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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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der Frau zu. Dy Ferrej hielt sein Pferd zwischen Ista und den Pilgern, doch die stämmige Frau vereitelte seine Versuche, die beiden Gruppen voneinander abzuschirmen. Sie zügelte ihr Pferd und ließ es ein Stück zurückfallen, um dann in gemächlichem Trab an dy Ferrej vorbei zu Ista aufzuschließen.
    »Mögen die Götter Euch segnen, edle Herrin«, stieß sie ein wenig atemlos hervor. Ihre feiste, bunt gescheckte Stute war überladen mit großen Satteltaschen; weitere Taschen waren notdürftig an dem Tier festgezurrt und hüpften bei jedem Schritt des Pferdes so bedenklich auf und nieder wie die Reiterin. Die Frau ließ ihr Pferd wieder in Schritt fallen, schöpfte Atem und richtete ihren Strohhut. Sie trug das Grün der Mutter, in dunklen Farbtönen, die nicht ganz zueinander passten, jedoch dem Stand einer Witwe entsprachen. An den Ärmeln allerdings waren die Farben aller fünf Götter in Form von geflochtenen Bändern versammelt: blau und weiß umwickelt, grün und gelb, rot und orange, schwarz und grau, weiß und cremefarben.
    »Wir sind Pilger aus ganz Baocia«, verkündete die Frau in der offensichtlichen Absicht, ein Gespräch anzufangen. »Und wir sind unterwegs zum Schrein des wundersamen Todes des Kanzlers dy Jironal in Taryoon. Nun, von dem guten Ser dy Brauda da drüben mal abgesehen.« Sie wies mit einem Nicken zu einem älteren Mann, der gedämpfte Brauntöne trug und ein Band in Rot und Orange, was ihn als Anhänger des Herbstsohnes auswies. An seiner Seite ritt ein junger Mann, der wenig farbenfroher gewandet war. Dieser beugte sich nun ein Stück im Sattel nach vorn und warf der grün gekleideten Frau einen missbilligenden Blick zu, mit dem er versuchte, sie zum Schweigen zu bringen, wenn auch vergebens.
    »Er hat seinen Sohn dabei«, sagte die Frau. »Da drüben – ein hübscher Bursche, nicht wahr?«
    Der Junge zuckte zurück und blickte starr nach vorn. Dabei wurde er so rot, als wollte er es den Bändern an seinem Ärmel gleichtun. Sein Vater unterdrückte ein Grinsen, doch es gelang ihm nicht recht.
    »… die beiden sind unterwegs nach Cardegoss, wo der Junge ein Ritter des Sohnes werden soll. Wie früher sein Vater, möchte ich wetten. Der Großmeister des Ordens selbst, Prinzgemahl Bergon, wird die Zeremonie leiten. Den würde ich auch zu gern einmal sehen. Ein stattlicher Bursche, heißt es. Er kommt von der ibranischen Küste; da soll ja so mancher gut aussehende Mann heranwachsen. Na, vielleicht gönne ich meinen alten Augen diese Wohltat noch und lass mir einen Grund einfallen, meine Pilgerfahrt nach Cardegoss zu verlängern.«
    »Was Ihr nicht sagt«, meinte Ista zu dieser schmeichelhaften, insgesamt aber zutreffenden Beschreibung ihres Schwiegersohnes.
    »Ich bin Caria aus Palma. Dort war ich mit einem Sattler verheiratet, bis vor kurzem. Jetzt bin ich Wit we. Und was ist mit Euch, edle Dame? Ist der mürrische Bursche dort drüben Euer Ehemann?«
    Der Majordomus verfolgte die Vertraulichkeiten mit größtem Missfallen. Nun zügelte er sein Pferd, um die lästige Person abzuwehren. Ista aber hob die Hand. »Nur die Ruhe, dy Ferrej.« Er runzelte die Stirn, zuckte dann aber die Schultern und schwieg.
    Ista wandte sich an die Pilgerin: »Ich bin eine Witwe … aus Valenda.«
    »Ach ja? Nun, das bin ich auch«, entgegnete die Frau munter. »Mein erster Mann kam aus Valenda. Obwohl ich drei Ehemänner verloren habe.« Sie sag te es so, als wäre es eine besondere Leistung. »Natürlich nicht alle auf einmal. Einen nach dem anderen.« Neugierig musterte sie Istas Kleider in den Farben der Hoftrauer. »Ist Euer Ehemann gerade erst verstorben, Herrin? Mein Beileid. Kein Wunder, dass Ihr so blass und traurig ausschaut. Das ist schon eine schwere Zeit. Vor allem beim ersten Mal. Zuerst möchte man am liebsten sterben – jedenfalls ist es mir so ergangen. Aber das ist nur die Angst vor der Zukunft. Irgendwann kommt alles wieder ins Lot, glaubt mir.«
    Ista lächelte kurz und schüttelte leicht den Kopf, klärte den Irrtum aber nicht auf. Dy Ferrej juckte es sichtlich in den Fingern, den Dreistigkeit dieser Person ein Ende zu setzen und sie vielleicht sogar fortzuscheuchen, indem er Istas Stand und Rang verkündete – und damit auch seinen eigenen. Ista jedoch erkannte zu ihrer eigenen Überraschung, dass sie Carias Gegenwart unterhaltsam fand. Das Geplapper der Witwe störte sie keineswegs, im Gegenteil: Sie wollte nicht, dass Caria verstummte.
    Das stand anscheinend auch nicht zu
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