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Ostseefluch

Titel: Ostseefluch
Autoren: Eva Almstädt
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sicher fühlte. Vielleicht würde sie Ebels Überfall auch nie ganz vergessen. Wenn sie in Toms und Marlenes Wohnung zog, musste sie das gar nicht erst herausfinden. Aber war das wirklich das Richtige für sie? Und würde sie das Leben im Gängeviertel nicht vermissen?
    Die beiden Kollegen schienen von ihren abschweifenden Gedanken nichts zu bemerken. Heinz Broders schaufelte sich die Reste aus der angebrochenen Kekspackung in den Mund.
    »Du saust mir den ganzen Schreibtisch ein, Broders.« Pia versuchte, sich abzulenken. Die Gedankenspirale führte zu nichts.
    »Ich werde dich auch immer lieben, Engel«, entgegnete er. »Bis zum bitteren Ende.« Die Krümel rieselten.
    »Das war ja beinahe schon ganz nah«, sagte Rist.
    Pia warf ihm einen prüfenden Blick zu. Sollte das etwa ein Vorwurf sein? Sie war immer noch unentschieden, ob sie mit ihm wirklich gut würde zusammenarbeiten können. Und die Gerüchte, er käme als Gablers Nachfolger in Betracht, hielten sich hartnäckig.
    »Eines verstehe ich noch nicht«, sagte er und sah ihr in die Augen. »Was hat Ebel wirklich dazu getrieben, dir diesen Besuch abzustatten?«
    »Er ist in Panik geraten. Ebel wusste, dass ich sowohl mit seinem Exkollegen Bittner als auch mit Patrick Grieger gesprochen hatte. Wenn mir Bittner von Nina Schraders Schicksal und ihrem gemeinsamen toten Kind erzählt hätte und Patrick Grieger von dem Verdacht, dass illegale Pestizide schuld daran sind ... dann hätte ich sein Motiv gekannt.«
    »War er wirklich so naiv zu glauben, dass du allein im Besitz dieser Informationen bist?«
    »Zu dem Zeitpunkt war ich es«, räumte Pia etwas widerstrebend ein. »Ich hatte noch keinen Bericht über mein Gespräch mit Bittner geschrieben, und aufgezeichnet hatte ich es auch nicht. Ebel hielt sich für sehr schlau. Er wollte, was mich betraf, kein Risiko eingehen ...«
    »Und warum hat er Hauke Andersen mit hineingezogen?«
    »Um ihn der Polizei als möglichen Täter zu präsentieren. Er hat ihn zu mir gelockt, die Waffe mit seinen Fingerabdrücken aus Andersens Garage entwendet und auch noch vorsorglich ein Tütchen vermeintlicher DNA-Spuren mitgebracht.«
    » CSI Miami sei Dank.«
    »Vermutlich, ja. Und er dachte wohl, dass es auf einen Mord mehr oder weniger nicht ankommt. Da hat er alles auf eine Karte gesetzt. Einen Menschen hatte er ja bereits umgebracht.«
    »Und dann ist er die Balkons hoch, in deine Wohnung eingestiegen und hat dich mit dem Hammer angegriffen.« Rist schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Hey, ich hab ihn nicht eingeladen!«
    »So ist es nun mal mit ihr.« Broders schüttete sich die restlichen Keksstücke in den Mund. »Jetzt weißt du, was ich jeden Tag durchmache.«
    »Du?«, fragte Pia.
    »Es war nicht schön, dich da in diesem Chaos in deiner Wohnung anzutreffen, wirklich nicht, Pia!« Er wischte sich die Krümel vom Mund. »Noch dazu mit irgend so einem Kerl«, setzte er hinzu.
    Sie verzichtete auf eine Entgegnung.
    Rist sah sie mit einem spöttischen Glitzern in den Augen an. »Nach unserem ersten Zusammentreffen vor vier Jahren hatte ich ja einiges erwartet«, sagte er. »Aber du hast es noch übertroffen.«

Epilog
    Liebste Nina,
    ich schreibe dir in der Hoffnung, dass dir jemand meinen Brief vorliest. Und ich glaube fest daran, dass du ihn eines Tages zur Hand nehmen und ihn wieder selbst lesen können wirst. Spätestens dann wirst du verstehen, warum das, was passiert ist, einfach geschehen musste. Und dass ich es für dich, für uns und für unsere Tochter getan habe. Jetzt muss es dir noch wie Verrat vorkommen: Ich kann dich nicht mehr in der Klinik besuchen kommen, und das wahrscheinlich für sehr lange Zeit. Das ist das Einzige, was mir wirklich leidtut.
    Ein Mensch wie Rudolf Ingwers, der aus Habgier und Gleichgültigkeit dein und das Leben unseres Kindes auf Spiel gesetzt und vernichtet hat, musste bestraft werden. Ich habe ihn genau beobachtet, seine Arroganz und Menschenverachtung, wie er dich angesehen hat, ohne Mitleid, wie ein lästiges Subjekt. Der Tod wäre zu gut für ihn gewesen. Er musste leiden, er sollte bereuen. Diese Zeit wollte ich ihm geben. Seine Tochter Milena war sein Fleisch und Blut, und auch wenn sie sich nicht mit ihm verstanden hat, habe ich ihren herablassenden Äußerungen, ihrem gesamten Habitus entnommen, dass sie kein Stück besser war als er. Sie war sein einziges Kind, wie unsere Kleine unsere einzige war, mit dem Unterschied, dass wir unsere Tochter niemals lebend in den Armen
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