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Paradies Pollensa

Paradies Pollensa

Titel: Paradies Pollensa
Autoren: Agatha Christie
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des Egoismus zwischen Hercule Poirot und Gervase Chevenix-Gore gar kein so großer Unterschied bestand.
    »Aber«, murmelte er, »wenn der Grund zu seiner Aufforderung nun sehr dringend war…?«
    »Das war er eben nicht! Ich erhielt lediglich die Mitteilung, mich zu seiner Verfügung zu halten – allein für den Fall, dass er mich benötigte! Enfin, je vous d e mande!«
    »Demnach«, sagte Mr Sattersway, »haben Sie also abgelehnt?«
    »Ich hatte noch keine Gelegenheit dazu«, erwiderte Poirot langsam.
    »Aber Sie werden ablehnen?«
    Ein ganz neuer Ausdruck huschte über das Gesicht des kleinen Mannes. Seine Stirn legte sich vor Verwirrung in lauter Falten.
    »Wie soll ich es ausdrücken?«, sagte er. »Ablehnen – ja, das war meine erste Regung. Aber ich weiß nicht… Man hat manchmal so ein Gefühl. Ganz leicht steigt einem eine Witterung in die Nase…«
    »Ach?« sagte Mr Sattersway. »Das ist interessant…«
    »Ich habe das Gefühl«, fuhr Hercule Poirot fort, »dass ein Mensch, wie Sie ihn eben beschrieben haben, möglicherweise sehr wertvoll ist…«
    »Wertvoll?« fragte Mr Sattersway. Für einen Augenblick war er überrascht. Ausgerechnet dieses Wort hätte er mit Gervase Chevenix-Gore niemals in Verbindung gebracht. Aber er war ein empfindsamer Mensch und von schneller Beobachtungsgabe. Langsam sagte er: »Ich glaube – ich verstehe, was Sie meinen.«
    »Solch ein Mensch steckt in einem Panzer – in einem undurchdringlichen Panzer! Die Rüstung der Kreuzfahrer war im Vergleich dazu lächerlich – gegenüber diesem Panzer aus Arroganz, Stolz und Selbstüberschätzung. In gewisser Weise ist dieser Panzer ein Schutz, von dem die Pfeile – die alltäglichen Pfeile des Lebens – einfach abprallen. Aber eine Gefahr besteht dabei: Manchmal merkt ein Mann, der in einem solchen Panzer steckt, vielleicht gar nicht, dass er überhaupt angegriffen wird! Sehr spät erst merkt er es, hört er es – und noch später spürt er es!«
    Er verstummte, und dann fragte er völlig verändert. »Woraus besteht eigentlich die Familie dieses Sir Gervase?«
    »Da ist einmal Vanda, seine Frau. Eine geborene Arbuthnot – früher ein ausgesprochen umgängliches Mädchen. Auch heute noch eine umgängliche Frau. Und Gervase sehr zugetan. Soviel ich weiß, neigt sie sehr zum Okkultismus. Trägt Amulette und solche Sachen und hält sich für die Inkarnation einer ägyptischen Königin… Dann ist da noch Ruth – ihre Adoptivtochter. Eigene Kinder haben sie nämlich nicht. Ein sehr reizvolles Mädchen und ganz modern. Das ist die ganze Familie. Ausgenommen natürlich Hugo Trent. Hugo ist Gervases Neffe. Pamela Chevenix-Gore heiratete Reggie Trent, und Hugo war das einzige Kind dieser Ehe. Jetzt ist er Vollwaise. Den Titel kann er natürlich nicht erben.«
    Poirot nickte nachdenklich. Dann fragte er: »Für Sir Gervase ist es wohl sehr betrüblich, dass er keinen Sohn hat, der seinen Namen erbt?«
    »Ich könnte mir vorstellen, dass es ihn ziemlich getroffen hat.«
    »Und der Familienname – das ist wohl eine stille Leidenschaft von ihm?«
    »Ja.«
    Mr Sattersway schwieg eine Weile. Er war ausgesprochen neugierig geworden. Schließlich wagte er sich einen Schritt vor.
    »Haben Sie einen ganz bestimmten Grund, nach Ha m borough Close zu fahren?«
    Langsam schüttelte Poirot den Kopf.
    »Nein«, sagte er, »soweit ich es übersehen kann, besteht dazu nicht der geringste Grund. Aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich hinfahre.«
     
    Hercule Poirot saß in der Ecke eines Abteils erster Klasse, während der Zug durch die englische Landschaft raste.
    Nachdenklich holte er ein säuberlich zusammengefaltetes Telegramm aus der Tasche, das er auseinanderfaltete und noch einmal las.
     
    NEHMEN SIE ZUG VIER UHR DREISSIG ST. PANCRAS STOP BENACHRICHTIGEN SIE ZUGSCHAFFNER DAMIT EILZUG IN WHIMPERLEY HÄLT
    CHEVENIX-GORE
     
    Er faltete das Telegramm wieder zusammen und schob es in die Tasche.
    Der Zugschaffner war sehr dienstbeflissen gewesen. Der Herr führe nach Hamborough Close? O ja, für Sir Gervases Gäste würde der Zug immer in Whimperley angehalten. »Wahrscheinlich ein besonderes Vorrecht, Sir.«
    Dann war der Schaffner noch zweimal im Abteil erschienen: Einmal, um dem Reisenden zu versichern, dass alles getan würde, damit er allein im Abteil bliebe, und das zweitemal, um bekannt zu geben, dass der Zug zehn Minuten Verspätung hätte.
    Planmäßig sollte der Zug um 19.50 Uhr ankommen; als Hercule Poirot auf dem kleinen
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