Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)

Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)

Titel: Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Autoren: Michael Kibler
Vom Netzwerk:
äußerlich.
    »Darf ich fragen, wie es dazu kam?«
    Frau Ritter sah Margot wieder mit offenem Blick an, mit einer Spur Trotz darin. »Gleich an dem Abend, an dem wir das erste Mal zusammen essen gewesen sind, haben wir gespürt, dass da eine unglaubliche Spannung zwischen uns war. Also sind wir in ein Hotel gegangen. Und haben gleich kapiert, dass wir perfekt zueinanderpassten und einander guttun konnten.«
    »Wie meinen Sie das?« Margot war bewusst, dass sie sich jetzt auf schlüpfriges Terrain begab.
    »Er mochte die dominante Rolle, ich die devote. Klischees, ich weiß, aber es ist nicht einfach, seine Wünsche auszuleben, wenn man keinen Partner hat, der einen respektiert. Devot heißt ja nicht, dass kein Respekt im Spiel ist.«
    Margots Kenntnisse auf diesem Gebiet waren eher theoretischer Natur. Sie hatte die Praxis auch nie vermisst. Wenn man Emil Sachers Leichnam in diesem Licht betrachtete, konnte man die gefesselten Gliedmaßen durchaus auch so deuten, dass hier jemand mit seiner devoten Rolle nicht zufrieden gewesen war und Rache geübt hatte.
    Marlene Ritter sprach weiter. »Wir waren meist in Hotels. Vor einem Jahr in Paris saßen wir abends in einer Bar. Waren nicht mehr nüchtern. Aber so – zufrieden. Dann kamen wir an einem Tattoo-Studio vorbei. Es war meine Idee. Ich habe eine Schwäche für japanische Kalligraphie. Und es gibt ein japanisches Zeichen für ›Eros‹ – also das Begehren. Genau das war es, was uns verbunden hat. Also haben wir uns beide dieses Tattoo stechen lassen. Es war – es war wie die Besiegelung eines Paktes.«
    Margot nickte zwar, hatte aber eine etwas andere Vorstellung von den Beweggründen. Sie glaubte, dass Horndeich mit seiner »Ich-wollte-dich-deiner-Frau-ausspannen«-Theorie näher an der Wahrheit lag.
    Marlene Ritter war noch etwa eine halbe Stunde geblieben und hatte geredet wie ein Wasserfall, bis sie schließlich in Tränen ausgebrochen war und sich nicht mehr beruhigen konnte. Margot hatte einen Arzt gerufen. Der hatte gemeint, Marlene Ritter stehe kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Horndeich hatte eher den Eindruck gehabt, dass sie die Grenze bereits überschritten hatte. Der Arzt hatte ihr vor Ort einen Gnadenhammer gesetzt. Und sie dann ins Krankenhaus fahren lassen.
    Daraufhin hatten Margot und er die große Mühle angeworfen: In München sollten Kollegen den Firmenpartner von Sacher befragen, insbesondere nach seinen Begehrlichkeiten bezüglich des Firmengewinns und vor allem nach einem Alibi. Es wäre durchaus auch für einen Münchner möglich gewesen, Sacher dort umzubringen und dann mit der Leiche nach Darmstadt zu fahren. Horndeich hatte sofort die Akte von Sacher junior im System gecheckt. Marlene Ritter hatte recht gehabt: dreimal Diebstahl in den vergangenen Jahren. Nie etwas Großes – dennoch. Er hatte neben ein paar Verwarnungen auch schon diverse Arbeitsstunden abgeleistet. Der Darmstädter Zoo Vivarium war ihm für etwa achtzig Stunden Gehege ausmisten zu Dank verpflichtet.
    Wieder klopfte es an der Tür.
    Horndeich sah in Richtung Türrahmen. Diesmal keine ansprechende Weiblichkeit, die ihm – das musste er ja nun wirklich zugeben – auf den ersten Blick die Sprache verschlagen hatte. Marlene Ritter war nun wirklich das gewesen, was er unter dem Begriff »attraktive Frau« verstand. Genau bis zu dem Moment, in dem sie den Mund aufgemacht hatte. Sozusagen.
    Im Türrahmen stand Kollege Paul Baader, der Kopf des Teams der Spurensicherung. »Hab den vorläufigen Bericht für euch.«
    Margot hatte sich gerade wieder einen Kaffee gemacht. Als sie aufstand, war Horndeich einmal mehr aufgefallen, dass sie in den vergangenen Wochen ziemlich abgenommen hatte. Aber er konnte sie kaum darauf ansprechen. Sie wehrte immer sofort ab. Kaffee als Ersatz für Nahrung – selbst mit der inzwischen vierfachen Ration an Zucker war das kaum nahrhaft zu nennen.
    »Lass hören«, meinte Horndeichs Kollegin.
    Baader setzte sich auf den Stuhl, auf dem zuvor Marlene Ritter gesessen hatte.
    »Also: Wir wissen, wo der Bewusstlose in den Woog gelassen wurde.«
    »Gut. Wo war das?«, wollte Margot wissen.
    Baader legte den DIN-A3-Fotoausdruck des Badesees aus der Vogelperspektive auf den Tisch. Dann zeigte er auf eine Stelle im Südwesten, auf den Fußweg, der parallel zur Heinrich-Fuhr-Straße verlief.
    »Hier. Ist keine Überraschung – das ist ziemlich nah bei der Stelle, wo die Leiche aufgetaucht ist. Da ist ein Zaun zum Fußweg hin, der ist nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher