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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Rauch seiner Zigarette tief ein. »Sie wollte so schnell wie möglich weg. Sie hat mir gesagt, dass sie müde sei, dass sie nach den langen Dreh wochen nicht mehr an ihrem Trullo in Ostuni vorbeischauen werde, sondern lieber ein paar Tage in …? Wo wohnte sie noch mal?«
    »Hamburg.«
    »… in Hamburg ihre Ruhe haben möchte. Doch auf dem Abschiedsfest war sie bestens gelaunt, hielt Hof wie eine Königin. Sie hatte so was, keine Ahnung, wie man das beschreiben soll. Sie war ein Barometer, weißt du? Sie konnte die Truppe mitreißen, hatte für jeden einen tollen Spruch, die Frauen waren ihre besten Freundinnen, nicht alle, aber viele, die Männer waren hinter ihr her. Alle. Hätten für ein Lächeln von ihr getötet. Logisch.« Er zuckte mit den Achseln und sah Eva versonnen an. Dann fuhr er fort: »Wir haben mit Tamburinen in den Händen getanzt und für das Team die Liebesszene nachgespielt, wie sie eigentlich hätte stattfinden müssen. Die haben sich unter die Tische gelacht.«
    Eva schaute unruhig auf die Uhr, sie musste in vierzig Minuten wieder in Ostuni sein.
    »Was war mit Jannis?«, fragte sie. Sie sehnte sich nach ihm, so sehr, dass es irgendwo ganz tief in ihr drin schmerzte. Wenn er jetzt hier wäre, würde sie ihn dermaßen fest an sich drücken, dass er nicht wüsste, wie ihm geschähe.
    »Jannis?«
    »Assistent von Anna, der Maskenbildnerin.«
    »Il biondino!« Der junge Blonde!
    »Genau der!«
    »Der war mit ein paar Leuten baden. Da gibt es so eine Geschichte …«
    Eva winkte ab. »Schon gut, und was passierte dann? Nach der Liebesszene?«
    »Ach, weißt du …« Er bewegte seine Hand neben seinem Kopf, als ob er eine Spule drehte, und grinste. Ein Mann genießt und schweigt.
    »Am nächsten Morgen sagte sie, wir sehen uns spätestens zur Premiere im November in Rom! In diesem Satz lag schon der komplette Abschied. Ihre typische Unruhe, so energiegeladen, immer nach dem Motto: Wann kann ich hier weg, was mache ich morgen?« Er zuckte mit den Schultern. »Du wolltest mir doch was zurückgeben?«
    »Wenn du erlaubst, behalte ich deine Kinderkrawatte jetzt doch, als Andenken!«
    »Aber gerne!«
    Wieder schmiegte sie sich an seinen breiten Rücken, als sie mit dem Motorrad nach Ostuni zurückrasten. Es war alles gut, sie hatte ihn gefunden, nun würde sie Georg die Entscheidung überlassen, ob er es Elio sagte. Und zu welchem Zeitpunkt dann auch Emil.
    Auf dem Bahnhofsvorplatz sprang sie vom Sozius und schaute sich um. Zwanzig nach vier, zu spät. Auf dem Vorplatz war niemand zu sehen. Er war nicht gekommen. Sie rannte auf den Bahnsteig. Auch hier war es leer, wie immer, wenn man Verspätung gut gebrauchen könnte, war der Zug schon durch. Nur ein dicker Mann schuffelte an ihr vorbei, sein grauer Hosenboden hing traurig herunter.
    Er war wirklich nicht gekommen …! Sie tastete nach ihrem Handy, rief noch einmal seine Antwort von ihm auf, die er ihr nach der verräucherten Landung in Bari geschrieben hatte:
    Bleib, wo du bist, war sowieso auf dem Weg, dich mit einer sehr peinlichen Aktion zu überraschen. Komme morgen Nachmittag um 16.10 Uhr in Ostuni an.
    Und dann sah sie ihn. Lässig, mit verschränkten Armen, lehnte Jannis an einer Säule und beobachtete sie.
    »Wie lange stehst du denn schon da?!« Sie wollte sich in seine Arme werfen, doch ein großer Frosch, der grün und nass glitzernd vor seinen Füßen hockte, die Augenlider auf Halbmast, die Mundwinkel ebenso, hielt sie davon ab.
    »Du hast den verzauberten Märchenprinzen mitgebracht!«
    »Darf ich vorstellen? Das ist Angela! Wir haben uns gerade schon die Abfahrtszeiten angeschaut, da wir nicht wussten, ob Madame Unentschlossen überhaupt eintreffen würde!«
    Eva verbarg ihr Gesicht in den Händen: »O Gott, es tut mir so leid!«
    »Komm her!« Er nahm sie in die Arme und küsste sie. Endlich wieder seinen Mund zu spüren, sich an seinen Körper zu pressen und seinen wundervollen Duft einzuatmen war alles, was sie im Moment wollte.
    »Und du würdest für mich wirklich überall hinziehen?!«, fragte Jannis Minuten später.
    »Überall!«
    »Brauchst du aber nicht. Ich wollte schon immer mal in Hamburg leben.«
    »Und ich in Rom!« Eva nahm sein Gesicht in ihre Hände, sie konnte ihm gar nicht nahe genug sein.
    »Also wieder zurück?«
    »Wie wäre es heute Abend erst mal mit Ostuni? Wir haben Vollmond! Einen Orangenmond!«
    »Eine weitere magische Nacht? Aber diesmal darf ich reden, oder?«
    »Diesmal darfst du alles!«
    »
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