Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen
Autoren: Christoph Lode
Vom Netzwerk:
vieler Jahrhunderte zu unförmigen Zapfen abgeschliffen, grotesk verwachsene Formen vor dem glühenden Himmel.
    Tavernen und Läden befanden sich in den Arkaden im Erdgeschoss, die übelsten Spelunken und Spielhöllen der ganzen
Stadt. Rotes, gelbes und grünes Licht glühte in den Torbögen. Ausgelassene Geigen- und Pfeifenmusik vermischte sich mit rauem Gelächter und dem Grölen der Betrunkenen. Rauch quoll aus den Luftschächten und wurde zusammen mit dem Dampf der Garküchen und dem Geruch von Opium, Ale und scharfem Branntwein vom Wind über die Dächer getragen.
    Vivana kam gerade rechtzeitig: Eben versank die Sonne hinter dem Wald aus Kaminen, Wetterfahnen und Erkertürmchen.
    Leider hatte sie nicht die geringste Ahnung, wo Lucien sie erwartete. Sie hatten keinen genauen Treffpunkt vereinbart.
    Sie warf einen Blick zu der Herberge am Rand des Platzes. Vermutlich kauerte ihr Vater gerade am Fenster und beobachtete sie argwöhnisch. Sie wollte sich keine Blöße geben, indem sie den Eindruck erweckte, nicht zu wissen, was sie tat. Zielstrebig ging sie auf die Arena zu.
    Ruac züngelte und fing zu zappeln an.
    »Mir gefällt es hier auch nicht«, murmelte sie. »Aber uns wird schon nichts passieren. Lucien wartet bestimmt bereits auf uns.«
    Fauliger Gestank erfüllte den Platz. Das Unwetter der vergangenen Nacht war so heftig gewesen, dass die Abflussschächte die Wassermassen nicht mehr hatten aufnehmen können. Überall waren Unrat und übel riechender Schlamm durch die rostigen Gitter heraufgequollen. Vivana ließ Ruac auf ihre Schultern klettern und betrat den erstbesten Torbogen.
    An einem Stützpfeiler hing eine Messinglaterne, die so beschaffen war, dass sie die Schatten von Reitern und gehörnten Ungeheuern auf die Wände warf. Ein Tunnel führte ins Innere des Bauwerks; in den Nischen standen runde Tische, an denen ausnahmslos Männer saßen, die Ale und Gin hinunterstürzten, Karten spielten oder in flüsternde Gespräche vertieft waren.
Einige glotzten Vivana unverhohlen an, während sie an ihnen vorbeiging. Sie tat, als bemerke sie es nicht.
    Aus einem Durchgang ertönten Knurren, Hundegebell und Gebrüll; es stank nach Kot, Blut und Schnaps. Sie sah eine Menschenmenge, die sich im Schein einer Gaslampe um eine Grube drängte, und konnte zwei Hunde erkennen, die mit gefletschten Zähnen aufeinander losgingen. Der kleinere der beiden, ein einäugiger Mischling, biss dem größeren die Flanke blutig, woraufhin ein Teil der Menge jubelte, während der andere fluchte und schimpfte.
    Angewidert wandte sich Vivana ab. Es wunderte sie immer weniger, dass sich das Tor zum Pandæmonium irgendwo hier befand. Sie spürte förmlich, wie durch und durch verkommen dieses Gemäuer war.
    Wo steckte nur Lucien? War er aufgehalten worden?
    Sie folgte dem Tunnel, der eine Biegung beschrieb. In den Nischen standen nun keine Tische mehr, sondern gestapelte Kisten und Fässer. Eine Treppe führte zu einer offenen Tür hinab. Darüber hing ein Schild, auf das jemand mit roter Farbe die Worte KURIOSITÄHTEN ALLER ART gepinselt hatte.
    Nirgendwo eine Spur von Lucien.
    Vivana hatte nicht das geringste Verlangen, auch nur einen Schritt weiter zu gehen. Sie beschloss, umzukehren und anderswo nach dem Alb zu suchen. Als sie sich umdrehte, stieß sie beinahe mit einer Gestalt zusammen.
    »Ein interessantes Tier hast du da.«
    Aus den Schatten tauchte ein Mann auf. Obwohl er sehr groß sein musste, überragte er sie nur um einen halben Kopf, denn er stand krumm da, als sei sein Rückgrat nicht stabil genug, um Schultern und Kopf zu tragen. Schäbige Kleider verhüllten den dürren Leib. Aus seinem Kinn, das wie der Rest des Gesichtes von Ausschlag gerötet war, sprossen hier und da vereinzelte Barthaare.

    Ruac stellte die Rückenstacheln auf und zischte feindselig.
    »Ein Tatzelwurm, nicht wahr?«, meinte der Kerl. »Ein waschechtes Schattenwesen. Sieht man nicht oft heutzutage.«
    »Lass mich durch«, sagte Vivana.
    »Wo hast du ihn gefunden?«
    Sie machte einen Schritt zur Seite, doch der Fremde ließ sie nicht vorbei. Trotz seiner Größe und unmöglichen Körperhaltung war er sehr flink. Seine Bewegungen hatten etwas Abstoßendes, etwas … Spinnenhaftes. Leise Furcht stieg in ihr auf.
    »Weißt du, wie wertvoll ein echter Tatzelwurm ist? Die Trankmischer im Chymischen Weg würden ein hübsches Sümmchen dafür zahlen.«
    »Ruac ist nicht zu verkaufen!«, fuhr Vivana ihn an.
    »Tatsächlich? Wir haben doch noch gar nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher