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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow
Autoren: Glenn Meade
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berüchtigten Hinrichtungsstätte, die wirklich unglaublich klein war. Der vordere Raum hatte gerade mal eine Größe von fünfzehn Quadratmetern. Ich konnte es nicht fassen, dass dort zweiundzwanzig Leute bei der Hinrichtung eingepfercht waren, wovon die Hälfte zum Exekutionskommando gehörte. Zudem wunderte ich mich maßlos, dass die Schützen nicht von Querschlägern getroffen wurden. Wenn man den offiziellen Berichten glaubt, wurde keiner von ihnen verletzt oder getötet.«
    Petrowski rollte das Glas zwischen den Händen. »Ich erinnere mich vor allem an die Aufregung, als wir die Treppe hinunterstiegen. Jelzin schien der Tunnel ganz besonders zu interessieren. Der KGB befahl mir, mit niemandem darüber zu sprechen. Später stellte ich fest, dass der Tunnel in keinem Bericht über den Abriss des Hauses erwähnt wurde. Ich fand das ausgesprochen verwunderlich.«
    Petrowski sah mich unsicher an. »Ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich jetzt darüber spreche. Ich meine, es ist ja alles schon so lange her. Mittlerweile bin ich über achtzig. Was können diese Kerle mir schon antun?«
    »Erinnern Sie sich noch an etwas anderes?«
    »Nur, dass sich einer der führenden Männer des KGB Notizen ansah, als wir die Tunnel erforschten. Sie sahen aus wie Fotokopien alter Unterlagen, und ich habe genau gehört, dass er Jelzin gegenüber das Wort ›Fluchtweg‹ benutzte. Ich erinnere mich, dass dieses Wort mein Interesse weckte. Das ist im Grunde alles. Nach der Erkundung der Tunnel schüttelte Jelzin meine Hand, und alle gingen wieder an die Arbeit. Ich bekam den Auftrag, die Tunnel mit Schotter zu füllen. Später wurde dann an der Stelle eine Kirche gebaut, die Kathedrale auf dem Blut.«
    Als wir unser Gespräch beendeten, war die Whiskey-Flasche halb leer. Petrowski hatte gerötete Wangen und stand ein wenig unsicher auf.
    »Gibt es noch etwas, an das Sie sich erinnern, was vielleicht wichtig sein könnte? Mich interessiert wirklich alles . Die kleinste Kleinigkeit, an die Sie sich erinnern, könnte für meine Nachforschungen von Bedeutung sein.«
    Petrowski kratzte sich am Kinn. »Ich habe mich immer über das starke Interesse des KGB gewundert. Es sah fast so aus, als wollten sie jeden Quadratzentimeter der Tunnel erforschen. Man hätte meinen können, sie machten eine Exkursion im Rahmen einer Geschichtsstunde.«
    »Warum, glauben Sie, war das so?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Weiß der Himmel.«
    Ich bedankte mich, dass er sich Zeit für mich genommen hatte. Petrowski brachte mich zur Tür. Wir verabschiedeten uns, doch als ich die Treppe hinuntersteigen wollte, hielt er mich auf. »Da ist noch etwas. Es ist sicher unwichtig. Aber Sie sagten, Sie interessierten sich für alles.«
    »Ja?«
    »In der Mitte des Tunnels war ein Eisentor. Als ich es im Licht der Taschenlampe betrachtete, entdeckte ich ein verblasstes weißes Zeichen auf der Mauer darüber. Die Männer vom KGB schienen sich sehr dafür zu interessieren und machten Fotos.«
    Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. »Wie sah das Zeichen aus?«
    »Es war eine Swastika. Um genau zu sein, eine spiegelverkehrte Swastika.«
    Wadim Fomenko war einst ein im Dienst des KGB stehender Historiker. Doch er trat von seinem Amt zurück und wurde ein scharfer Kritiker des kommunistischen Regimes. Für diesen Verrat wurde er zu fünf Jahren Haft in einem Straflager verurteilt, doch das war über vierzig Jahre her. Jetzt, mit Ende siebzig, gehörte dieser hagere, exzentrische Mann zu den wenigen noch lebenden Menschen, die fundierte Kenntnisse über die Hinrichtung der Romanows besaßen. Er schien sich zu freuen, sich mit mir zum Kaffee in Stockholm zu treffen, wo er mit seiner Tochter lebte.
    Ohne mich lange mit Höflichkeiten aufzuhalten, lenkte ich das Gespräch auf das Thema, über das ich mit ihm sprechen wollte. Ich fragte ihn nach Jurowski, dem Kommandanten des Ipatjew-Hauses und seinem ›offiziellen‹ Bericht über die Hinrichtung der Romanows, in dem er behauptete, dass die ganze Familie ermordet worden sei.
    »Sein Bericht über diese Nacht muss mit einer gewissen Skepsis betrachtet werden«, begann Fomenko. »Jurowski war ein verschlagener Mann. Seine Art, wie er die Romanows beschwichtigte, damit sie keinen Verdacht schöpften, spricht Bände. Er war der geborene Lügner, der über die blutigen Ereignisse mehrfach unterschiedliche Berichte abgab. 1918 lieferte er eine Darstellung in einem Bericht für Moskau, 1920 eine andere, in der nicht einmal
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