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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut
Autoren: David Ignatius
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und gute Absichten sind weniger als nichts. Dies ist ein Land der Lügner. Vielleicht verstehen Sie die Bedeutung dieses Sprichworts, Mr.Hoffman? Ich würde gerne glauben, dass Tom es verstand, aber ich bin mir nicht mehr sicher. Bei ihm hatte ich immer das Gefühl, dass er alles verstand; aber später, als ich zurückzudenken begann, war ich mir nicht mehr so sicher. Als ich ihm an jenem Morgen in Beirut von dem
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über das Anbinden des Kamels erzählte, sagte er: ‹Vertrauen Sie uns.› Aber genau das, glaube ich, war das Problem. Sie sehen ja, was passiert ist. Er ist tot.
    Was ich gelernt zu haben glaube, Mr.Hoffman, ist etwas, was die Vereinigten Staaten betrifft. Im ersten Augenblick nach Rogers’ Tod hielt ich Sie alle für inkompetent. Aber jetzt sehe ich, dass alles viel komplizierter ist.
    Ich werde das zu erklären versuchen. Als Sie mich kennengelernt haben, war ich in Amerika verliebt. Ich war erst zwanzig. Amerika ist ein Land, in das man sich in diesem Alter leicht verlieben kann. Wenn wir zwanzig sind, glauben wir, dass einfach alles möglich ist, und wir machen uns keine Sorgen über das Scheitern, weil wir immer eine zweite Chance haben. Das war es, was an Amerika so befreiend schien – das Gefühl, unbegrenzte Möglichkeiten zu haben; aber vielleicht war ich auch nur in die Jugend verliebt.
    Gab es jemals einen, der leichter anzuwerben war als ich, Mr.Hoffman? Ich habe mich praktisch selbst angeworben. Und ich habe es nie bedauert, für Sie zu arbeiten. Nicht einen einzigen Tag. Ich weiß, dass viele Araber Sie jetzt kritisieren, aber zu denen gehöre ich nicht. Die Agentur war der Teil Amerikas, den ich am liebsten mochte, der Teil, der die Welt so versteht, wie sie ist. Es ist leicht, die Ideale eines Zwanzigjährigen zu haben, aber es bedarf der Raffinesse eines Fünfzigjährigen, sie zu verwirklichen. Als ich Sie kennenlernte und durch Sie Mr.Rogers, dachte ich: Vielleicht gibt es doch eine Chance? Vielleicht haben diese Amerikaner die nötige Härte. Ich dachte: Diese Männer sind zynisch genug, Gutes zu tun. Und damals dachte ich, die Amerikaner können die arabische Welt tatsächlich befreien.
    Ich hatte unrecht. Amerikaner sind keine harten Männer. Selbst die CIA hat ein weiches Herz. Sie wollen so sehr Gutes erreichen und die Welt verbessern, aber Sie haben nicht die Nerven dazu. Und Sie kennen Ihre Grenzen nicht. Ihr seid die Unschuld in Person. Ihr seid Agenten der Unschuld. Deshalb richtet ihr so viel Unheil an. Ihr kommt in ein Land wie den Libanon, als wärt ihr Missionare. Ihr überzeugt die Menschen davon, ihre alten Bräuche und Bündnisse aufzugeben und die Bande zu zerbrechen, die das Land zusammenhalten. Mit eurem Geld und euren Schulen und euren Zigaretten und eurer Musik überzeugt ihr uns davon, dass wir wie ihr sein könnten. Aber das können wir nicht. Und wenn der Ärger richtig beginnt, dann seid ihr fort. Und ihr lasst eure Freunde, die, die euch am meisten vertrauten, zurück und lasst sie sterben.
     
    Ich habe darüber nachgedacht, warum Jamal sterben musste und warum Rogers. Und ich habe schließlich eines erkannt: Man kann den Tod des einen nicht von dem des anderen trennen. Es handelte sich beide Male um ein und dieselbe Geschichte.
    Jamal starb genau aus diesen Gründen. Ihr Amerikaner verführt uns, mit euch zusammenzuarbeiten, aber ihr seid nicht stark genug, uns zu schützen. Jamal sagte mir einmal etwas, an das ich mich immer erinnern werde. Es verfolgt mich. Wir stritten uns darüber, ob man für die Amerikaner arbeiten sollte oder nicht. Er sagte mir, ich sollte den Amerikanern nicht über den Weg trauen, weil sie die Araber nie wirklich lieben würden. Ich sagte ihm, dass er unrecht habe. Rogers und die Agentur meinen es ernst, sagte ich ihm.
    Jamal antwortete mir: ‹Du hast recht. Amerika liebt uns. Aber es ist die Liebe eines Mannes zu seiner Mätresse. Wir sind das Vergnügen für eine Nacht. Vielleicht sogar für einen ganzen Monat. Aber vergiss niemals, dass dieser Mann, Amerika, mit jemand anderem verheiratet ist und dass er am Ende immer wieder zu seiner Frau zurückgehen wird.› – ‹Und wer ist diese Frau?›, fragte ich ihn. Aber ich kannte die Antwort. Diese Frau ist Israel. Und genau das hat Jamal getötet. Die Frau ist eifersüchtig geworden und hat die Mätresse getötet.
    Wir sind im Grunde solche Narren, wir Araber. Wir haben wirklich verdient, was wir von euch bekommen. Deshalb kann ich mich auch nicht zu viel beklagen. Es
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