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Palast der Stuerme

Palast der Stuerme

Titel: Palast der Stuerme
Autoren: Penny Jordan
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der Zeitung gesehen. Er war das Oberhaupt eines kleinen Staates im Mittleren Osten und zu einem Staatsbesuch in Großbritannien. Dieser Staat könnte ein strategisch wichtiger Stützpunkt für Europa werden, die Presse vermutete darin den Grund für den Besuch. Auch erinnerte Claire sich, gelesen zu haben, dass der Neffe und Erbe des Scheichs erst kürzlich zusammen mit seiner Frau bei einem Unfall das Leben verloren hatte. Gerüchte hielten sich hartnäckig, dass es kein echter Unfall gewesen war, sondern ein Attentat konservativer Mächte im Land, die eine zu enge Bindung an den Westen zu verhindern versuchten.
    „Ich kann die Hotelleitung bitten, für meine Identität zu garantieren“, drang die Stimme des Scheichs an ihr Ohr, und ihr wurde klar, dass er ihr Zögern missverstanden hatte.
    „Das wird nicht nötig sein, Scheich“, sagte sie mit einem kurzen Lächeln. „Die Zeitungen sind heute voll mit Fotos von Ihnen.“
    Eingekreist von einer ganzen Phalanx von schweigenden Männern, verließ Claire mit hoch erhobenem Kopf an der Seite des Scheichs den Speisesaal, das Baby noch immer an sich gedrückt. Ein Mann allerdings blieb zurück, und die grünen Augen schienen Claire voller Spott zu folgen.
    Die Pracht in der Suite des Scheichs ließ Claire blinzeln. Als sie Platz nahm, fragte sie sich zum ersten Mal, wer das Kind wohl sein mochte, das sie auf dem Arm hielt.
    „Ich bin sicher, Sie wundern sich, was hier überhaupt vorgeht“, hob der Scheich an, nachdem Claire den angebotenen Kaffee dankend abgelehnt hatte und das Gefolge des Scheichs sich zurückzog. „Der Junge“, er deutete mit dem Kopf auf das Baby auf ihrem Schoß, „ist der einzige Sohn meines Neffen brüderlicherseits und wird zu gegebener Zeit Herrscher unseres Landes sein. Die heutigen Ereignisse lassen keinen Zweifel mehr daran, dass sein Leben in Gefahr ist.“ Er runzelte die Stirn, als das Baby zu weinen begann. „Stimmt etwas nicht mit ihm?“
    „Nicht wirklich.“ Claire schüttelte den Kopf. „Seine Windel ist nass, und er hat Hunger. Das Kindermädchen, das auch im Speisesaal war …“
    „Ich vermute, man hat sie bezahlt, damit sie das Kind unbeaufsichtigt lässt. Normalerweise wird er rund um die Uhr bewacht, aber Raoul berichtete mir, das Mädchen habe darauf beharrt, ich hätte angewiesen, dass der Junge im Speisesaal gefüttert wird. Was nicht stimmt. Wenn Sie nicht so schnell reagiert hätten …“
    „Ich dachte wirklich, wir würden alle sterben.“
    „Und dennoch haben Sie Saud nicht allein gelassen.“ Der Scheich musterte sie anerkennend. „Raoul sagte mir auch, dass Saud ohne Ihr Eingreifen jetzt tot wäre.“
    „Hatten … hatten Sie erwartet, dass so etwas passiert?“ Mit einem Schauer erinnerte sie sich an all die Waffen, die die Männer des Scheichs plötzlich in den Händen gehalten hatten.
    Der Scheich zuckte ergeben mit den Schultern. „Nicht erwartet, aber vermutet. Es gibt in unserem Land eine Gruppe, die mit der westlichen Orientierung des Herrscherhauses nicht einverstanden ist. So wird es immer schwieriger, Freund und Feind zu unterscheiden. Sauds Kindermädchen ist ein Beispiel, wie leicht man getäuscht werden kann. Ich selbst bin Witwer und habe auch keine engen weiblichen Verwandten, die sich um das Kind kümmern könnten.“ Der Scheich sah plötzlich müde und verloren aus. „Aber ich will Sie nicht mit meinen Problemen belasten. Ich hatte Sie eingeladen, weil ich Ihnen eine Belohnung …“
    „Nein, bitte“, fiel Claire ihm hastig ins Wort. „Bitte, das ist nicht nötig. Ich habe aus reinem Instinkt gehandelt.“ Sie sah auf den Kleinen, der in ihren Armen eingeschlafen war. „Gibt es jemanden, der ihn füttern und ihm die Windeln wechseln kann?“
    „Ich hatte eigentlich geplant, für die Dauer unseres Aufenthalts eine Nanny für ihn zu finden, aber Raoul war der Ansicht, dass Saud besser von einer Angehörigen des eigenen Volkes betreut werden sollte.“ Der Scheich lächelte. „Wahrscheinlich ist es Raouls eigene gemischte Herkunft, weshalb er so vehement gegen eine fremde Nanny ist. Er spürt die Unterschiede sehr stark, die ihn von seinen Landsmännern abgrenzen.“
    Claire fragte sich, in welcher Beziehung Raoul zu dem Baby stehen mochte, doch diese Frage würde sie ganz sicher nicht stellen.
    „Nun …“ Sie sah die Ratlosigkeit auf der Miene des Scheichs, ein Gefühl, das er sicherlich nicht oft verspürte. „Sauds Zimmer ist dort.“ Er zeigte auf eine angrenzende Tür.
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