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Opfere dich

Opfere dich

Titel: Opfere dich
Autoren: Laura Wulff
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spitzen Schrei von sich. Sie hustete, weil sie sich an ihrem Speichel verschluckt hatte. Panisch versuchte sie, der Spitze, die ihre Haut einritzte, auszuweichen, aber ihre Fesselung machte dies unmöglich.
    Nachdem er fertig war, schien der Täter sein Werk zu betrachten. Er zog mit seinen Fingerspitzen Kreise über die Buchstaben S und T, die nun Megans rechte Brust zierten. „Du hast wunderschöne Brüste“, sprach er sanft und drückte ihre Haut zusammen, damit Blut aus den Wunden quoll.
    „Warum redet er so mit ihr, so …“, während er nach den richtigen Worten suchte, wischte sich Benhurst mit dem Ärmel Schweiß von seiner Stirn, „na, so liebevoll?“
    Lombard nahm seine Brille ab und reinigte mit einem Taschentuch die Brillengläser. „Er ist ein ,organisierter Täter‘, überdurchschnittlich intelligent und sozial integriert. Selbst in diesem Moment vergisst er seine gute Erziehung nicht, aber irgendwann kippt die Situation. Dann zeigt sich das Monster in ihm.“
    „Hat er auch mit dir so gesprochen, am Telefon?“ Benhurst war sichtlich irritiert.
    „Was hast du erwartet? Eine keifende Bestie, die wild um sich schlägt?“, stichelte Storm, obwohl sie selbst erstaunt darüber war, dass der Wachsmörder seinem Opfer Komplimente machte, denn eigentlich beabsichtigte er doch, die Frauen zu demütigen.
    „Er spricht kultiviert, aber er ist ein Psychopath“, gab Malcolm zu bedenken. „Wir haben es hier nicht mit einem normal funktionierenden Menschen zu tun, sondern mit einem psychisch gestörten Killer.“
    Benhurst hatte wohl den Drang, sich verteidigen zu müssen. „Das sehe ich. Dieses Schwein macht es an, wenn seine Opfer leiden. Aber er spricht mit ihnen, als würde es sich um eine Geburt handeln. Er rät der Frau durchzuhalten, bis der Schmerz vorbei ist, denn danach würde alles gut sein.“
    „Der Tod als Erlösung.“ Storm erinnerte sich an seine Worte: „Manchmal breche ich ab, bevor ich komme, mache eine Pause und gebe ihr etwas zu trinken. Wenn wir beide uns erholt haben, fange ich von vorne an.“ Auf einmal erkannte sie die Wahrheit: „Die Zärtlichkeit gehört mit zu seinem Spiel. Er macht den Frauen Hoffnung, indem er freundlich ist. Sie denken dann, dass der Täter eine nette Seite hat und dass er sie vielleicht, ja, vielleicht schonen wird, nur sie, ausgerechnet sie. Aber genau das Gefühl braucht er, und er würde sie niemals gehen lassen. Der Mord ist schließlich das große Finale. Nur durch ihn erhält der Killer die Befriedigung, auf die sein Spiel abzielt.“ Wie Sex und Orgasmus.
    Durch ihre Erklärung war das Soko-Team einen Moment abgelenkt gewesen. Nun blickten alle wieder zur Leinwand hin. Erstaunt riss Storm ihren Mund auf. Malcolm neigte sich nach vorne, als würden die paar Zentimeter, die er nun näher am Bild war, ihn schärfer sehen lassen.
    Der Killer hatte weitere Buchstaben in Megans Haut geritzt. Sein Werk war nun vollendet. Er legte den Spieß in eine Nierenschale aus Edelstahl und verschwand kurz aus dem Bild. Je zwei Buchstaben verunstalteten ihren Busen. Zwischen den Brüsten prangte ein blutiger Kreis. Megan hob den Kopf, um zu sehen, was der Fremde mit ihr angestellt hatte. Er zeichnete den Kreis mit dem Zeigefinger nach und strich das Blut auf ihre Lippen. Entsetzt zog sie ihren Kopf zurück, wobei sie mit dem Hinterkopf auf den Seziertisch knallte.
    „Da steht STORM. Verdammt, er hat ihr deinen Namen eingeritzt.“ Benhurst schlug die Hand auf seinen Mund und errötete, weil er sich erst jetzt der Tragweite bewusst wurde.
    „Glaub jetzt nicht, dass er Megan wegen dir foltert“, sagte Malcolm eindringlich und drehte sich zu Storm um. „Das hätte er sowieso getan. Das sind nur Psychospielchen. Er macht Druck.“
    Stumm nickte Storm. Ihr war heiß und kalt zugleich. Sie fühlte sich elend. Noch elender als am Morgen nach den paar Stunden Schlaf in der Zelle. Lass das alles nicht an dich ran, redete sie sich gut zu, aber sie wusste, dass ihr die Aufzeichnung längst unter die Haut gegangen war. Die arme Megan Cropps! Sie litt Todesängste. Storm ertrug Megans verzweifelten Blick kaum noch. Er würde sich wahrscheinlich für immer in Storms Seele brennen.
    Commissioner Lombard kam zu ihr und klopfte ihr auf den Rücken. „Halten Sie durch, Harper. Es ist wichtig, dass Sie die Aufzeichnung weiter ansehen. Vielleicht fällt Ihnen etwas auf. Die Hälfte haben Sie schon geschafft.“
    So viel zum Thema „Sie müssen sich das nicht antun“. Alles
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