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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer
Autoren: Tad Williams
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Namens.«
    »Wie einen Zugangsschlüssel, meinst du? Mit dem wir überall reinkommen, wo wir sonst nie reinkommen würden? Und vielleicht sogar ganz aus dem Netzwerk raus?«
    »Oder in die Dateien und Datenbanken der Gralsbruderschaft hinein.« Er bleckte die Zähne. »Wenn ja, dann könnten wir ihnen einige Unannehmlichkeiten bereiten.«
    »Oh, !Xabbu !« Sie klatschte vor Vergnügen in die Hände. »Das wäre mehr, als ich seit langem zu hoffen gewagt habe! Vielleicht könnten wir endlich an Informationen über Stephen und die vielen andern rankommen …«
    Ihre Euphorie wurde durch das Auftauchen von Emily unterbrochen, die mit langen Schritten und rudernden Armen den Hügel heruntergerannt kam, als wären Dämonen hinter ihr her. »Helft mir!« schrie sie. Renie sprang auf.
    Als Emily vor ihnen zum Stehen kam, war ihr Gesicht von Qual und Wut verzerrt. »Ich hab euch doch gesagt, daß ich Hunger hab und was essen muß! Du wolltest nachschauen, hast du gesagt, aber gemacht hast du’s nicht, und ich sterbe vor Hunger! Es gibt hier nirgends irgendwas!«
    Renie war verblüfft, wie außer sich das Mädchen war. Woher sollten sie wissen, ob Emily wirklich etwas zu essen brauchte oder nicht? Sie wußten nicht einmal, was sie war, ganz zu schweigen davon, in welcher Form sie mit dem Netzwerk interagierte. Vielleicht ging es ihr tatsächlich schlecht. »Wir helfen dir suchen …«, begann sie, aber wurde von einem zornigen Aufschrei unterbrochen.
    »Ich hab schon gesucht, das sag ich doch, und es gibt hier nirgends was! Es ist ja nicht bloß für mich! Du hältst mich für egoistisch und dumm, dabei kennst du mich gar nicht! Es ist für mein Baby! Ich hab ein Baby im Bauch!«
    »Schon wieder?« entfuhr es Renie, und schnell fügte sie hinzu: »Ich wollte sagen, immer noch?«
    »Du weißt gar nichts über mich«, jammerte Emily und sank dann bitterlich weinend zu Boden.
    »Es kann wirklich sein, daß wir was für sie finden müssen«, sagte Renie zu !Xabbu und seufzte. »Vielleicht gibt’s irgendwo, was weiß ich, irgendwelche halbfertigen Früchte, die wir ihr pflücken könnten.« Sie musterte das Mädchen. »Sie ist immer noch schwanger. Was ist das bloß für eine Geschichte?«
    !Xabbu befühlte das Feuerzeug mit seinen geschickten Fingern und tastete es überall ab, als läse er ein langes Gedicht in Blindenschrift. »Vielleicht sollten wir uns doch woanders hinbegeben«, bemerkte er. »Wo die Umgebung gewohnter ist und wo Emily etwas zu essen und ein bißchen Häuslichkeit und vertraute Sachen vorfindet.«
    O ja, vertraute Sachen wie Geburtshelfer, lag es Renie auf der Zunge, doch da kam ihr ein neuer, beunruhigender Gedanke. »Wann wirst du dein Kind bekommen?«
    Emilys Schluchzen hatte etwas nachgelassen. »Ich … ich weiß nicht.«
    »Wann hattest du zuletzt deine Periode – deine Monatsblutung?«
    Das Mädchen zog die Stirn kraus. »Sie ist sechs Wochen überfällig. Daran hab ich’s gemerkt.« Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Und mir ist irgendwie … komisch.«
    Renie seufzte erleichtert. Bei den Dünnen war es manchmal schwer zu sagen, aber wie es klang, war es bei Emily noch lange nicht soweit, selbst wenn man die verzerrte Netzwerkzeit berücksichtigte. »Wir sehen zu, daß wir dir helfen können«, sagte sie in etwas milderem Ton als vorher. »Wir werden für dich was zu essen finden …« Sie brach ab. !Xabbu war sehr still geworden, und seine Finger bewegten sich jetzt ganz langsam. Er blickte nicht mehr auf das Metallding in seinen Händen, sondern in eine unbestimmte Ferne; es sah fast so aus, als lauschte er auf etwas.
    »Renie«, sagte er ruhig, »ich glaube, ich habe eine Öffnung gefunden, und sie ist hier ganz in der Nähe. Vielleicht ist es die, durch die wir gekommen sind …«
    »Das ist gut, das ist sehr gut!« Emilys Probleme mochten sein, wie sie wollten, wenn der Buschmann das Feuerzeug unter normalen Umständen bedienen konnte, dann standen die Zeichen für vieles günstig.
    »… Aber irgend etwas Merkwürdiges geht da vor. Ich fühle jemanden da draußen.«
    »Was soll das heißen?« Eine jähe innere Kälte gab ihrer Stimme einen schneidenden Ton. »Was meinst du mit ›jemand‹? Wen?«
    !Xabbu schloß die Augen und schwieg eine ganze Weile, wobei er das Feuerzeug so vorsichtig in seinen kleinen dunklen Fingern hielt, daß er wie ein Edelsteinschleifer aussah, der zum letzten vollendenden Schliff ansetzt. »Das wird sich verrückt anhören«, sagte er schließlich. »Es
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