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Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Titel: Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme
Autoren: Robert Gregory Browne
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gleich, wie lange es dauert.« Sie nahm ihn fester in die Arme und gab ihm einen Kuss. »Dieser Tag wird dir dein Leben lang in Erinnerung bleiben, Michael. Aber es wird leichter werden, das verspreche ich dir. Du wirst wieder zu dir finden.«
    »Hast du das den Mädels gestern Abend auch erzählt?«
    »Das erzähle ich ihnen jedes Mal. Und ich würde so etwas nicht sagen, wenn ich nicht daran glaubte.«
    »Du bist einfach zu gut zu mir.«
    Lisa lächelte. »Vergiss das bloß nie!«
    Er überlegte, ob er Lisa von dem Anruf erzählen sollte, doch was würde er damit erreichen? Mittlerweile war er überzeugt, dass es sich um nichts weiter als den grausamen Scherz eines kranken Hirns handelte. Wenn er ihr davon erzählte, wäre das ebenso grausam. Trotz ihrer Bodenständigkeit geriet Lisa recht leicht in Besorgnis. Und Tolan bereitete ihr die meisten Sorgen. Warum also Öl ins Feuer gießen?
    Er dachte daran, wie viele Jahre sie sich bereits kannten und wie aus ihrer Freundschaft erst in letzter Zeit allmählich Liebe geworden war. Sie hatten einander während ihres Studiums an der UCLA kennengelernt und zusammen mit vier anderen Studenten in einem Haus in Westwood gewohnt. Anfangs flirteten sie ziemlich oft miteinander. Doch nach einer Nacht voller trunkener Küsse, die zu nichts führte, schalteten sie auf Freundschaft um. Da sie nach dem College ähnliche Laufbahnen einschlugen, blieben sie stets in Kontakt.
    Lisa hatte jahrelang im County General gearbeitet, bevor sie Oberschwester in der EDU der Baycliff-Klinik für Psychiatrie wurde – etwa sechs Monate, bevor Tolan dort anfing. Kurz nach Abbys Tod ermutigte sie ihn, die Stelle als Direktor anzunehmen, und seitdem arbeiteten sie zusammen.
    Lisa hatte etwas in ihm aufgeweckt, das er für immer begraben geglaubt hatte, ein unerwartetes und doch willkommenes Gefühl. Er brauchte sie. Nicht so sehr, wie er Abby gebraucht hatte, denn Abby war seine Seelenverwandte, mit ihr konnte sich niemand messen. Lisa war sozusagen seine Retterin. Und wenn seine Gewissensbisse die Beziehung nicht allzu sehr belasteten, hatten sie vielleicht eine gemeinsame Zukunft.
    Er zog sich an und ging in die Küche. Lisa reichte ihm eine Tasse Kaffee. Ihre Schicht fing erst am späten Vormittag an. Sie trug nichts weiter als ein T-Shirt, das kaum ihren Po bedeckte. Ihr Haar hatte noch diesen zerzausten Out-of-Bed-Look. Tolan musste an ihre erste gemeinsame Nacht denken, und sein Körper reagierte sofort. Vielleicht sollte er sich eher dieses Datum im Kalender anstreichen. Zelebriere das Glück, nicht den Schmerz.
    »Geht es dir besser?«, fragte sie.
    »Ich glaube, ja. Übrigens, du siehst großartig aus.« Er stellte die Kaffeetasse ab und lächelte. Ein Lächeln, das sie allmählich zu deuten wusste.
    »Denk noch nicht mal daran. Du hast keine Zeit.«
    »Wir könnten uns die Zeit nehmen.«
    »Du hast doch gesagt, dass die Polizei auf dich wartet.«
    Tolans Lächeln vertiefte sich. Er fühlte sich schon besser. Wesentlich besser. Beinahe vollständig entspannt.
    »Die Polizei kann warten«, sagte er.
    5
    Als Tolan um die Ecke bog, wartete Blackburn bereits auf dem Mitarbeiter-Parkplatz. Tolan hatte ihn erst einmal gesehen. Vor einigen Monaten hatten Blackburn und Detective Carmody ein Vergewaltigungsopfer eingeliefert, das unter traumatischem Mutismus litt. Tolan war es gelungen, die junge Frau zum Reden zu bringen, und dank ihrer Beschreibung konnte man den Täter festnageln. Das war eher das Verdienst des Mädchens als Tolans, doch sosehr er sich auch dagegen wehrte, Blackburn und Carmody waren überzeugt, dass er über Zauberkräfte verfügte.
    Tolan schaltete den Motor seines Lexus ab und stieg aus dem Wagen. Blackburn kam ihm entgegen. Er war groß und schlank und wirkte ziemlich abgebrüht. Jemand, mit dem man sich lieber nicht anlegen sollte. Doch sein Lächeln milderte diesen Eindruck sofort.
    »Hallo, Doc. Danke, dass Sie sich so kurzfristig Zeit genommen haben.«
    Es war kurz vor halb sechs, und Tolan hatte sich verspätet. Doch falls Blackburn das störte, ließ er es sich nicht anmerken. Tolan fiel auf, dass Blackburns Hemd und Jacke mit Blut befleckt waren.
    Sie schüttelten einander die Hände. »Ich vermute, der Nachtdienst hat sie schon aufgenommen?«
    Blackburn nickte. »Der diensthabende Arzt sagte, man würde sie erst einmal waschen und dann in eine Zelle bringen. Im Moment ist sie lammfromm, aber wenn Sie schlau sind, schnallen Sie sie fest.«
    Tolan nickte und winkte
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