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Oliver - Peace of Mind

Oliver - Peace of Mind

Titel: Oliver - Peace of Mind
Autoren: Nicole Schroeter
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angerufen.“ Sie schweigt einen Moment und in meinem
Magen bildet sich ein schmerzhafter Knoten. „Nici“, sagt sie ein weiteres Mal.
„Olli ist tot!“

April 1983
     
    Die Osterferien waren vorbei. Es war das erste Jahr, in dem wir nicht in
den Skiurlaub fuhren. Zehn Jahre lang war Papa jedes Jahr mit mir nach Tirol
gefahren. Im letzten Jahr hatte ich zum ersten Mal Liebeskummer gehabt, wegen
meines Skilehrers. Nach ein paar Monaten konnte ich schon nicht mehr verstehen,
was ich an ihm so toll gefunden hatte. Er war klein, blond und sprach so komisches
Deutsch. Aber ich war in der Pubertät, da hatte man seine neuen Gefühle noch
nicht so gut unter Kontrolle.
     
    Im Sommer kam dann ein neuer Junge in die Klasse. Da habe ich mich in den
verliebt, weil er zwar auch blond war, aber schon eine tiefe Stimme hatte,
obwohl wir erst dreizehn Jahre alt waren.
    Im April 1983 war ich aber nicht mehr mit ihm zusammen. Er hatte sich in
eine aus dem Jahrgang über uns verliebt und ich musste sowieso mit Papa in
einen anderen Stadtteil ziehen, weil er eine neue Frau gefunden hatte.
    Dabei hatte er mir fest versprochen, dass wir allein wohnen würden in der
neuen Wohnung. Es war eine Lüge. Mal wieder.
     
    Auch war die Wohnung zu weit weg von meinen Freunden. Von nun an würde
ich mit der Bahn zur Schule fahren müssen. Und obwohl ich inzwischen schon
vierzehn war, durfte ich abends nur noch bis 20 Uhr draußen bleiben.
    Kurz, alles war voll Scheiße!
     
    Am 6. April war mein erster Schultag nach den Ferien. Ich musste jetzt
eine halbe Stunde früher aufstehen, um rechtzeitig in der Schule zu sein.
Missmutig ging ich die Straße entlang bis zur nächsten U-Bahn-Station. Mein
einziger Lichtblick war, dass es genau sieben Minuten dauerte, bis ich dort
angekommen war – eine Zigarettenlänge. Mein Vater wusste nicht, dass ich rauchte.
Zumindest tat er so, als wisse er nichts. Schließlich kam er immer erst abends
von der Arbeit nach Hause. Was wusste er schon, was ich tagsüber tat.
     
    Nun stand ich am Fenster meines neuen Kinderzimmers. Wenigstens hatte ich
es nach meinem Geschmack einrichten dürfen: ein großes Bett unter der Schräge,
das aus einem einzigen großen Schaumstoffblock bestand - das fand ich voll cool
- und dunkelbrauner Teppichboden. Durch die Gardinen konnte ich zwar
rausgucken, aber solange ich kein Licht anschaltete, konnte niemand hineinsehen.
     
    In der Schule war es blöd gewesen. Mein Exfreund hatte sich einen Spaß
daraus gemacht, mit seiner Neuen genau vor meiner Nase zu posieren. Meine
Freundinnen hatten kein großes Interesse daran gezeigt, mich - so weit weg -
besuchen zu kommen. Na toll! Ich verbrachte also den Rest des Tages damit, mir
selbst genug zu sein. Mit vierzehn konnte ich das noch nicht so gut.
     
    Als die Mofas in unsere Straße einbogen, hatte ich wenigstens etwas zum Gucken.
Sie fuhren zweimal hin und her, dann hielten sie vor dem Eingang mir gegenüber.
Ich hatte Angst, man könne mich doch sehen, aber keiner der Jungen, die sich
dort versammelten und sich jetzt Zigaretten anzündeten, schaute zu mir hoch.
Sie lachten, fummelten an den Mofas herum und führten vermutlich
Männergespräche.
     
    Einer von ihnen fiel mir besonders auf. Er war einen guten Kopf größer
als die anderen, hatte dunkelbraunes Haar, trug Jeans und Bomberjacke und ich
konnte mich einfach nicht sattsehen an ihm. Ich konnte noch sehen, dass er
Prince Denmark rauchte. Dann verschwanden sie im Hauseingang. So oft ich auch
aus dem Fenster schaute an diesem Abend, der große dunkelhaarige Junge kam
nicht mehr heraus.
    Ich musste ihn unbedingt wiedersehen!
     
    Zwei Tage später hatte ich drei der Jungen von gegenüber schon kennengelernt.
Es war nicht so schwer gewesen: Auf dem Weg von der Schule nach Hause standen
sie draußen, als ich vorbei kam. Das heißt, zwei von ihnen standen vor dem Haus.
Der große Dunkelhaarige unterhielt sich vom zweiten Stock aus mit den anderen.
Er lehnte sich dazu aus dem Fenster. Somit wusste ich schon mal, wo er wohnte.
     
    Die ersten Probleme stellten sich allerdings schon am folgenden Nachmittag
ein. Meine zweitbeste Freundin Sandy war gekommen, um mein neues Zuhause zu
begutachten. Und natürlich den süßen Dunkelhaarigen, von dem ich ihr erzählt
hatte. Ihre Eltern hatten ein Gartenhaus ganz in der Nähe. Somit war die
Entfernung für sie nicht so dramatisch, wie es für die anderen zu sein schien.
Sandy hatte schon meine erste Liebe hautnah miterlebt, mit mir geliebt
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