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Päpste pupsen nicht (German Edition)

Päpste pupsen nicht (German Edition)

Titel: Päpste pupsen nicht (German Edition)
Autoren: Alexander Smoltczyk
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sind. Es war ein Riesenspektakel. Wir drängelten uns bis an die Sitzreihen heran und hatten einen ziemlich guten Blick auf die Bühne.
    Papa reichte mir das Opernglas. Erst hatte ich nur eine Unterwasserlandschaft vor mir, dann fand ich das Rädchen, um scharf zu stellen. Ich sah den roten Altar und viele Männer in schwarzen Kleidern. Jemand rollte ein Kabel aus.
    »Eyy, pass doch auf«, sagte ich wütend, weil mich irgendein Idiot in die Seite geboxt hatte. Der Idiot trug schwarze Lackschühchen, ein Rüschenkleid und hatte einen gewaltigen Lutscher hinter der Backe stecken. »Mann, Elo, wie siehst du denn aus?«
    Ich hatte meine beste Freundin in dem Konfirmations-Outfit erst gar nicht erkannt. Eloise trug eigentlich nie etwas anderes als Jeans und T-Shirt.
    »Ist mir auch peinlich, das Kostüm. Aber taugt als Tarnung.«
    Ich schaute wieder nach vorne zur Bühne. Die Priester hatten sich mittlerweile hingesetzt. Sie waren nass gescheitelt und hatten rosige Gesichter und kicherten rum wie auf einem Schulausflug. Plötzlich sah ich einen Schatten, der mir sehr wohl bekannt vorkam. Ich kann nicht gerade sagen, dass es die Lieblingsfigur in meinem Leben war. Denn fette Jungs, die Weihnachtskarpfen die Augen ausstechen, kann ich beim besten Willen nicht zu meinen Lichtgestalten rechnen. Benito. Dieses rosig-runde Engelchen im weißen Ministrantenanzug und Spitzenkragen bis zu den Schweinsöhrchen war tatsächlich Benito. Ich stieß Eloise in die Seite, aber meine Freundin war bereits abgetaucht. Benito stand hinter allen Absperrungen und trug eine braune Bibel in der Hand. Das heißt … Selbst für eine Bibel war das Paket etwas übergewichtig. Das war keine Bibel, das war der Kasten.
    »Der Kasten! Benito hat den Kasten dabei. Elo!«, rief ich aufgeregt. »Elo?« Wo steckte sie nur?
    »Komm jetzt, Smilla.« Das war Papa. Er drängelte, wir sollten uns weiter weg von den Lautsprechern stellen.
    »Moment, gleich.« Ich sah, wie Benito sich nach allen Seiten umschaute. Die Messe würde in einer Viertelstunde beginnen. Was er auch vorhatte, ihm blieb nicht viel Zeit. Mit dem harmlosesten Gesicht der Welt schlenderte Benito am Altar vorbei, wo die Oblaten aufbewahrt wurden. Keiner schien auf ihn zu achten. Dann zuckte er zusammen und starrte auf etwas hinter der innersten Absperrung, mit einem Blick, als würde sich dort der Teufel persönlich die Hufe reinigen. Eloise! Das durfte nicht wahr sein. Meine beste Freundin musste sich irgendwie durch die Absperrungen geschmuggelt haben, wahrscheinlich hatte ein Schweizergardist sie wiedererkannt. Und jetzt quasselte sie wild herumfuchtelnd auf einen Ordner ein, der offenbar so stur war wie sie selbst.
    »Smilla, komm jetzt. DU wolltest doch unbedingt den Papst hören.«
    »Gar nicht.«
    »Da vorne lassen sie noch Leute rein. Komm schon.«
    »Man sieht doch auch von hier was, Paps.«
    Währenddessen schien sich Benito wieder gefasst zu haben. Man sah, wie der Schweiß seinen Spitzentüll nässte. Jedenfalls bildete ich mir das ein. Er drehte sich noch einmal nach den Aufpassern um, kniete sich hin, als müsse er unbedingt noch seine Schnürsenkel probeknoten, und als er wieder aufstand, hatte er keine Bibel mehr unter dem Arm.
    Verflucht. Er hatte es tatsächlich geschafft. Der Kasten war auf der Bühne versteckt, hinter einer Kabelbox, und Eloise sah nicht so aus, als würde sie daran noch etwas ändern können.
    » SMILLA , du kommst jetzt SOFORT hierher!« Papa wieder, jetzt mit seiner Schäferhundedressurstimme. Da half nichts mehr. Mist, Mist, Mist. Um uns herum fingen die Leute an, wie bescheuert ihre weiß-gelben Fähnchen zu schwenken. Posaunen tröteten, ein Chor fing an zu singen, es wurde sehr feierlich und immer lauter. Der Papst war angekommen. Ich sah ihn nicht, aber ich spürte ihn. Die Leute drängelten plötzlich ganz anders und alle schauten in eine Richtung. Neben mir stand eine hagere Frau, reckte ihre Handykamera in die Luft und kreischte immer nur den Namen des Papstes, als wäre sie im Stadion. Die Sache war gelaufen. Es war vorbei. Die Vögel würden gleich aufsteigen wie ein Geschwader bei der Luftschau, und wenn der Schwarmschreiber so funktionierte wie bisher, dann würde in einer Stunde alle Welt von dem kleinen süßen Geheimnis unseres Papstes wissen. Armer Prälat Dienstbier. Das würde er nicht überleben. Ich fühlte mich leer und kalt. So wie einer von den Igeln, die immer an der Autobahn liegen. Klar, sobald der Papst nicht mehr das sagte,
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