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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen
Autoren: Christoph Lode
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geschehen, Tante Livia. Bitte hör mir zu und lass mich ausreden, auch wenn es verrückt klingt. Liam ist im Pandæmonium. Bitte frag nicht, wie er dort hingekommen ist. Wichtig ist nur, wie ich ihn retten kann …
    Nein. Wenn sie so anfing, forderte sie geradezu heraus, dass Tante Livia sie mit einer Million Fragen bombardierte. Sie musste anders vorgehen.
    Liam ist in großer Gefahr! Du musst mir helfen. Für Erklärungen ist jetzt keine Zeit.
    Auch nicht. Dafür war die Wahrsagerin viel zu misstrauisch.

    Heute Nacht betrete ich das Pandæmonium. Was muss ich tun, um dort zu überleben?
    Vivana seufzte. Es hatte keinen Zweck. Egal, wie sie es anstellte, früher oder später würde ihre Tante herausfinden, dass sie sich mit Liam das javva geteilt hatte und mit ihm in Lady Sarkas Palast eingedrungen war. Vivana hatte ihr Versprechen gebrochen und Livias Vertrauen missbraucht. Daran würden auch wortreiche Erklärungen nichts ändern.
    Und was tat man, wenn man seine Tante hintergangen hatte? Man bat sie gleich noch einmal um Hilfe. Vivana kam sich unsagbar schäbig vor, während sie durch das Gassengewirr des Vergnügungsviertels eilte. Aber was blieb ihr anderes übrig? Um Liam zu retten, durfte sie nichts unversucht lassen. Und außer Livia kannte sie niemanden, der etwas von Magie und Dämonen verstand.
    Wenn sie nur mehr Zeit gehabt hätte … Noch höchstens eine Stunde, bis die Sonne unterging. Dabei hätte sie schon viel früher hier sein können, wenn der Tag nicht eine einzige Katastrophe gewesen wäre. Erst der Streit mit ihrem Vater, dann ihre Flucht durch die halbe Stadt und das lächerliche Versteckspiel in den Gassen des Labyrinths. Bei ihrer Ankunft in der Namenlosen Herberge war Vivana bereits seit dreißig Stunden auf den Beinen. Sie war so erschöpft gewesen, dass sie, kaum hatte sie sich hingelegt, sofort eingenickt war. Sie hatte nur ein bisschen ausruhen wollen, doch ihr Vater ließ sie schlafen, weil er dachte, er täte ihr damit einen Gefallen – mit dem Ergebnis, dass sie erst vor einer halben Stunde aufgewacht war. Vivana hätte sich am liebsten dafür geohrfeigt.
    Sie kam zum Platz der Erztugenden mit dem kleinen Wanderzirkus ihrer Manuschfamilie. Um den Halbkreis der bunten Reisewagen war es ungewöhnlich ruhig. Livias Kinder spielten Ball; Nedjo, einer der jüngeren Brüder ihres Onkels, saß unter dem Sonnensegel und schnitzte, während er das Mädchen
und die beiden Jungen beaufsichtigte. Sonst schien niemand da zu sein.
    »Wo sind denn alle?«, erkundigte sich Vivana, nachdem sie Nedjo begrüßt hatte.
    Der Manusch legte Holzstück und Schnitzmesser weg. »Heute Nacht haben sich Ghule im Viertel herumgetrieben. Madalin und die anderen sind seit Sonnenaufgang auf den Beinen und suchen alles ab, um die Mistviecher zu verjagen, falls sich noch irgendwo welche verstecken.«
    »Euch ist doch nichts passiert, oder?«
    »Uns geht es gut, keine Sorge. Aber Farkas wurde verletzt. Ein Ghul hat ihn angefallen, als er im Morgengrauen nach Hause kam.«
    Farkas war das Oberhaupt einer anderen Manuschfamilie, die sich zeitweise in Bradost aufhielt. Vivana kannte ihn flüchtig. »Ist es schlimm?«
    »Kann ich nicht sagen. Livia ist noch nicht zurück.«
    »Sie ist bei ihm?«
    »Farkas’ Frau hat sie gerufen, damit sie sich die Verletzungen ansieht.«
    »Aber ich muss dringend mit ihr sprechen.«
    »Ich weiß. Livia hat den ganzen Tag auf dich gewartet.« Nedjo grinste schief. »Und sie war ziemlich wütend, weil du nicht aufgetaucht bist. Jedenfalls soll ich dir ausrichten, dass du hierbleiben sollst, bis sie zurück ist.«
    Vivana runzelte die Stirn. Ihre Tante wusste, dass sie herkommen würde? Richtig – sie wartet auf das Buch. »Wie lange dauert das?«
    »Schwer zu sagen. Wie ich Livia kenne, wird sie bis zur Ausgangssperre bei Farkas bleiben.«
    »So viel Zeit habe ich aber nicht!«
    »Macht dein Vater wieder Ärger?«
    Vivana hatte nicht die geringste Lust, Nedjo zu erzählen,
was geschehen war. Er würde sie nur auslachen oder mit Fragen bestürmen oder womöglich gar versuchen, sie aufzuhalten. »Wohnt Farkas immer noch unten am Fluss?«
    »An derselben Stelle wie jedes Jahr.«
    Das war zu weit. Selbst wenn sie sich beeilte, selbst wenn es ihr gelang, ihre Tante dazu zu bringen, ihr zuzuhören, würde sie niemals rechtzeitig bei der Alten Arena sein. Vivana fluchte innerlich. Tante Livias Hilfe konnte sie abschreiben. Schlimmer noch: Nun konnte sie sich nicht einmal von ihr
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