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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger
Autoren: Andreas Gößling
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anstelle des hundertfach zerbissenen Lederriemens. »Mein Auserwählter«, flüsterte Klara nah an seinem Ohr, »nie mehr werde ich zulassen, dass irgendwer uns trennt.«
    Sie zog
Das Buch der Geister
unter ihrem Gewand hervor. Der Einband aus schwarzem Kaninchenleder sah mittlerweile stumpf und verfleckt aus, und die halb herausgerissenen Blätter, die an der Längsseite heraushingen, erinnerten Amos mehr denn je an die Zunge eines hechelnden kleinen Tieres.
    Mit den Fingerspitzen fuhr er über die Vorderseite des dünnen kleinen Buchs, und ihm war, als ob ein heißer, heller Strahl von dem Buch bis in sein Innerstes hineinführe. Kronus selbst hatte das Manuskript in diesen Lederfetzen gebunden und den Buchtitel eigenhändig mit einem Messer eingeritzt.
Das Buch der Geister
, stand da in schwer leserlicher Schrift, und darunter, viel kleiner,
Von Valentin Kronus
.
    »Willst du es wieder an dich nehmen?«, fragte Klara.
    Amos schüttelte den Kopf und seine Ketten klirrten. »Erst muss ich diese vermaledeiten Fesseln loswerden.«
3
    E
in paar Habseligkeiten
von Waldo und Franz lagen noch neben dem Kutschbock auf der Straße verstreut – ein ausgeplünderter Geldbeutel, ein leerer Wasserschlauch, die untere Hälfte von einem zerbrochenen Holzkruzifix. Aber den Schlüssel, mit dem der schnauzbärtige Wachsoldat die Schlösser an Amos’ Ketten zugeriegelt hatte, fanden sie nicht.
    »Und was machen wir jetzt?«, sagte Amos. »Mit diesen Fesseln komme ich keine zwei Meilen weit – schon weil sie so elend schwer sind.« Überdies konnte er nur Trippelschritte machen, solange seine Füße mit der Kette umwunden waren, und seine Arme mit den unbeweglich gegeneinander gepressten Händen hingen vor ihm herab wie ein Bündel totes Holz.
    Klara machte schmale Augen, wie immer, wenn sie angestrengt nachdachte. »Wir müssen zurück zur Hütte – zu dem kleinen Jagdhaus«, erklärte sie, weil Amos sie verständnislos ansah. »Du weißt doch – Mutter Sophia hat mich dorthin geschickt, damit ich das Gewehr an mich nehmen konnte. Bestimmt finden wir da auch irgendwelches Werkzeug, mit dem wir die Kette auseinanderbekommen.«
    »Wie weit ist es bis dahin?« Nach den Tagen im Kerker fühlte er sich ziemlich schwach auf den Beinen. Mit den Fesseln um seine Fußknöchel konnte er sich nicht einmal auf die Füchsin schwingen. Und sowieso fühlte es sich für ihn noch ganz unwirklich an, wieder frei zu sein. Ängstlich schaute er sich alle paar Atemzüge um – so als ob im nächsten Moment die Purpurkrieger des Inquisitors herbeigeprescht kämen.
    Klara sah mit besorgter Miene von Amos zu dem unwegsamen Waldstück oberhalb der Straße. »Zwei Meilen«, sagte sie, »vielleicht drei.«
    »Dann reite du allein zurück und ich verstecke mich so lange irgendwo da oben im Gebüsch.«
    Doch davon wollte Klara nichts wissen. »Und wenn die Räuber zurückkommen?«, wandte sie ein. »Der größte Teil ihrer Beute ist ja noch auf dem Wagen.«
    Amos schüttelte den Kopf. »Das waren keine Räuber«, sagte er. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese ganze wilde Horde irgendwie zum Opus Spiritus gehört. Oder zumindest kann die Bruderschaft diese Leute durch die Gegend dirigieren und immer da einsetzen, wo es ihr gerade passt.«
    Klara machte große Augen. »Wie kommst du denn da drauf?«
    »Das erkläre ich dir später. Hilf mir bitte erst mal die Böschung hoch.«
    Klara schob und stützte ihn nach Kräften, aber es war eine mühselige Plackerei, mit den Eisenfesseln steil aufwärts durchs Dickicht zu kraxeln. Schon nach kaum einem Dutzend Schritten war Amos nass geschwitzt. Seine Arme und Beine fühlten sich soschwer an, als ob sie mittlerweile selbst aus Eisen bestünden. Andauernd verfing sich eine Kette im Geäst und außerdem klirrte und schepperte er bei jedem Schritt wie eine ganze Waffenkammer.
    Außer Atem ließ er sich auf einen bemoosten Felsbrocken fallen. »Bis zur Hütte schaffe ich es nie«, brachte er keuchend hervor. »Und das Geschepper muss meilenweit zu hören sein. Lass es uns machen, wie ich es vorgeschlagen habe«, fuhr er fort, nachdem er ein wenig zu Atem gekommen war. »Ich warte hier auf dich – mit der Füchsin bist du im Nu bei der Hütte und wieder zurück.«
    Klara war hinter ihm den Hang hinaufgeklettert und hatte die Stute am Zügel mit sich gezogen. Sie machte das Pferd an einem tief hängenden Ast fest und setzte sich neben ihm auf die Felsbank. Liebevoll lächelte sie Amos an und schmiegte sich für einen
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