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Paul sucht eine Frau

Paul sucht eine Frau

Titel: Paul sucht eine Frau
Autoren: Daniel Morawek
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Richter sieht Paul einen Moment an, unmöglich zu sagen, was in dem Kopf des Prüfers vor sich geht.
    »Also gut«, sagt Herr Richter. »Sagen wir vier mal.«
    Noch bevor Paul oder Nico protestieren können, notiert sich Herr Richter etwas auf seinem Notizblock. Dann sieht er wieder zu Paul. »Und wie ist das mit dem ... äh ...«
    »Äh, was?«, sagt Nico.
    »Na – dem großen Geschäft?«
    Nach einigen weiteren Fragen geht Herr Richter zu praktischen Demonstrationen über. Paul muss zeigen, wie er sich eine Jacke an- und auszieht und wie er sich die Zähne putzt. Bei alledem steht Herr Richter mit kritischem Blick an Pauls Seite und schreibt fleißig mit, ohne auch nur einen Kommentar abzugeben.
    »Und nun Übersetzen aus dem Rollstuhl ins Bett.«
    Das ist der Teil der Show, bei dem Paul sich besonders viel Mühe gibt, eine schlechte Figur zu machen. Er stützt sich auf die Arme ab, keucht und stöhnt auf. Langsam erhebt er sich ein paar Millimeter, lässt sich dann aber wieder auf den Sitz fallen.
    Herr Richter kommt zu ihm und tastet ihm die Arme ab. Jetzt bloß nicht anfangen zu schwitzen, denkt Paul.
    »Nervös?«, fragt Herr Richter.
    »Äh, ne. Wieso?«
    »Geschwollen ist nichts.«
    »Nein. Zurzeit nicht.«
    Herr Richter notiert etwas.
    Zu guter Letzt gehen sie in die Küche. Und tatsächlich: Paul soll zeigen, wie er ein Glas aus dem Regal holt. Er streckt sich und stöhnt auf, die Arme nie ganz ausgestreckt.
    »Keine Chance«, sagt Paul schließlich. »Ich komme nicht ran.«
    »Ganz schön hoch angebracht die Regale«, sagt Herr Richter.
    »Tja«, sagt Paul und seufzt. »Früher hab ich das noch hinbekommen. Aber jetzt ...«
    »Dürfen wir Ihnen trotzdem etwas zu trinken anbieten?«, fragt Nico. »Das Glas müssen Sie sich halt selber nehmen.«
    »Nein, vielen Dank«, sagt Herr Richter. »Bestechen lasse ich mich nicht.«
    Er lacht. Als einziger.
    Fünf Minuten später können sie den MDK-Mitarbeiter schließlich in den Flur führen. Herr Richter hält seinen Notizblock wie ein Schutzschild vor seinen Körper.
    »Vielen Dank, Herr Altenburg. Das war sehr aufschlussreich.«
    Er greift zur Türklinke. Dann dreht er sich noch einmal um.
    »Wie sieht es denn in ihrem Umfeld aus, Herr Altenburg? Sie wissen, dass die Krankenkasse Ihnen nicht einfach so eine Assistenz gewähren kann. Gibt es niemand, der Ihnen helfen könnte? Was ist denn mit Ihren Eltern?«
    »Die wohnen hundert Kilometer entfernt.«
    Herr Richter fragt nach weiteren Verwandten – die wohnen alle noch weiter weg – und nach Freunden, die Paul eventuell assistieren könnten.
    »Freunde?«, sagt Nico. »Hat der nicht.«
    »Außer Ihnen, oder sind Sie keine Freunde?«
    »Ich kann ihm nicht aus dem Bett helfen«, sagt Nico und grinst. »Hab zwei linke Hände.«
    Wieder notiert Herr Richter etwas, gibt aber keinen Kommentar ab.
    Dieses ewige Gekritzel macht ihn noch komplett verrückt, denkt Paul.
    Herr Richter verabschiedet sich nun und steht schon in der geöffneten Tür, als Nico fragt: »Ja, und? Kriegt er jetzt die Assistenz? Oder was?«
    »Das kann ich nicht entscheiden. Der MDK bewilligt nur die Pflegestufe. Den Assistenzbedarf muss später der ambulante Dienst mit Ihnen erarbeiten und bei der Pflegekasse der Krankenkasse beantragen.«
    »Ja, aber das heißt also – wenn Sie schon von später reden – dass Sie Paul die Pflegestufe erteilen?«
    »Das sehen Sie dann im schriftlichen Bescheid. Schönen Tag noch.«

5
     
    »Also, Herr Altenburg. Sie hatten bisher nie individuelle Assistenz?«
    »Ach, nennen Sie mich einfach Paul.«
    Er versucht zu lächeln, unsicher, ob es ihm gelingt. Frau Müller, die Pflegedienstleiterin des ambulanten Dienstes Hilfe zum Leben sitzt selbst im Rollstuhl, und sie scheint nett zu sein. Pau kann immer noch nicht glauben, dass er jetzt assistenzbedürftig ist – und vor allem: Dass ihm das Fachleute wie Frau Müller abkaufen werden. Außerdem ist da noch etwas. Der besondere Plan. Damit Paul auch wirklich eine Assistentin zugeteilt bekommt – und keinen Assistenten.
    »Kein Problem«, hat Nico gesagt. »Ich bring dich zu dem ambulanten Dienst, bei dem ich auch bin. Die kennen mich da.«
    »Eben«, hat Paul gesagt. »Gerade das macht mir Angst.«
    Jetzt sagt Frau Müller: »Sie werden sehen, Herr Altenburg, es war ein guter Rat von Ihrem Freund, zu uns zu kommen.«
    Sie wirft einen kurzen Blick in Nicos Richtung, der neben Paul vor ihrem Schreibtisch sitzt.
    »Nico ist bei uns bekannt wie ein bunter
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