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Ostseefluch

Titel: Ostseefluch
Autoren: Eva Almstädt
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ausgelöst.
    Gabler war aufgrund ihrer Ermittlungsergebnisse mit der Hamburger Staatsanwaltschaft in Kontakt getreten. Die Umweltpolizei und das Hamburger Pflanzenschutzamt hatten vor ein paar Monaten bei der Durchsuchung eines Handelsbetriebes Geschäftsunterlagen, Computer sowie vierhundert Kilogramm nicht verkehrsfähiger Pflanzenschutzmittel sichergestellt. Die weiteren Nachforschungen hatten die Ermittler damals zu einem Gefahrstofflager im Hamburger Hafen geführt, wo illegale Pflanzenschutzmittel in noch viel größerem Umfang eingelagert und von dort an nationale und internationale Geschäftspartner verkauft worden waren. In einer gemeinsamen Aktion mehrerer Bundesländer waren daraufhin Betriebe in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen durchsucht worden. Dabei hatten die Beamten mehr als dreißig Tonnen illegaler Pflanzenschutzmittel, zum Teil hochgiftige Substanzen, sichergestellt. Es handelte sich sowohl um Mittel, die noch in anderen EU-Staaten zugelassen sind, als auch um solche, die EU-weit schon lange keine Zulassung mehr haben. Der Handelsbetrieb hatte Containerladungen mit illegalen Pflanzenschutzmitteln aus anderen EU-Staaten, China und Indien geliefert bekommen und damit die schwarze Nachfrage nach etwa fünfzig verschiedenen Chemikalien bedient. Unter anderem auch die nach einem verbotenen Wuchsstoff, der für die Weihnachtsbaum- und Weihnachtssternproduktion verwendet wird. Laut Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wurden die nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittel in Produktionsbetriebe und Handelsunternehmen verkauft, wo sie dann schwerpunktmäßig in der Produktion von Zierpflanzen eingesetzt wurden.
    Ingwers’ Betrieb war im Zuge der Ermittlungen der Hamburger Staatsanwaltschaft mit in Verdacht geraten, illegale Pflanzenschutzmittel abgenommen zu haben und einzusetzen, und daraufhin durchsucht worden. Doch Rudolf Ingwers’ Firma gehörte zu jenen, in denen die Fahnder nicht fündig geworden waren. Im anderen Fall hätte ihm wegen des Handels und der Anwendung von nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln die Zahlung eines Ordnungsgeldes von bis zu fünfzigtausend Euro gedroht. Aber das wäre wohl noch Ingwers’ geringeres Problem gewesen. Hätte man die bewussten Chemikalien bei ihm gefunden, hätte sich der Verdacht, die Schuld am Tod von Nina Schraders ungeborenem Kind zu tragen, erhärtet.
    Es war Rudolf Ingwers’ Pech, dass seine Frau die entführte Zoe ausgerechnet in den stillgelegten Gewächshäusern auf Fehmarn vor ihm und der Welt versteckt hatte. Ansonsten wären die illegalen Substanzen wohl nie wieder aufgetaucht. Dort hatte er nämlich in einer Nacht- und Nebelaktion noch rechtzeitig vor der Razzia achtzig Kilogramm illegaler Pestizide in Sicherheit gebracht. Man fand sie unweit der Voliere, in der Zoe eingesperrt gewesen war. Ingwers hatte die Pestizide in einem Nebenraum eingelagert, in Behältnissen, die normalerweise legale Düngemittel enthielten.
    »Ich versteh immer noch nicht, wieso Judith Ingwers das kleine Mädchen entführt hat«, sagte Broders, als sie sich nach einer langen Besprechung zu dritt in Pias neuem Büro eingefunden hatten. Rist lehnte an der Fensterbank, Heinz Broders streckte sich im Besucherstuhl aus, und Pia saß mit baumelnden Beinen auf ihrem Schreibtisch.
    Sie drückte ihr Kreuz durch, das nach dem langen Sitzen im Besprechungsraum schmerzte. »Milenas Tod hat Judith Ingwers vollkommen aus dem Gleichgewicht gebracht. Trauer, Angst, Schuldgefühle ... Vielleicht war die Entführung Zoes der unbewusste Versuch, noch mal von vorn anzufangen.« Es war das gleiche Motiv, das sie auch bei Rudolf Ingwers vermutet hatte.
    »Schuldgefühle? Aber sie hatte Milena doch gar nichts angetan«, meinte Broders. »Jesko Ebel war es.«
    »Judith Ingwers war die Letzte, die ihre Tochter lebend gesehen hat, den Täter ausgenommen«, sagte Pia nachdenklich. »Man muss sich das einmal vorstellen: Sie war auf Mordkuhlen und hat sich mit Milena gestritten. So heftig, dass das Mädchen hinaus in den Garten gelaufen ist, um seine Wut im Gemüsebeet abzureagieren. Judith Ingwers hat Milena dort zurückgelassen und ist mit dem Land Rover, den sie vor dem Haus geparkt hatte, weggefahren, um mit den Hunden zu trainieren. Kurz darauf kam dann Ebel. Er hat ausgesagt, dass er beobachtet hat, wie Judith Ingwers weggefahren ist. Hätte sich Judith nicht mit ihrer Tochter gestritten, wäre Milena wohl nicht in den Garten gelaufen. Auch wenn
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