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Paul sucht eine Frau

Paul sucht eine Frau

Titel: Paul sucht eine Frau
Autoren: Daniel Morawek
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Kinderoffen über Sexualität? Das ändert sich auch im Rollstuhl nicht.
    Vielleicht will sie mit »oh« auch sagen, dass sie sich nicht vorstellen kann, dass Paul jemals eine Frau finden wird.
    Pauls Wochenende ist jedenfalls ruiniert.
    Den Staubsauger lässt ihm seine Mutter da.
     
    * * *
     
    »Wie ist das denn so? Den ganzen Tag zu sitzen?«
    »Hat auch Vorteile«, sagt Nico.
    »Ach ja?«
    Die Studentin blickt ihn mit großen Augen an. Ebenso ihre zwei Freundinnen. Er nickt im Takt der Musik. Drei Mädels an einem Tisch. Ein guter Ersatz dafür, dass Sandra keine Zeit hat.
    Nico sieht sich kurz um. Jenny bewegt sich ausgelassen auf der Tanzfläche. Neben ihr steht ein Kerl und tanzt sie an. Sie lässt es mit sich geschehen, zeigt aber nicht viel Interaktion.
    »Ja, was denn nun?«, fragt die Studentin. »Was für Vorteile hat es, im Rollstuhl zu sitzen?«
    Nico wendet sich ihr wieder zu.
    »Ist doch klar. Denk nur mal an den Blickwinkel.«
    »Versteh ich nicht.«
    »Na, wenn ich im Sommer durch die Straßen ziehe. Dann sehe ich die Welt mit anderen Augen als die Fußgänger. Kapiert?«
    Sie zuckt mit den Achseln. Eine ihrer Freundinnen kichert hinter vorgehaltener Hand, die andere nimmt einen Schluck aus ihrer Bierflasche.
    »Jetzt denk doch mal nach. Der Sommer ...«
    »Hä?«
    »Na – kurze Röcke ... und ich im Rollstuhl. Was sehe ich dann, wenn ich auf der Straße bin?«
    »Hintern?«, schaltet sich die Freundin mit der Bierflasche ein.
    »Na eben!«
    In diesem Moment klingelt Nicos Handy, das er auf seinem Schoß liegen hat. PAUL steht auf dem Display.
    »Sorry, Ladys. Ihr müsst mich mal für fünf Minuten entschuldigen. Notfall. Aber nicht weggehen.«
     
    * * *
     
    Paul sitzt seit zwei Stunden auf seinem Bett und sieht fern. Doch davon wird das Programm nicht besser. Kaum hat er beim Herumzappen die einzig wertvolle Sendung im Nachtprogramm gefunden, eine Dokumentation über Tierwelten in Afrika, sagt die Sprecherin auch schon etwas wie: »... in der Paarungszeit bleibt kein Affe allein ...« und Paul schaltet weiter. »Und das nächste Mal bei Großstadtliebe – werden Maren und ihre große Liebe Mike endlich zusammenkommen?« Paul schaltet weiter. »Bist du einsam? Wähle 0900 – sechs, sechs, sechs und versaute Stuten trösten dich.« Als die Sprecherin des Werbespotts ein Pferdewiehern imitiert, was wohl irgendwie sexy klingen soll, schaltet Paul den Fernseher aus. Er greift zu seinem Smartphone und wählt mit den Fingerspitzen Nicos Nummer.
    Es klingelt lange und Paul überlegt, ob zwei Uhr nachts vielleicht doch zu spät ist, um Nico anzurufen, aber dann nimmt dieser ab.
    »Ich hoffe, es ist wichtig, ich hab gerade was am Laufen«, sagt Nico.
    »Wie wär's mit Hallo ?«
    »Um zwei Uhr nachts!«
    »Ganz schön laut bei dir. Bist du gerade in 'ner Fabrik?«
    »Lustig. Ne. Heute ist Tanzabend in der Halle02. Trifft man viele Mädels, solltest du besser auch mal mitkommen. Bei der Lightshow sieht keiner, wenn du rot wirst. Warum rufst du an?«
    »Ich hab nachgedacht.«
    Paul atmet tief durch. Ist es wirklich richtig, was er hier macht? Ausgerechnet auf Nicos Plan einzugehen? Einen eigenen hat er leider nicht. Paul muss ehrlich zu sich sein: Wenn er ohne Hilfe nach einer Frau sucht, wird er sich auch weiterhin nur mit dem Sexleben afrikanischer Affenarten auskennen. Aber er will nicht mehr länger alleine bleiben. Einsam in seinem Bett. Ohne ein Gegenüber, mit dem er sich austauschen kann. Nähe teilen. Und irgendwann doch noch Kunde bei 0900-Nummern werden.
    »Vielleicht ist deine Idee gar nicht so schlecht. Mit der Assistentin für mich, meine ich ...«
    »Na, siehst du ... hey Moment mal!«
    »Was ist denn?«, fragt Paul.
    »Hier saßen eben noch drei zuckersüße Schnitten. Scheiße. Jenny!«
    »Wir können auch später weiter telefonieren ...«
    Aber Nico hat bereits aufgelegt.

3
     
    Martin blickt in den Kamerasucher und versucht nicht zu blinzeln.
    Die Lampe, die hinter der Kamera steht, blendet ihn. Der gesamte Raum versinkt von seiner Sitzposition aus im Dunkel. Nur die einsame Lichtquelle strahlt hell und rund, so als wäre eine Sonne mitten in seiner Küche aufgegangen.
    »Was ist dein Ziel im Leben?«
    Ihre Stimme kommt irgendwo aus dem dunklen Nichts. Er kann nicht genau ausmachen, wo sie sich befindet. Wohin soll er schauen?
    »Was?«
    »Dein Ziel im Leben.«
    »Keine Ahnung.«
    »Jeder Mensch braucht ein Ziel im Leben.«
    »Wieso?«
    Er merkt, dass er anfängt, auf dem Barhocker hin
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