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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter
Autoren: Jan Beinßen
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sein Vorhaben ein und bat ihn, sich bei Andi Wiesinger für ihn stark zu machen.
    Jan-Patrick willigte sofort ein. »Das wird kein Problem sein. Du bist ein guter Fotograf, und mit Qualität sind die Wiesingers immer zu gewinnen.« Er sicherte zu, sich bei nächster Gelegenheit mit Andi Wiesinger darüber zu unterhalten. Dann bremste er den Lieferwagen abrupt.
    Sie standen jetzt vor einem futuristisch anmutenden Gebäudekomplex, der einen krassen Gegensatz zu der betulichen Nostalgie der sonstigen Landwirtschaft bildete, die Paul zuvor so angenehm berührt hatte.
    »Komm«, forderte ihn Jan-Patrick auf. »Wir machen einen Streifzug durch den Tomatenpark.«
    »Tomatenpark?«, fragte Paul neugierig und legte sich den Tragegurt seiner schweren Fototasche um die Schulter.
    Als der Koch die Tür zu einem großen Gewächshaus öffnete, staunte Paul nicht schlecht und fühlte sich in einen Dschungel versetzt. Gewaltige, neun oder zehn Meter lange Tomatenpflanzen schlängelten sich dicht an dicht um dünne, von der Decke herabhängende Rankhilfen. Zwischen dem satten Grün der Stränge und Blätter wirkten die blutroten prallen Früchte wie von Künstlerhand gesetzte Farbkleckse.
    Der Koch rupfte sich eine besonders große Frucht ab.
    »Köstlich. Beinahe so gut wie die Paprika aus dem Gewächshaus nebenan.«
    »Paprika aus Nürnberg?«, fragte Paul verdutzt.
    »Es gibt keine bessere als die fränkische Paprika«, behauptete Jan-Patrick. »Jung, knackig, frisch. So wie deine kleine Französin.«
    »Wen meinst du?«, fragte Paul misstrauisch.
    Jan-Patrick ging ungerührt weiter. »Nürnberg ist klein. Ist eigentlich immer ein mittelalterliches Dorf geblieben. Da bleiben Geheimnisse nicht lange geheim.«
    »Quatsch«, maulte Paul. »Spar dir dein inzestuöses Noris-Szenario. Nürnberg hat eine halbe Million Einwohner. Da können Geheimnisse durchaus geheim bleiben.«
    »Aha, es ist also ein Geheimnis.«
    »Dreh mir nicht das Wort im Mund um«, wehrte sich Paul.
    »Mach ich doch gar nicht«, entgegnete Jan-Patrick mit Unschuldsmiene. »Außerdem habe ich als Koch durchaus nichts gegen junges Gemüse.«
    »Jan-Patrick«, begehrte Paul auf. »Lass es bitte. Es gibt nichts zu erklären, weil überhaupt nichts vorgefallen ist. Ich habe die Kleine ja nur ein Mal aus der Entfernung gesehen.«
    »Aus der Entfernung? Soso.« Nun war es an Jan-Patrick zu kichern. »Da ist mir aber etwas anderes zu Ohren gekommen.«
    »Sag endlich, wer dir das gesteckt hat!«
    »Ein Vögelchen hat es mir gezwitschert: Eine meiner Stammkundinnen aus Erlenstegen hat euch Turteltäubchen im Vorbeigehen erkannt.«
    Paul beschloss, nicht weiter auf die Neckereien seines Freundes einzugehen, zumal sich ohnehin eine willkommene Ablenkung bot: Zwischen zwei der unendlich langen Tomatenpflanzenreihen bewegte sich etwas. Auf einer Art Schlitten auf Schienen glitt ihnen ein junger schwarzhaariger Mann in grünem Gärtnerkittel entgegen.
    »Der Junior«, deutete Jan-Patrick an. »Er hat seinen Vater dazu gebracht, in die neue Technik zu investieren. Jetzt gehören sie zu den Größten im Knoblauchsland.«
    Schon wieder ein Junior, dachte Paul mit mäßigem Interesse.
    Der Junior, ein freundlicher Endzwanziger mit kräftigem Händedruck, führte die beiden an einem ebenfalls gläsernen Kesselhaus mit chromglänzenden Wassersilos vorbei in die Lagerhalle. Fein säuberlich nach Farben sortiert standen dort hohe Stapel Gemüse- und Obstkisten. Per Knopfdruck öffnete der junge Mann ein surrend zur Seite gleitendes Tor und führte sie in einen peinlichst sauber gehaltenen Raum, aus dem ihnen kalte Luft entgegenschlug.
    Kaum hatten sie den Kühlraum betreten, schloss sich die Tür hinter ihnen. Hier lagerte die Ernte des Vormittags bei schätzungsweise sechs bis acht Grad. Paul beobachtete, wie Jan-Patrick sich verschiedene Kisten mit Gurken, Karotten, Zucchini und Salaten zeigen ließ, die Frische der Ware mit Händen und Nase prüfte, während die Finger des Juniors über ein Palmtop flitzten und die Bestellungen eingaben.
    »Ich habe mit meinem Nachbarn, Herrn Flemming, gerade über die Wiesingers gesprochen. Schlimme Sache mit dem Senior, nicht?«, übte sich Jan-Patrick im Smalltalk.
    »Hans-Paul Wiesinger war eine integere Persönlichkeit,« antwortete der junge Mann politisch korrekt, »ein überzeugter Franke.«
    Paul fröstelte. »Ziemlich kalt hier drin«, sagte er und beschloss, den Junior ein wenig aus der Reserve zu locken.
    »Wiesingers Sohn übernimmt ja
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