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Patterson James

Patterson James

Titel: Patterson James
Autoren: Todesschwur
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Straße rückte für Richard Nordeschenko in immer weitere
Ferne. Das hätten wir hinter uns!
»Zum ersten Mal im Marriott, Mr. Kaminsky?«, fragte der
Page auf dem Weg in den einundvierzigsten Stock.
»Ja«, log Nordeschenko.
Die Wahrheit war, er hatte schon alle Hotels rund um den
Times Square abgeklappert. Die Gegend übte einen besonderen
Reiz auf ihn aus. Nicht die Lichter oder das nächtliche Vergnügungsangebot, an dem er keinen Anteil nahm. Es war die
Menschenmenge. Falls etwas schiefging, brauchte er sich, egal
zu welcher Tages- oder Nachtzeit, nur unter die Leute zu
mischen.
»Kiew, oder?« Der Page grinste ihn an. Das war keine Frage,
eher eine Feststellung. »Sie sind aus der Ukraine, oder? Ihr
Akzent. Das ist so eine Art Spiel für mich. Zwanzig Stockwerke,
mehr brauche ich normalerweise nicht.«
»Tut mir leid.« Nordeschenko schüttelte den Kopf. »Tscheche.« Innerlich kochte er vor Wut. Dieser geschwätzige Page
hatte sich an ihm festgebissen. Vielleicht war es einfach nur der
Jetlag, aber er hatte sich wohl zu sehr gehen lassen.
Der Fahrstuhl öffnete sich, und der Page deutete den Flur
entlang. »Immerhin nahe dran.« Nordeschenko lächelte mit
einem entschuldigenden Achselzucken. »Aber – wie sagt man
hier? – knapp daneben ist auch vorbei.«
Er war ohne Pause achtzehn Stunden unterwegs gewesen, mit
Zwischenstopp in Amsterdam unter holländischem und in
Miami mit einem Geschäftsvisum. Auf dem Flug hatte er zur
Entspannung Chopin und Thelonious Monk eingelegt und ein
Schachprogramm auf seinem Computer auf Stufe 8 besiegt. Das
hatte die Reise erträglich gemacht.
Das und die bequemen Erste-Klasse-Sitze auf Dominic Cavellos Rechnung.
»Von Zimmer 4223 haben Sie einen wundervollen Blick auf
den Times Square, Mr. Kaminsky.« Der Page öffnete die
Zimmertür. »Es gibt ein Aussichtsrestaurant und eine Lounge,
im Zwischengeschoss das Gourmet Renaissance Restaurant.
Mein Name ist übrigens Otis, wenn Sie während Ihres Aufenthalts etwas brauchen.«
»Danke, Otis.« Nordeschenko lächelte und drückte ihm einen
Geldschein in die Hand. Dass Otis seinen Akzent erkannt hatte,
erinnerte ihn daran, dass er nicht vorsichtig genug sein konnte.
»Ich danke Ihnen.« Die Augen des Jungen leuchteten auf.
»Wenn Sie eine Ablenkung brauchen, lassen Sie es mich wissen.
Die Bar oben hat bis etwa zwei Uhr geöffnet. Ich kenne ein paar
Orte, die auch danach noch offen haben, wenn Sie so etwas
brauchen. Sie wissen ja, die Stadt, die niemals schläft.«
» Velký jablko « , erwiderte Nordeschenko in perfektem Tschechisch.
» Vel-ký jab-lko? « Der Page kniff die Lider zusammen.
»The Big Apple.« Nordeschenko zwinkerte ihm zu.
Otis lachte und deutete mit dem Finger auf ihn, während er die
Tür hinter sich schloss. Nordeschenko legte seinen Aktenkoffer
aufs Bett und nahm seinen Rechner heraus.
Er musste mit einigen Leuten Kontakt aufnehmen und ein paar
Dinge in die Wege leiten. Am nächsten Morgen erwartete ihn
viel Arbeit.
Doch in einer Sache hatte der Page gar nicht so Unrecht gehabt.
Für heute Abend hatte er vor, sich auf seine eigene Art zu
vergnügen.
Heute Abend würde er pokern – mit Dominic Cavellos Geld.
»Ihr Einsatz.« Der Geber nickte in seine Richtung, woraufhin
Nordeschenko einen neuen Hundert-Dollar-Chip in die Mitte
des Tisches warf.
Er saß in einem schicken Pokerclub auf der Upper East Side,
genauer gesagt in einem großen Raum mit Kassettendecke und
hohen palladianischen Fenstern, die mit goldbestickten Vorhängen abgedeckt waren. Hier schienen alle Typen von Menschen
vertreten zu sein – attraktive Frauen in Abendkleidern, die sich
an gesonderten Tischen mit kleinen Einsätzen begnügten, und
die üblichen Gäste mit dunklen Brillen, die um alles zu spielen
schienen, was sie hatten.
Es war schon nach ein Uhr nachts, und an den vier Tischen
herrschte noch reger Betrieb.
Nordeschenko nippte an seinem Stoli Martini, als er vom
Geber zwei niedrigere Karten bekam. Er spielte das, was sie hier
einen Freeze-Out nannten. Sein Startgeld von dreitausend Dollar
hatte ihm Chips im Wert von zehntausend eingebracht. Wer hat,
dem wird gegeben.
Um zehn Uhr hatten acht Leute um den Tisch gesessen, jetzt
waren es nur noch drei: Nordeschenko, Julie, eine attraktive
Frau mit glattem blondem Haar und eng geschnittenem Hosenanzug, und jemand, dem Nordeschenko den Spitznamen
Cowboy gegeben hatte, ein unangenehmer, mit den Fingern
trommelnder Idiot mit Cowboyhut und
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