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Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)

Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)

Titel: Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
Autoren: Jana Voosen
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auf beide Wangen küssen.
    »Klasse.« Ich nicke mechanisch.
    »Auf der Hochzeit waren ja so viele Gäste, dass wir überhaupt nichts voneinander hatten.« Nils lächelt mich an, und ich bemühe mich, meine entgleisten Gesichtszüge wieder unter Kontrolle zu bringen. »Ich dachte, du würdest dich über einen Abend im Kreise deiner Lieben freuen.« Ist der noch ganz dicht? Leider bleibt mir im Moment nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen, aber heute Abend im Hotelzimmer werden wir uns unterhalten müssen. Wenn er allen Ernstes glaubt, mir eine Freude zu machen, indem er ausgerechnet meine Mutter einlädt, dann mache ich mich in dieser Beziehung entweder nicht klar verständlich, oder aber, und ich befürchte, das ist eher der Fall, er kapiert mich überhaupt nicht.
    »Hast du Heuschnupfen, Franzi, oder was ist mit dei nem Gesicht los?« Mit zusammengekniffenen Lidern mu stert mich meine Mutter.
    »Nein, es geht mir gut.« Ich starre auf den für sechs Personen eingedeckten Tisch, der die Frage, die ich gleich stellen werde, eigentlich schon beantwortet. »Kommen Omi und Opa denn auch?«
    »Deine Großeltern? Nein. Hättest du das gewollt?«
    Ob ich das gewollt hätte? Ungläubig sehe ich Nils an. Kennt er mich denn überhaupt kein bisschen?
    »Das ist nichts für so alte Leute«, meint Emma und breitet die Serviette auf ihrem Schoß aus. »Ist doch schön, dass wir unter uns sind. Außerdem kommt mir Omi Anni jedes Mal etwas verwirrter vor. Das mit den verhunzten Sprichwörtern nimmt langsam überhand. Müssen wir uns Sorgen machen?«
    »Omi verhunzt Sprichwörter, seit ich sie kenne. Sie ist topfit!«
    »Ist ja gut, sei doch nicht gleich so aggressiv.« Sie zieht einen Flunsch.
    »Sie hat recht, Franzi, das ist doch wirklich kein Grund, sich aufzuregen.« Nils nimmt meine Hand und drückt sie beruhigend. Mit einem Ruck entziehe ich mich ihm.
    »Würdest du es bitte mir überlassen, worüber ich mich aufrege und worüber nicht?«
    »Franzi!« Tadelnd sieht meine Mutter mich an, während Nils mich erschrocken anguckt.
    »Entschuldige«, sagt er betreten.
    »Nein, schon gut. Mir tut es leid.« Wenn ich jetzt auch noch mit ihm Streit anfange, dann ist außer meinem Vater an diesem Tisch niemand mehr auf meiner Seite. Und der ist bekanntermaßen nicht besonders gut darin, für mich in die Bresche zu springen.
    »Ist okay.« Erleichtert lächelt Nils mich an. »Ah, da kommt der Aperitif.« Zwei Kellner sind nahezu lautlos an unserem Tisch aufgetaucht und servieren Aperol Spritz auf Eis. Nach meinem Vollrausch am letzten Wochenende hätte ich nicht geglaubt, dass ich mich so schnell wieder nach Alkohol sehnen würde. Jetzt aber greife ich nach dem Glas wie ein Verdurstender.
    »Franzi«, wispert meine Mutter scharf, als es schon meine Lippe berührt, und ich halte mitten in der Bewegung inne. Nils erhebt sich von seinem Stuhl, schaut erst in die Runde und dann mich direkt an. Hastig setze ich das Glas wieder ab.
    » Franzi«, sagt Nils, und ich wundere mich über den feie rlichen Tonfall in seiner Stimme. Gleichzeitig registriere ich, dass die Geigenmusik plötzlich lauter zu werden scheint. Verwirrt wende ich den Kopf und sehe mich von den vier Musikern, die doch eben noch in der anderen Ecke des Raums standen, umringt. Was geht hier vor?
    »Franzi«, wiederholt Nils und räuspert sich.
    »Ja?«
    »Ich, Entschuldigung, jetzt werde ich doch etwas nervös.« Er lacht verlegen, und meine Familie stimmt mit ein. Verwundert sehe ich sie an. Ein verständnisvolles Lächeln umspielt die Lippen meiner Mutter. »Also, Franzi, wir sind jetzt seit zwei Monaten zusammen. Das ist sicher keine lange Zeit, aber manchmal braucht es die auch gar nicht, um zu erkennen, wenn etwas richtig ist. Uns hat man ja schon vor unserem ersten Treffen zugesichert, dass wir ein perfektes Paar abgeben würden. Man hat uns eine Kompatibilitätsquote von 93 Prozent zugesprochen, und ich muss zugeben, dass ich der ganzen Sache skeptisch gegenüberstand. Bis ich dich gesehen habe, Franzi. Denn da war mir klar, dass es stimmt. Dass wir füreinander geschaffen sind. Mein Leben ist schöner, seit du ein Teil davon bist. Und deshalb wünsche ich mir, dass du bleibst.«
    Ich versuche, ihm aufmerksam zuzuhören, aber irgendwie bin ich peinlich berührt von dieser Ansprache. Er spricht so laut, dass nicht nur meine Familie und die Geiger jedes Wort mitbekommen, was ich schon schlimm genug fände, sondern auch die Gäste an den anderen
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