
    Lara atmet tief durch.
    »Vielleicht hast du ja recht, und ich weiß überhaupt nicht, was ich eigentlich erzählen will. Aber wo soll ich denn ein neues Thema finden? Und einen neuen Protagonisten?«
    Zumal da auch noch die Vorgabe von der Filmhochschule ist, einen Film zu drehen, der das Stichwort Wohnalltag aufgreift. Martin bei ihr zu Hause – das ist ihr Wohnalltag.
    »Tja, Süße«, sagt Henrike. »Mach einfach die Augen auf, wenn du durchs Leben gehst. Irgendwas findet sich immer.«

4
     
    Paul hatte ihn um 15 Uhr erwartet. Jetzt ist es gleich 17 Uhr. Nico sitzt endlich an seinem Küchentisch und kippt eine komplette Tasse Kaffee auf einmal hinunter.
    Wahrscheinlich keine schlechte Idee. Nico sieht so aus, als hätte er in den letzten vierundzwanzig Stunden nicht viel Schlaf bekommen. Jenny sitzt alleine auf einem Stuhl in der Ecke neben dem Küchenfenster und liest in einem Buch über Krafttraining.
    »Du bist Pflegestufe Eins?«, fragt Nico. Er stützt die Kaffeetasse auf seiner geschlossenen linken Hand ab. Vorsichtig setzt er sie mit der rechten auf dem Tisch ab.
    »Ja.«
    »Das ist doch super. Dann musst du gerade mal eine Pflegestufe hochgestuft werden. Danach stehen dir sechs Stunden Assistenz pro Tag zu.«
    »Das krieg ich nie durch.«
    »Ach was. Du musst der Krankenkasse ja nicht gleich deine Rugbyvideos zeigen, wenn sie jemand vorbeischicken«, sagt Nico und lacht. »Wenn du deine Arme nicht mehr richtig strecken kannst, das reicht schon. Vielleicht noch ein bisschen Probleme beim Greifen. Kannst du mir folgen?«
    »Dafür brauch ich eine Begründung. Ich kann nicht behaupten, dass ich von einem Tag auf den nächsten nichts mehr kann.«
    »Es gibt tausend Gründe, warum sich dein Zustand verschlechtert haben könnte. Durchs jahrelange Sitzen im Rollstuhl kann viel passieren. Sag einfach, du hast jetzt Arthrose in den Armen. Genau, das ist gut. Das erklärt, warum du nicht mehr selbstständig aus dem Rollstuhl ins Bett übersetzen kannst. Da müssen sie dir Assistenz geben.«
    »Aber die Krankenkasse will doch alle Atteste und Untersuchungsbefunde haben. Wenn ich behaupte, ich habe Arthrose, dann müsste ich vorher mal zum Arzt gegangen sein.«
    »Sehr gute Idee!«, sagt Nico. »Erst mal schicken wir dich zum Onkel Doktor und du lässt dir alles bescheinigen.«
    »Wie denn? Mir geht’s doch gut!«
    »Das ist den Ärzten scheißegal. Wegen Arthrose, da kannst du dir bestimmt vom Allgemeinmediziner 'ne Diagnose geben lassen, oder Jenny?«
    Nicos Assistentin nickt, ohne von ihrer Lektüre aufzusehen.
    »Gelernte Krankenschwester. Die kennt sich mit sowas aus.« Nico beugt sich jetzt zu Paul vor. »Ich geb dir nachher die Adresse von meinem Hausarzt, der schreibt dir für alles ein Attest, Hauptsache er kann schnell den nächsten Patienten drannehmen.«
    »Ich war nie besonders gut im Bescheißen. Ich werde rot, wenn ich lüge.«
    »Das ist kein Bescheißen! Wenn ich dich vorbereite, kann nichts schiefgehen. Was meinst du, wie ich es geschafft habe, dass Sandra mit mir ausgeht?«
    »Du hast tatsächlich ein Date mit der Kellnerin?«
    »Klar, was denkst du?«
    Pauls Blick fällt auf Jenny, die in ihrer Ecke mit den Augen rollt, ohne von ihrem Buch aufzusehen. Er wendet sich wieder zu Nico und räuspert sich.
    »Sollten wir nicht etwas leiser reden?«
    Paul versucht zu flüstern. Nicht, dass Jenny alles ausplaudert. Wenn die Krankenkasse ihn erwischt, dann ist er geliefert.
    »Hä?«, sagt Nico.
    »Na ja.«
    Paul zeigt in Jennys Richtung.
    »Wegen Jenny? Die gehört zur Familie.«
    »Das hättest du wohl gern«, ruft Jenny aus dem Hintergrund. Immer noch in ihre Lektüre vertieft.
    »Hm. Und wie ist das mit den Untersuchungen?«, fragt Paul nun Jenny. »Die machen doch bestimmt Röntgenaufnahmen beim Arzt?«
    »Klar«, sagt Jenny. »Aber da gibt’s trotzdem ständig Fehldiagnosen. Bei Arthrose sind die Knorpel zwischen den
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