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Palast der Stuerme

Palast der Stuerme

Titel: Palast der Stuerme
Autoren: Penny Jordan
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begann. Instinktiv sprang Claire auf und hielt den Stuhl fest, bevor er mit dem Kind umfallen konnte.
    Es war ein entzückendes Kind mit olivbrauner Haut und großen braunen Augen, in denen allerdings die Tränen schwammen. Mit beiden Händchen klammerte es sich an ihre Bluse, und das Weinen verstummte, als es zu ihr aufschaute. Der Junge war nicht einmal richtig in dem Stuhl gesichert, und Claire wunderte sich über die Eltern, die ein so unerfahrenes Kindermädchen einstellten. War einer der Männer dort sein Vater? Sie sah zu dem Tisch hinüber und traf auf einen harten Blick aus grünen Augen. Was war los mit diesem Mann?, fragte sie sich. Glaubte er etwa, sie wolle das Baby entführen?
    Vielleicht lag es an diesem herausfordernden Blick, vielleicht war es aber auch das klägliche Jammern des Kleinen, das sie zu ihrem nächsten Schritt veranlasste. Eigentlich hatte sie nämlich bereits weggehen wollen, aber der Kleine streckte die Arme nach ihr aus.
    Fast erwartete sie, dass der Mann aufspringen und ihr das Baby aus den Armen reißen würde, als sie den Jungen aus dem Stuhl hob, um ihn zu trösten. Das kleine Gesicht war rot und erhitzt, die Haut heiß, und Claire nahm an, dass der Junge zahnte. Er trug teure Kleidung, doch sie war verschwitzt und verschmiert mit Brei. Plötzlich wurde Claire sich bewusst, was sie da tat, und wollte das fremde Baby zurück in den Stuhl setzen. Doch der Kleine klammerte sich noch immer weinend an sie. Schwankend zwischen Vernunft und Beschützerinstinkt, sah Claire zu dem Tisch hinüber. Der fremde Mann beobachtete sie noch immer, und etwas in seinem Blick ließ Trotz in ihr aufsteigen. Unablässig tröstende Worte auf den Kleinen einredend, drehte sie sich um und ging zu ihrem Tisch zurück. Sie war kaum angekommen, als sie einen Mann in den Saal stürmen sah.
    Später wurde ihr klar, dass sie aus reinem Instinkt gehandelt hatte, denn es war gar nicht genug Zeit gewesen, dass sie die Waffe hätte sehen können, die der Mann auf den jetzt leeren Hochstuhl richtete. Selbst als er sich suchend umschaute und sie erblickte, reagierte sie automatisch und kauerte sich unter den Tisch, das Baby schützend an sich gedrückt.
    Und dann ging alles rasend schnell. Mündungsfeuer kannte Claire nur aus dem Fernsehen, und es war eine schreckliche Erfahrung, es aus nächster Nähe miterleben zu müssen. Die Stille nach dem Stakkato der Schüsse allerdings war fast noch unheimlicher. Nur benommen vernahm Claire hektische Schritte, das Schlagen von Türen, und dann lag plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter.
    Eiskalte Angst griff nach ihr. Sie begann unkontrolliert zu zittern. Jemand zog sie auf die Füße, sie hörte eine Stimme leise murmeln, erkannte nur kurz die grünen Augen, und dann wurde ihr Kopf sanft an eine Schulter gedrückt. Dankbar ließ sie sich von starken Armen an die muskulöse Brust ziehen und nahm den angebotenen Schutz fraglos an, obgleich ihr Verstand ihr sagte, sie müsse widerstehen und sich zurückziehen.
    Die Arme, die sie hielten, lösten sich jetzt von ihr, und Claire sagte sich, wie dumm und albern es war, ein solch immenses Gefühl von Verlust zu empfinden. Nur mühsam registrierte sie, was um sie herum geschehen war. Sie sah den leblosen Körper auf dem Boden liegen, sah den aufgeregt gestikulierenden kleinen, korpulenten Mann, dessen Gesicht ihr irgendwie bekannt vorkam, und sah den Mann mit den grünen Augen leise auf ihn einreden.
    Erst als das Baby einen protestierenden Schrei von sich gab, merkte sie, dass sie den Kleinen viel zu fest an sich drückte. Ihr Kopf schien wie in Watte gepackt. Sie hatte sich verlaufen, war in einer anderen Welt gestrandet, in die sie nicht gehörte. Sie hatte Schwierigkeiten, das soeben Geschehene überhaupt zu begreifen.
    „Bitte verzeihen Sie mir … Ich bin so aufgewühlt, dass ich meine Manieren vergesse.“ Der kleine korpulente Mann stand vor Claire. „Ich bin Scheich Ahmed ibn Hassan. Wenn Sie nicht eingegriffen hätten …“ Er musste sich zusammennehmen, langsam schüttelte er den Kopf. „Allah muss uns heute sehr wohlgesonnen gewesen sein, Miss …“
    Automatisch nannte Claire ihren Namen.
    „Aber hier sollten wir nicht bleiben, wir können hier nicht reden. Würden Sie mir die Ehre erweisen und mich in meine Suite begleiten, damit ich Ihnen meinen Dank aussprechen kann?“ Er bemerkte ihr Zögern und lächelte warm und herzlich. Und in diesem Moment wusste Claire, wer dieser kleine Mann war.
    Sie hatte sein Foto in
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