Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Onkel Deprius dunkles Erbe

Onkel Deprius dunkles Erbe

Titel: Onkel Deprius dunkles Erbe
Autoren: Harald Tonollo
Vom Netzwerk:
…« Er räusperte sich.
    »Rottentodd!«, verbesserte Herr Rottentodd zum zweiten Mal. »Rottentodd, natürlich! Zunächst darf ich Ihnen mein aufrichtiges Beileid zum Tode Ihres Onkels, Herrn …«
    »Danke«, unterbrach Frau Rottentodd ihn mit einem breiten Lächeln. »Was hat uns Onkel Deprius hinterlassen?«
    Notar Zwickenkopp machte ein etwas verstörtes Gesicht. »Ähm …« Er blätterte zwei Seiten weiter und begann dann etwas widerwillig aus dem Testament vorzulesen: »Mein gesamtes Anwesen vermache ich im Falle meines Todes meiner geliebten Nichte Prospera Toddenrott … also, ich meine natürlich … Rottentodd, unter der Voraussetzung, dass sie meinen Butler, meinen Gärtner und meine Köchin weiterbeschäftigt. Des Weiteren trägt sie Sorge für das Wohlergehen von Hannibal.«
    »Hannibal?«, fragte Polly. »Wer ist Hannibal?«
    Notar Zwickenkopp überflog schnell die restlichen Zeilen, schüttelte den Kopf und nuschelte so etwas wie: »Tut mit sehr leid … das geht aus meinen Unterlagen nicht hervor … keine weiteren Fakten. Aber Ihr Onkel hinterlässt Ihnen, gnädige Frau, außerdem noch ein beträchtliches Barvermögen.«
    »Geld?!«, stieß Frau Rottentodd aufgeregt hervor.
    »In der Tat!«, antwortete Notar Zwickenkopp. »Wenn Sie sich vergewissern wollen …« Er reichte Frau Rottentodd das Testament und deutete dabei auf den Betrag.
    Prospera Rottentodd hielt die Luft an, bevor sie auf die Summe schaute. Sie wurde bleich, zwinkerte dreimal mit den stark geschminkten dunklen Augen, räusperte sich und sagte dann würdevoll: »Ich nehme das Erbe an!«

Madenpudding
     
    »Ätzdorf?« Polly war außer sich. »Da bringen mich keine zehn Kamele hin!«
    »Liebes, mach dir bitte keine Sorgen darüber, wie wir dahin kommen«, erwiderte ihre Mutter in Gedanken versunken.
    »Wir fahren natürlich mit dem Leichenwagen.« Sie griff in eine durchsichtige Plastiktüte, in der es vor gelblichen Maden nur so wimmelte.
    »Das ist 400 Kilometer weit weg!«, rief Polly.
    »396«, verbesserten Pampe und Palme wie aus einem Mund.
    »Euch kann’s ja egal sein.« Polly war den Tränen nahe. »
Ihr
müsst nicht die Schule wechseln.
Ihr
habt keine Freunde, die ihr nie wiedersehen werdet!«
    »Zum Glück!«, grinste Palme. »Privatunterricht von der eigenen Mutter hat eindeutig Vorteile.«
    »Seit 40 Jahren Privatunterricht und nichts dazugelernt«, giftete Polly. »Ihr seid jetzt 110 Jahre auf der Welt, aber auf dem geistigen Stand von Elfjährigen.«
    Palmes Augen begannen zu funkeln. »Und du bist seit zwölf Jahren auf der Welt und redest so schlau daher, als wärst du 500!«
    »Es reicht!« Herr Rottentodd war in die Küche gekommen.
    »Kinder, bitte hackt nicht schon wieder auf Pollyxenia herum, nur weil sie anders ist …«
    »… wofür wir sie sehr lieben!«, fügte Pollys Mutter lächelnd hinzu und gab eine Handvoll fette Maden in die Küchenmaschine.
    »Richtig!«, fuhr Herr Rottentodd fort. »Also, ihr vier werdet morgen dorthin fahren. Ich komme dann in einigen Tagen mit den Särgen aus dem Bestattungsinstitut nach.«
    »Aber …« Pollys Einspruch wurde jäh vom einsetzenden Geräusch des Mixers unterbrochen. Warum ich?, dachte sie. Warum musste ausgerechnet ich in eine Familie hineingeboren werden, in der man 800 oder 900 Jahre alt wird, statt 80 oder 90 wie jeder normale Mensch … in der man alles ganz entzückend findet, was bei richtigen Menschen Brechreiz auslöst … gedünstete Kakerlaken zu Mittag und zum Nachtisch Madenpudding. Warum ausgerechnet ich? Polly schlug sich mit der Hand vor die Stirn.

Das neue Zuhause
     
    Als Gunther, der Gärtner, den Leichenwagen in die Auffahrt zum Anwesen von Deprius Rottentodd einbiegen sah, schob er sich die Schweißbrille von den Augen auf die Stirn, um besser sehen zu können. Den kleinen Schweißbrenner in seiner Hand ließ er vorsorglich an und hielt ihn gedankenverloren weiter auf Kinnhöhe vor sich. Gunther hatte einen kantigen Kopf, große, abstehende Ohren und eine Glatze.
    »Da! Der … der Teufel!«, schrie Polly voller Panik, als sie den Gärtner vom Beifahrersitz aus erblickte. »Hier bleibe ich keine Sekunde!«
    Erst beim Näherkommen sah sie, dass die zwei Hörner auf der Stirn des Mannes die Gläser der Schutzbrille waren. Und dass die Flammen nicht aus seinem Mund, sondern aus dem Schweißbrenner kamen. Trotzdem war ihr der Fremde nicht geheuer.
    »Aber der sieht doch ganz süß aus«, entgegnete Pollys Mutter mit einem Blick in den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher