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Orcs ante Portas

Orcs ante Portas

Titel: Orcs ante Portas
Autoren: Martin Scott
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sie einen Blick auf die Worte geworfen, verhärtet sich ihre Miene.
    »Findet das vielleicht jemand witzig?«, knurrt sie und sieht sich wütend um.
    »Was ist denn los?«
    »Das ist nicht elfisch. Das ist orkisch.«
    Davon will ich mich selbst überzeugen.
    »Orkisch?«
    In Turai sprechen nur sehr wenig Menschen orkisch, und noch weniger können es lesen. Makri und ich sprechen beide fließend die orkische Umgangssprache. Ich werfe einen Blick auf die schöne Schrift auf der Karte.
    »Für Turais schönste Blume. Von Harm, dem Herrscher des Königreichs von Yall.«
    Makri ist verblüfft, und ich nicht weniger.
    »Harm der Mörderische, schickt dir Blumen?«
    »Sieht so aus.«
    »Ein schmieriger Ork-Lord«, knurrt Makri und schleudert die Blumen zu Boden. Ohne sich die Mühe zu machen, sie vorher aus der Vase zu nehmen.
    »Das waren so schöne Blumen«, protestiert Dandelion.
    »Ich nehme keine Geschenke von Orks an«, erklärt Makri und stürmt davon.
    Harm, Herrscher des Königreichs von Yall, besser bekannt unter dem Namen Harm der Mörderische, ist eigentlich nur ein Halb-Ork. Die andere Hälfte ist menschlich, so weit ich weiß. Aber er ist dennoch ein Ork-Lord und außerdem auch noch ein ziemlich verrückter Zauberer. Angeblich hat er sich in einer ausgesprochen ekelhaften Zeremonie selbst aus dem Reich der Toten zurückgeholt und dadurch seine Macht verstärkt. Vor ein paar Monaten ist er in Turai aufgekreuzt und hat versucht, Lisutaris, der Herrin des Himmels, einen sehr wichtigen Stein zu stehlen. Er war sichtlich beeindruckt, als er Makri begegnet ist. Und zwar so sehr, dass er ihr angeboten hat, ihr Leben zu verschonen, wenn die orkischen Truppen in naher Zukunft unsere Stadt dem Erdboden gleichmachen würden. Makri hat ihn mit einem Schwinger außer Gefecht gesetzt, was ein ziemliches Spektakel gewesen ist – und außerdem längst überfällig. Harm hat damals versucht, Turai zu vernichten, und hätte noch viel Schlimmeres verdient. Er hasst uns aus ganzem Herzen. Warum er sich zu Makri hingezogen fühlt, kann ich mir allerdings überhaupt nicht erklären.
    Ich bin froh, dass sie auf seine Blumen so ungnädig reagiert hat. Einen winzigen Sekundenbruchteil lang habe ich befürchtet, dass Makri sich freuen würde. Obwohl es kaum jemand vermuten würde, ist sie sehr anfällig selbst den kleinsten Geschenken gegenüber, vor allem, wenn es sich um Blumen handelt. Ich habe in der Vergangenheit selbst einige kleinere Meinungsverschiedenheiten zwischen uns mit ähnlichen Opfergaben schlichten können. Natürlich wäre ich nicht von allein darauf gekommen. Immerhin ist Makri eine wahnsinnige axtschwingende Amazone, und ich bin nicht gerade ein Kerl, der in der Öffentlichkeit mit einem Blumenstrauß im Arm herumläuft. Tanrose hat es vorgeschlagen. Und es hat großartig funktioniert. Es hat wohl etwas damit zu tun, dass Makri in einer Gladiatorensklavengrube aufgewachsen ist und nie irgendwas geschenkt bekommen hat. Jedenfalls ist Tanrose dieser Meinung.
    Der Gedanke an die Köchin ruft mir schmerzlich in Erinnerung, dass ich schon seit einigen Stunden nichts mehr gegessen habe. Ich leiste mir eine große Schüssel Eintopf, die erneut nicht einmal annähernd das Mindestniveau erreicht. Wenn ich auf dem Schlachtfeld den Heldentod erleide, will ich ihm nicht wie ein Mann gegenübertreten, der seit Monaten kein ordentliches Essen mehr genossen hat. Ich stehe auf.
    »Es wird Zeit, Tanrose zurückzuholen, und ich werde diesmal kein Nein als Antwort gelten lassen«, verkünde ich. »Ich bestehe quasi nur noch aus Haut und Knochen.«
    »Du bist nur geringfügig kleiner als ein Elefant«, erklärt Makri.
    »Eben. Sag ich doch. Ich schwinde dahin. Ich hole Tanrose zurück.«
    Als ich die Kaschemme verlasse, kommt mir eine kleine Gestalt entgegen. Sie hat dunkle Haare, blasse Haut und trägt die einfache Kluft einer Marketenderin. Das ist Marihana, Dritte in der Hackordnung der Meuchelmördergenossenschaft. Eine verachtenswürdige Frau mit einem verachtungswürdigen Beruf. Ich weiche einen Schritt zurück, und meine Hand klatscht auf meinen Schwertgriff.
    »Was willst du denn hier?«, stelle ich sie zur Rede.
    »Das geht dich nichts an«, antwortet Marihana unbeeindruckt.
    Wie immer kann ich kaum glauben, dass diese kleine, unschuldig und fast noch kindlich aussehende Frau eine so berüchtigte Meuchelmörderin ist. Sie sieht aus, als sollte sie die Schulbank drücken, nicht Leute auslöschen. Aber sie löscht Leute aus,
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