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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist
Autoren: Charles Dickens
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gönnen und den ganzen Haß meines Herzens auf ihn auszugießen. Er kam mir endlich in den Weg, und es wäre mir auch gelungen, den Burschen so weit zu bringen, daß er Aussicht auf den Galgen gehabt hätte, aber allerhand sentimentales Weibsvolk ist mir dazwischen gekommen.«
    Und knirschend vor Wut schlug sich Monks mit der Faust vor die Stirn und verwünschte sich selbst.
    Mr. Brownlow wandte sich zu der schreckensbleichen Gruppe, die ihn umgab, und erklärte ihnen, daß der Jude Fagin, der Monks’ alter Helfershelfer gewesen sei, einegroße Belohnung von ihm in Aussicht gestellt bekommen habe, falls es ihm gelungen wäre, Oliver zu verderben.
    »Und was haben Sie über das Medaillon und den Ring zu sagen?« wendete er sich wieder an Monks.
    »Ich habe beides dem Ehepaar abgekauft, von dem ich Ihnen erzählte«, erwiderte Monks mürrisch. »Sie wissen ja, was daraus geworden ist.«
    Mr. Brownlow winkte Mr. Grimwig, der sich daraufhin eilig entfernte und bald darauf mit Mrs. Bumble wieder erschien, die ihren Gatten hinter sich her zog.
    »Was sehe ich! Das ist ja der liebe kleine Oliver«, rief Mr. Bumble, Begeisterung heuchelnd, sofort aus. »Ach, mein lieber guter Oliver, wenn du wüßtest, wie ich mich deinetwegen gegrämt habe.«
    »Halt den Mund, Schafskopf«, flüsterte ihm Mrs. Bumble zu.
    »Ich kann doch meine Gefühle nicht bekämpfen, meine Liebe«, entgegnete der Armenhausvogt. »Ich habe den Knaben doch immer so lieb gehabt, als wenn er mein eigener – Großvater gewesen wäre«, stotterte er in der Verlegenheit heraus.
    »Halten Sie den Mund«, rief Mr. Grimwig grob. »Verschonen Sie uns mit Ihren Gefühlen.«
    »Ich will mein Möglichstes tun, Sir«, versprach Mr. Bumble und wandte sich zu Mr. Brownlow mit der Frage: »Und wie geht’s Ihnen, Sir? Hoffentlich doch wohl?«
    Mr. Brownlow beachtete die Frage nicht, deutete auf Monks und fragte: »Kennen Sie diesen Mann, Mrs. Bumble?«
    »Nein«, antwortete die Gefragte keck.
    »Und kennen Sie ihn, Mr. Bumble?«
    »In meinem Lebtag hab’ ich ihn nie gesehen.«
    »Ihm auch nichts verkauft?«
    »Nein«, sagte Mrs. Bumble.
    »Hatten Sie nicht einmal ein goldenes Medaillon und einen Ring?«
    »Wir? Nein«, antwortete die Gnädige. »Haben Sie uns vielleicht deswegen hergeholt, damit wir auf dummes Zeug antworten sollen?«
    Abermals nickte Mr. Brownlow seinem Freunde Grimwig zu, und wieder ging dieser hinaus und wieder kehrte er zurück: diesmal mit zwei alten gichtischen Weibern, die am ganzen Leibe zitterten.
    »Sie hat damals die Tür verschlossen, als die alte Sally g’storb’n is«, fing die eine gleich an, »aber die Ritzen hat’s nöt verstopfen kinna.«
    Die zweite Greisin nickte bestätigend.
    »Und Sie haben gesehen«, wendete sich Mr. Brownlow an die Greisinnen, »daß die Sterbende ein Medaillon und einen Ring hier dieser Frau gab?«
    Beide bejahten.
    »Wollen Sie vielleicht auch noch den Pfandleiher sehen?« fragte Mr. Grimwig spöttisch und wandte sich wieder zur Türe.
    »Nein«, lehnte Mrs. Bumble ab. »Wenn der da« – sie zeigte auf Monks – »schon alles ausgeschwätzt hat – also meinetwegen: die beiden Sachen hab’ ich verkauft, aber finden werden Sie sie nicht mehr. Wünschen Sie sonst noch etwas?«
    »Nein«, versetzte Mr. Brownlow. »Im übrigen werden wir Sorge tragen, daß von Ihnen beiden niemand mehr eine Amtsstelle bekleiden wird.«
    »Sie wollen mich doch einer solchen Kleinigkeit wegen nicht unglücklich machen?« jammerte Mr. Bumble.
    »Allerdings dürfte das der Fall sein«, sagte Mr. Brownlow. »Seien Sie froh, daß Sie so glimpflich davonkommen.«
    »Aber meine Frau hat doch die ganze Schuld«, beteuerteMr. Bumble, nachdem er sich mehrmals umgesehen, um sich zu überzeugen, daß die Gattin auch nicht mehr im Zimmer sei.
    »Mein Fräulein«, wandte sich Mr. Brownlow an Rose, den Kirchspieldiener, der sich unter Kratzfüßen entfernte, nicht weiter beachtend, »geben Sie mir jetzt Ihre Hand und fürchten Sie sich nicht. Wir haben nur noch wenige Worte zu reden.«
    »Wenn diese Worte Bezug auf mich haben sollten«, sagte Rose leise und bebend, »bitte, dann sagen Sie mir sie nicht jetzt. Ich glaube, ich habe nicht die Kraft dazu.«
    »Sie sind stärker, als Sie glauben«, entgegnete Mr. Brownlow. »Ich weiß es. – Kennen Sie diese junge Dame, Sir?«
    Monks bejahte.
    »Ich habe Sie doch nie gesehen?« rief Rose erstaunt.
    »Ich Sie aber oft«, versetzte Monks.
    »Der Vater der unglücklichen Agnes Fleming hatte
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