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Operation Zombie

Operation Zombie

Titel: Operation Zombie
Autoren: Max Brooks
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Khayelitsha niederließen, einem der vier größten Townships bei Kapstadt. Es war ein Leben niederschmetternder, hoffnungsloser, demütigender Armut. Es war meine Kindheit. In der Nacht, als es geschah, war ich auf dem Heimweg von der Bushaltestelle. Es war gegen fünf Uhr, mein Dienst als Kellner im Restaurant Friday's am Victoria Wharf war gerade zu Ende gegangen. Es war eine gute Nacht gewesen. Jede Menge Trinkgeld, und die Nachrichten aus dem Tri Nations gaben jedem Südafrikaner das Gefühl, als wäre er drei Meter groß. Die Springboks machten die All Blacks platt - wieder einmal. [Die Erinnerung bringt ihn zum Lächeln.] Vielleicht lenkten mich diese Gedanken anfangs ab, vielleicht lag es einfach nur daran, dass ich so aufgekratzt war, aber ich spürte, wie mein Körper instinktiv reagierte, noch ehe ich die Schüsse hörte. Gewehrschüsse waren nichts Ungewöhnliches, nicht in meinem Viertel, nicht damals. »Ein Mann, eine Waffe«, das war das Motto meines Lebens in Khayelitsha. Man entwickelte beinahe genetische Überlebensinstinkte, fast wie ein Kampfveteran. Meine waren rasiermesserscharf. Ich duckte mich, versuchte, das Geräusch zu orten, und suchte gleichzeitig nach der härtesten Oberfläche, hinter der ich mich verstecken konnte. Bei den meisten Unterkünften handelte es sich nur um behelfsmäßige Hütten, Holzbretter oder Wellblech oder einfach nur an windschiefe Holzpflöcke getackerte Plastikplanen. Mindestens einmal jährlich vernichtete eine Feuersbrunst diese Schuppen, und Kugeln konnten sie so mühelos durchbohren, als wären sie gar nicht da. Ich sprintete und duckte mich hinter einen Barbierladen, der aus einem Frachtcontainer in der Größe eines Autos erbaut worden war. Nicht perfekt, aber ein paar Sekunden würde es gehen, lange genug, dass ich irgendwo abtauchen und das Ende der Schießerei abwarten konnte. Aber sie hörte nicht auf. Pistolen, Schrotflinten und dieses Knattern, das man nie vergisst, das einem sagt, dass jemand eine Kalaschnikow dabeihat. Es dauerte viel zu lange für einen gewöhnlichen Bandenüberfall. Jetzt waren Schreie und Gebrüll zu hören. Ich roch Rauch. Ich hörte den Lärm einer Menschenmenge. Ich spähte um die Ecke. Dutzende Leute, die meisten in Schlafanzügen, rannten vorbei, und alle riefen: »Lauft! Nichts wie weg von hier! Sie kommen!« Überall ringsum wurden in den Häusern Lichter eingeschaltet, tauchten Gesichter hinter Jalousien auf. »Was ist hier los?«, fragten sie. »Wer kommt?« Das waren die mit den jugendlichen Gesichtern. Die Älteren, die rannten einfach los. Die besaßen eine andere Art von Überlebensinstinkt, einen Instinkt, der zu der Zeit ausgeprägt worden war, als sie noch Sklaven in ihrem eigenen Land waren. Damals wusste jeder, wer »sie«  waren, und wenn »sie« tatsächlich kamen, konnte man wirklich nur noch fliehen und beten.
    Sind Sie geflohen?
    Ich konnte nicht. Meine Familie, meine Mutter und zwei kleine Schwestern, lebten nur wenige »Türen« vom Rundfunksender Radio Zibonele entfernt, genau dort, von wo die fliehende Menge kam. Ich dachte gar nicht nach. Ich war dumm. Ich hätte einen Umweg machen, eine Gasse oder ruhige Nebenstraße suchen sollen.
Ich versuchte, mich durch die Menge zu arbeiten, mich in die Gegenrichtung zu drängen. Ich dachte, ich könnte mich an den Fassaden der Hütten entlang schleichen. Ich wurde gegen eine gestoßen, gegen eine mit Wänden aus Plastikplanen, die sich um mich legten, als das ganze Gebäude einstürzte. Ich war gefangen, ich konnte nicht atmen. Jemand lief über mich hinweg, rammte mir den Kopf auf den Boden. Ich befreite mich, wand mich zappelnd auf die Straße. Ich lag noch auf dem Bauch, als ich sie sah: zehn oder fünfzehn als Silhouetten vor dem Feuer der brennenden Schuppen. Ich konnte ihre Gesichter nicht sehen, aber ich hörte sie stöhnen. Sie kamen mit ausgestreckten Armen unerbittlich auf mich zu geschlurft. Ich sprang auf, mir drehte sich alles, ich hatte Schmerzen am ganzen Körper. Instinktiv wich ich zurück und verzog mich durch die »Tür« in den erstbesten Schuppen. Etwas packte mich von hinten, zerrte an meinem Kragen, zerriss den Stoff. Ich wirbelte herum, duckte mich und trat fest zu. Er war groß, groß und viel schwerer als ich mit meinen paar Kilo. Schwarze Flüssigkeit lief vorn an seinem weißen Hemd hinunter. Ein Messer ragte aus seiner Brust; es steckte zwischen den Rippen und war bis zum Heft hinein gebohrt worden. Ein Fetzen meines Hemdes, den er
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