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OstfriesenKiller

OstfriesenKiller

Titel: OstfriesenKiller
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Sohn Eike.«
    Brav schüttelte Eike Weller die Hand, aber Eike spürte genau, dass er eigentlich störte. Nein, das hier war keine Dienstbesprechung. Dafür sah das alles viel zu sehr nach intimer Zweisamkeit aus. Es lief leise Musik im Hintergrund. Tracy Chapman.
    Einerseits war Eike enttäuscht, denn er hätte gerne mit seiner Mutter allein sein wollen. Andererseits war er auch unheimlich erleichtert. Das hier machte alles viel einfacher. Sein Papa war jetzt nicht mehr der böse Ehebrecher, sondern auch Mama hatte einen Freund.
    Wer weiß, wie lange das schon läuft, dachte Eike.
    »Geht’s dir gut, Mama?«, fragte er.
    Sie wischte sich die Tränen vom Gesicht, lachte und nickte. »Ja, wie man’s nimmt, mein Junge. Im Grunde geht’s mir ganz gut. Setz dich. Willst du mit uns essen?«
    »In zwei Minuten sind die Thunfischsteaks so weit. Du wirst staunen!«, rief Weller nicht ohne Stolz. Noch bevor er die Steaks auf die Teller legen konnte, vibrierte das Handy an seinem Gürtel.
    Die Nachricht veränderte die Situation augenblicklich. Ein Angler hatte in Norddeich-Mole einen Schuss gehört und anschließend einen Verletzten aus dem Wasser gefischt. Er wurde gerade vom Notarzt versorgt. Sein Name sei Ludwig Bongart.
    »Ich komm mit!«, rief Ann Kathrin.
    »Du bist raus aus dem Fall«, sagte Weller, aber es klang nicht wie ein Einwand.
    »Ich weiß«, nickte sie.
    Sie gab ihrem Sohn einen Kuss auf die Wange und verschwand mit Weller.
    Eike schaltete die Herdplatte aus, bevor er ging. Er probierte nichts. Er war nicht mal traurig. Es kam ihm so vor, als habe er gerade sein ganzes Leben in Sekunden noch einmal vor Augen geführt bekommen. So war es doch immer gewesen. Er machte sich Sorgen um seine Mutter, kämpfte um ihre Liebe und Aufmerksamkeit, dann geschah irgendein Scheiß, der wichtiger war als er, und sie verschwand.
     
    Der Notarzt versorgte Ludwig Bongart noch, als Ann Kathrin und Weller in Norddeich-Mole eintrafen. Ludwig war bei Bewusstsein, und er wollte reden. So eine Situation erlebte Ann Kathrin nicht zum ersten Mal. Angeschossene oder verletzte Personen, die Angst hatten zu sterben, bekamen plötzlich eine große Sehnsucht nach der Wahrheit. Sie wollten die Dinge ins Reine bringen und sich von der Seele reden. Schon zweimal hatte sie am Krankenbett in der Intensivstation die entscheidenden Hinweise zur Lösung eines Falles erhalten. Einmal ein Mordgeständnis und einmal eine Zeugenaussage.
    »Es war Sylvia«, stöhnte Ludwig, »Sylvia Kleine.«
    Das nahm Ann Kathrin ebenso wenig ernst wie Weller.
    »Haben Sie ihm ein Mittel gegeben, das das Bewusstsein benebelt?«, fragte Weller.
    Der Notarzt schüttelte den Kopf. »Er hat eine Kugel im Bauchraum. Er verliert sehr viel Blut. Eine Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff kann ich nicht ausschließen.«
    Ludwig hustete und spuckte Blut aus.
    »Bitte«, sagte der Arzt, »Sie können den Mann jetzt hier nicht vernehmen. Wir müssen ihn ins Krankenhaus transportieren.«
    Auf einer Trage wurde Ludwig in den Krankenwagen gehoben. Ann Kathrin stieg ungebeten mit ein. Weller folgte ihr.
    Ludwig hustete: »Sie glaubt, ich sei gar nicht wirklich mit Pia zusammen. Ich sei ein V-Mann.«
    »Ein was?«
    »Ein V-Mann. Ich würde im Auftrag der CIA Terroristen ausspionieren, bevor sie Anschläge machen.«
    »Sie haben ihr weisgemacht, Sie würden Pia nur beschatten?«, fragte Ann Kathrin. Sie begann das Ausmaß der Verstrickungen zu erahnen.
    »Sie hat mich mit ihrer Liebe terrorisiert! Ich wusste mir nicht mehr zu helfen. Sie hat sich vor die Tür geworfen, wenn ich zu Pia wollte. Sie können sich nicht vorstellen, was für ein Theater die gemacht hat.«
    Er wurde von erneutem Husten unterbrochen.
    Entsetzt gab Ann Kathrin Weller ein Zeichen. Während der Notarzt einen zweiten Zugang für einen Tropf in Ludwigs Arm anbrachte, gab Weller bereits durch sein Handy die Nachricht an die Polizeiinspektion durch: »Vermutlich ist Sylvia Kleine die von uns gesuchte Person.«
    Es sah für Ann Kathrin so aus, als ob Ludwig das Bewusstsein verlieren würde, aber er schloss nur die Augen und versuchte, weiterzusprechen.
    Ann Kathrin konzentrierte sich ganz auf sein Gesicht. Das war schon schlimm genug. Auf keinen Fall wollte sie wissen, was der Arzt da hinter ihrem Rücken an seinem Bauch machte. Sie hatte Angst, dass ihr schlecht werden würde und sie ohnmächtig werden könnte.
    Ann Kathrin hielt ihr Ohr dicht an Ludwigs Mund. Er spuckte wieder Blut. Sie spürte, wie sein
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