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Palast der Schatten - historischer Kriminalroman

Palast der Schatten - historischer Kriminalroman

Titel: Palast der Schatten - historischer Kriminalroman
Autoren: Gmeiner-Verlag
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gezogen. Max, Hans, Guste und Fritz begleiteten ihn. Guste und Hans lernte er auf einem der Jahrmärkte kennen. Hans arbeitete als Clown, Guste als Kassiererin in einem Varietétheater. Sie gaben ihre Stellen auf, weil sie vor dem Messerwerfer, mit dem Guste verlobt gewesen war, fliehen mussten. Er rammte Hans aus Eifersucht ein Messer in die Stirn. Hans hatte großes Glück gehabt. Es war nur eine Narbe zwischen den Augenbrauen zurückgeblieben.
    Max, der zuvor Maschinenarbeiter in einer Fabrik war, hatte er über eine Anzeige im ›Kinematographen‹ eingestellt. Bei einem Arbeitsunfall wurde Max’ rechtes Bein zerschmettert. Daraufhin machte er den Vorführschein.
    Sie zogen von Ort zu Ort. Viel verdienten sie nicht. Die Anzahl der Kinematographen nahm ständig zu. Ein unerbittlicher Kampf um die Standplätze entbrannte. Theo mied fortan die Großstädte, da er mit dem Eintritt die Unkosten nicht mehr decken konnte. Überall hatten feste Ladenkinos eröffnet, die die neuen Leihfilms zeigten. Die Ladenkinos wechselten in schneller Folge ihre Programme und nahmen ihm die Zuschauer weg. Er hatte schon mit dem Gedanken gespielt, das Wanderkino aufzugeben und ein Stadtkino einzurichten. Doch die Vorstellung, an einem festen Ort zu wohnen, machte ihn beklommen. Er liebte den Wohnwagen, den süßlich herben Duft und das gelegentliche Knacken des Holzes, die Windgeräusche, die heller und unmittelbarer klangen als in einem Haus. Solang sie ihr Auskommen hatten, dachte er nicht daran aufzugeben.
    Eines Nachts erwachte er von einem Rauschen und Zischen. Er schnellte hoch und stieß die Tür des Wohnwagens auf. Auf der Südwestseite der Bude loderte eine Flammensäule auf. Er schrie in die Nacht. Alle Schausteller schossen aus den Wagen. Sie rannten zum Tankwagen, kämpften mit Eimerketten gegen das Feuer an. Theo sprang in den Rauch hinein, um die Flammen zu ertränken. Er musste zurückweichen. Sie konnten nichts ausrichten. Überall schossen Feuerzungen empor. Die Wände brannten lichterloh. Balken krachten herunter. Die Bude fiel zusammen. Bis auf die Wohnwagen und ihr eigenes Leben, das gottlob gerettet war, hatte das Feuer alles zerstört.
    Am frühen Morgen stand Theo rußgeschwärzt in den verkohlten Überresten seines Lebenstraumes. Die Bude, die gesamte Einrichtung, der Projektor, das Harmonium, die Films, all die Films, waren vernichtet. 350 Rollen in den Flammen explodiert.
    Schwarz gefärbte Tränenströme regneten auf die Ascheflocken. Ein letzter Wunsch stieg in Theo auf. Er wollte sich mit der Asche zudecken und nicht mehr aufstehen. Seine Knie knickten ein. Plötzlich wirbelte ein Windstoß die Asche auf und er hörte Simon rufen:
    Â»Gib nicht auf, Theo, die Bilder sind dein Leben!«
    Theos Tränen fielen auf die grauen Flocken. Und aus jeder Flocke, die er benetzte, keimte eine Zukunft.

    Bis auf Fritz, der sich entschied, zu seinem Bruder zu ziehen und sich zur Ruhe zu setzen, waren sie zusammengeblieben. Mit Max, Hans und Guste hatte er das ehemalige Eisenwarengeschäft zum Ladenkino ausgebaut. Die Fenster des Eckladens mauerte Hans zu. Max und Theo schreinerten die Bänke, die Kassenbox und die Vorführkabine. 180 Plätze entstanden, die teureren mit Möglichkeit zum Anlehnen, die billigeren ohne Rückenstütze. An den Stuhllehnen der besseren Sitzplätze hatte Max kleine Borde angebracht, auf denen die Besucher ihr Getränk abstellen konnten. Guste nähte die Wand– und Deckenbehänge.
    Theo besorgte Vorführgerät und Leinwand. Er hatte auch ein gebrauchtes Klavier und ein Harmonium aufgetrieben. Zu mehr reichte das Geld nicht. Hans bastelte die meisten Geräuschinstrumente selbst und kaufte nur das Notwendigste.
    Theos Augen leuchteten auf. Inzwischen hatte er ein neues Klavier kaufen können. Und die Einnahmen reichten zum Leben. Wenn man ihn zu diesem Zeitpunkt gefragt hätte, was er sich wünschte, dann hätte er geantwortet, dass sein Wunsch bereits in Erfüllung gegangen war.
    Theo hörte Stimmengewirr. Im Flur warteten die nächsten Zuschauer. Es schien ein guter Tag zu werden.
    Â»Max, was war das eben mit dem Projektor?«
    Â»Die Birne hat Wackelkontakt. Ich werde sie auswechseln.«
    Â»Mach schnell. Es geht gleich weiter.«
    Die Menschen strömten in den Saal. Als alle Plätze belegt waren, gab Theo Zeichen. Das Saallicht wurde gedämpft. Und die
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