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Patient Null

Titel: Patient Null
Autoren: J Maberry
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seiner Rechten abwehren und gleichzeitig mit der Linken ziehen. Wirklich professionell und gut geplant. An seiner Stelle hätte ich mich allerdings nicht am Lederriemen über der Tür festgehalten. Das war der zweite, wenn auch kleine Fehler, den er beging. Ich wunderte mich im Stillen, ob er mich testen wollte oder nur sein Training nicht vernünftig umsetzte. Natürlich bestand auch noch die Möglichkeit, dass es ihm an Instinkt fehlte.
    Ich lehnte mich zurück und ließ mir die Sache nochmal durch den Kopf gehen. Wenn das Ganze etwas mit der Aktion in der Woche zuvor bei den Docks zu tun hatte und ich deswegen tief in der braunen Sauce saß, dann war mein nächster Schritt klar: ankommen und meinen Anwalt anrufen. Außerdem wollte ich einen von der Gewerkschaft dabeihaben. Die ganze Vorgehensweise war nie und nimmer Standard Operating Procedure . Es sei denn, wir hatten es mit Homeland zu tun. Sollte das der Fall sein, würde ich auf der Stelle einen Anwalt und meinen Kongressabgeordneten anrufen – und zwar am besten gleichzeitig. Die Sache in der Lagerhalle war völlig korrekt abgelaufen, und ich hatte nicht vor, dass irgendein Fuzzi mir deswegen etwas anhängte.
    Seit achtzehn Monaten war ich Teil einer Taskforce, wie sie seit 9/11 landauf, landab aus dem Boden schossen. Unsere Einheit bestand aus mir und ein paar Kollegen von der
Baltimore-Police, einem Haufen Leute aus Philadelphia und Washington D.C. und einer bunt gemischten Staffel von Bundessicherheitspolizisten: FBI, NSA, ATF und weiteren Buchstabenkombinationen, die mir noch nie zuvor untergekommen waren. Keiner hatte wirklich viel bei dieser Taskforce zu tun, aber jeder wollte die Finger im Spiel haben, falls sich etwas Interessantes ergab – und mit »Interessantes« meine ich karrierefördernd.
    Ich wurde da irgendwie mit hineingezogen. Seitdem ich vor einigen Jahren der Polizei beigetreten war, hatte ich das Glück, mehr Fälle erfolgreich abschließen zu können als meine Kollegen – einschließlich zwei Fälle, die lose etwas mit mutmaßlichen terroristischen Organisationen zu tun hatten. Außerdem war ich vier Jahre in der Armee gewesen und sprach sowohl Arabisch als auch Persisch – nicht perfekt, aber immerhin. Ich konnte ein bisschen von fast jeder Sprache da draußen. Sprachen kamen mir quasi im Schlaf. Das bedeutete, dass mein Name an erster Stelle stand, wenn es um Plätze im Überwachungsvan ging. Die meisten Leute, denen wir auf die Finger schauten, wechselten ständig zwischen Englisch und der einen oder anderen arabischen Sprache hin und her.
    Die Taskforce schien zuerst recht vielversprechend, aber die Realität erwies sich dann doch als weniger cool als gedacht. Ich durfte die ganze Zeit mit Kopfhörern auf der Birne in einem Van hocken, trank viel zu viel Dunkin’-Donuts-Kaffee und war drauf und dran, mir langsam, aber sicher einen fetten Hintern anzufuttern.
    Eine Gruppe mutmaßlicher Terroristen kleinen Kalibers mit Kontakten zu fundamentalistischen Schiiten plante vermutlich, etwas ins Land zu schmuggeln. Es wurde gemunkelt, dass es sich um eine potenzielle Biowaffe handelte. Weitere Details wurden uns natürlich nicht mitgeteilt, was die Überwachungsarbeit recht schwachsinnig und größtenteils sinnlos machte. Als wir – die Polizei – von ihnen, den
feinen Pinkeln von Homeland, wissen wollten, wonach wir eigentlich suchten, rannten wir schlicht und ergreifend gegen eine Wand. Informationen könnten nur weitergegeben werden, wenn es nicht anders ging, hieß es. Wir hatten es also mit einer Need-to-Know-Situation zu tun. Allein diese Einstellung zeigte schon, wie es um die Sicherheit in diesem Land bestellt ist. Es war ganz einfach: Sobald wir auch nur wenige Einzelheiten wussten, spielten wir eine größere Rolle, wenn es zu Verhaftungen kam – und die Pinkel eine weniger große. Diese Denkweise hatte uns schon 9/11 beschert, und soweit ich das beurteilen konnte, war es seitdem nicht besser geworden.
    Am vergangenen Montag stolperte ich dann über etwas Interessantes. Ich hörte ein Handygespräch ab. Es wurde ein Name genannt – El Mudschahid, ein Jemenit, ein dicker Fisch im Terroristentümpel, den Homeland unbedingt erwischen wollte. Es hörte sich so an, als ob dieser Typ etwas mit der Sache zu tun hatte, die sich in der Lagerhalle zusammenbraute. Sein Name stand auf jeder Homeland-Liste – und zwar ganz oben -, und da ich in meinem Abhörvan sonst nichts zu tun hatte, las ich diese Listen den ganzen Tag lang rauf
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