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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson
Autoren: Jule Verne
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Mit einem groben Docht aus Kokosfasern drehte Clifton Kerzen, die beim Abbrennen tropften und knisterten. Ein wenig Licht spendeten sie aber doch und beleuchteten zumindest den Tisch, um den die Familie versammelt saß. Im Jahr darauf würden sie es zu einem fortgeschritteneren Beleuchtungssystem bringen und statt des Fetts Öl verwenden, »so lange wir noch kein Gas haben«, wie der Onkel zu sagen pflegte, dem nie etwas unmöglich schien.
    Doch obwohl ihm die Insel schon jetzt vollkommen vorkam, gestand er eines Abends, daß ihm noch etwas fehle.
    »So, was fehlt ihm denn?« fragte Mrs. Clifton.
    »Ich weiß nicht, aber mir scheint, daß es unsere Insel noch nicht so richtig gibt, daß sie noch nicht ganz ernst zu nehmen ist.«
    »Ich verstehe Sie vollkommen, Onkel«, sagte der Ingenieur.
    »Was unsere Insel braucht, ist eine offizielle Existenz.«
    »Genau.«
    »Und was ihr fehlt, ist ein Name.«
    »Ein Name, ein Name!« riefen die Kinder wie aus einem Munde. »Geben wir der Insel einen Namen!«
    »Ja«, erwiderte der Vater, »und zwar nicht nur der Insel, sondern auch ihren einzelnen Teilen. Dann können wir uns in Zukunft genauere Anweisungen geben.«
    »Ja«, sagte der Onkel, »wenn wir dann irgendwohin gehen, dann wissen wir wenigstens wohin.«
    »Nehmen wir doch unsere eigenen Namen her!« rief der ungestüme Robert. »Ich schlage vor, daß wir unser Land Robert-Clifton-Insel nennen!«
    »Nur gemach, mein Sohn«, erwiderte der Ingenieur, »du denkst ja nur an dich. Wenn wir den Kaps, den Wasserläufen und den Bergen dieser Insel Namen geben, dann sollten wir welche auswählen, die uns an eine Begebenheit oder eine Situation erinnern. Aber alles der Reihe nach. Zuerst der Name der Insel.«
    Es entspann sich eine Diskussion. Mehrere Namen wurden genannt, doch auf keinen konnte die Familie sich einigen.
    »Ich glaube«, sagte der Onkel, »ich weiß etwas, womit alle einverstanden sind. Bei allen zivilisierten Nationen hat ein Entdecker das Recht, seine Entdeckung nach sich selbst zu benennen, und deshalb schlage ich vor, daß wir die Insel Clifton-Insel taufen.«
    »Einverstanden«, antwortete der Ingenieur lebhaft, »aber dann soll diese Ehre dem wahren Entdecker der Insel gebühren, dem Retter meiner Frau und meiner Kinder, unserem ergebenen Freund, und diese Insel soll deshalb von nun an Flip-Island heißen!«
    Hurrarufe brachen los. Die Kinder drängten sich um Onkel Robinson. Mr. und Mrs. Clifton standen auf und drückten ihm die Hand. Der Seemann war ganz gerührt und wollte eine solche Ehre von sich weisen, aber er hatte die Meinung aller gegen sich und mußte sich trotz seiner Bescheidenheit fügen. So wurde die Insel endgültig als Flip-Island bezeichnet, und unter diesem Namen wird sie auch in die moderne Kartographie eingehen.
    Dann wurde über die Namen von Inselteilen beratschlagt, und der Onkel konnte sich leicht mit dem Vorschlag durchsetzen, daß der die Insel überragende Vulkan Clifton-Mount genannt wurde. Über die Situationsnamen kam es zu interessanten Debatten zwischen den Kindern, deren Ergebnis folgendermaßen lautete: die Bucht, in die der Fluß mündete, hieß nun Erster-Blick-Bucht, da die Schiffbrüchigen ihrer als erstes ansichtig geworden waren; der schlangengleich gewundene Fluß wurde treffend Serpentine-River genannt.
    Der im Norden gelegene Sumpf, in dessen Nähe der Onkel auf Clifton gestoßen war, wurde Sumpf der Rettung getauft, das Kap, in dem die Insel im Norden endete, Kap des Älteren, das südliche Kap hingegen Kap des Jüngeren, und zwar zu Ehren von Marc und Robert. Der See, der die einsame Familie an die ferne Heimat erinnerte, wurde Ontariosee genannt; der zwischen der Küste und dem Inselchen gelegene Kanal bekam zum Gedenken an den armen Kapitän der
Vankouver
den Namen Harrisson-Kanal; die kleine Insel selbst wurde als Robben-Insel bezeichnet. Der Hafen schließlich, den in der Erster-Blick-Bucht die Flußmündung bildete, erhielt den Namen Deo-Gratias-Hafen, als Zeichen der Dankbarkeit gegenüber Gott, der der Familie so offensichtlich seinen Schutz gewährt hatte.
    Belle und Jack waren etwas betrübt darüber, daß ihre Namen auf dieser geographischen Liste unerwähnt blieben, doch versprach ihnen Mr. Clifton, die nächsten Entdeckungen, die auf der Insel gemacht würden, nach ihnen zu benennen.
    »Eure treffliche Mutter«, fuhr er fort, »soll natürlich auch nicht übergangen werden. Der Onkel und ich haben vor, ein komfortables Haus zu bauen, das zu unserem
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