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Oliver - Peace of Mind

Oliver - Peace of Mind

Titel: Oliver - Peace of Mind
Autoren: Nicole Schroeter
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Luft
und erwiderte dann seinen Kuss. Mitten auf dem Fußweg standen wir den Leuten im
Weg, aber an so was hatte Olli noch nie einen Gedanken verschwendet. Der
Glückliche!
     
    Es tat gut zu sehen,
wie er sich jedes Mal freute, mich zu sehen. Ich nahm es leider zu
selbstverständlich. Denn das war es nicht.
    Er fragte mich, was
ich hier täte und ich erzählte ihm von meinem Vorhaben, mir einen Ring zu
kaufen. „Mir schenkt ja keiner einen. Dann muss ich mir eben selbst einen
kaufen“, scherzte ich. „Aber ich kann wenigstens mitkommen und ihn mit dir
aussuchen“, entschied er. Ich war nicht sicher, ob das eine gute Idee war. Er
war nicht der Typ für ein Juweliergeschäft. Die Verkäuferin würde vermutlich
Angst um ihre Waren bekommen.
     
    Dennoch kam er mit.
Und am Ende entschieden wir uns für einen kleinen, schlichten Goldring. Ich
steckte ihn mir an den Finger. Es war ein ungewohnter Fremdkörper, den ich
ständig spürte. Auch wenn ich ihn selbst bezahlt hatte – Oliver war ja nicht wohlhabend
– war es irgendwie unser Ring geworden.
     
    Danach gingen wir bis
zu Karstadt hoch, um die Auslagen, die wir uns sowieso nicht leisten konnten,
anzusehen. In einer der Nischen stand eine ganz besondere Waage. Wenn man sich
darauf stellte, musste man sein Alter, Größe und Geschlecht eingeben, dann
druckte sie einem das Normal- und das Idealgewicht aus. 86,7 KG stand auf
seinem Bon. Olli schenkte ihn mir. Später klebte ich auch ihn zu den Pink
Panther Aufklebern in mein Tagebuch.
    Dass ich eines Tages
bei seinem Anblick in Tränen ausbrechen würde, das ahnten wir damals wohl beide
nicht.

Sommer 1987
     
    Im Sommer des Jahres
1987 fuhr ich spontan mit Betty und Oliver an den Oortkatensee, einem Baggersee
bei Hamburg, nahe der Elbe. Der See, an dem Oliver einst fast sein Leben
verlor, als er mit seiner MT8 den Deich entlangraste.
     
    Ich erinnere mich,
wie die beiden den kleinen Audi beluden. Ich hatte sie vom Fenster aus
beobachtet und als Oliver mich bemerkte, gab er mir ein Zeichen, dass ich
mitkommen sollte.
     
    Ich erinnere mich, an
seine dünne babygelbe Jerseyhose, die er natürlich „ohne alles“ trug. Was er
oben trug, weiß ich nicht mehr. Aber die Hose war scharf.
     
    Während Betty sich auf
einer der Rasenflächen sonnte, nahm Olli meine Hand und führte mich zu
irgendeinem Seitenarm der Elbe. Es war Ebbe und in den verbliebenen Pfützen
kringelten sich kleine Aale.
     
    Wir rauchten und
lachten und küssten uns. Dann zog er mich zur Uferböschung und löste das Band
seiner gelben Hose, die daraufhin zu Boden glitt. Er setzte sich auf einen
Baumstumpf und zog mich auf seinen Schoß.
     
    Dies ist meine letzte
Erinnerung!

März 2013
     
    Ich denke so viel an
Olli. Man soll das ja nicht. Trauern ist unerwünscht. Ein Jahr hat man Betty
zugestanden. Und ich? Habe ich überhaupt das Recht zu trauern? Um eine
Jugendliebe, einen kindlichen Spleen? Um einen Jungen aus längst vergangener
Zeit?
     
    Olli war einsam. Olli
war verzweifelt. Er dachte, niemand würde ihn lieben. Niemand würde ihn
brauchen.
    Und ich dachte, er
sei zu stark für mich.
    Ich wünschte, ich
könnte ihn noch einmal sprechen. Sein Gesicht in meine Hände nehmen und seinen
warmen, weichen Mund berühren. Ihm sagen, dass er immer in meinem Herzen
gewohnt hat, an jedem einzelnen Tag.
    Zu spät!
     
    Ich lese Bücher über
den Tod. Ich will ihn verstehen. Ich will nicht glauben, dass alles im Leben
einen Gegenpol hat, nur der Tod nicht.
     
    Ich lese von einem
Medium aus der Schweiz. Er kommt nach Hamburg. Ein Zeichen? Ich gehe mit Lexa
hin. Ich hoffe so sehr, dass Olli da sein wird. Ich glaube fest daran. Aber das
Medium findet nur verstorbene Ehemänner, Mütter und Kinder, keine schnöde
Jugendliebe. Ich bin sauer und poste das auch bei Facebook auf seine Pinnwand.
Er löscht es.
    Ich fühle mich einer
Illusion beraubt. Nichts mehr, woran ich mich festhalten kann.
     
    Dann, ich will mir
Räucherstäbchen bestellen, bei einem Esoterik Versand, stoße ich auf ein
Witchboard. Ich werde hellhörig.
     
    Ich erinnere mich,
dass wir als ich etwa zwanzig Jahre alt war, auf Tapetenstücke große Buchstaben
schrieben, und uns ein Tischchen mit drei Beinen bauten, an dessen einem Bein ein
Bleistift eingelassen war. Es hatte funktioniert. Es hatte sich bewegt und
geschrieben. Mit ein bisschen Übung konnte ich es sogar allein bewegen. Ich
hatte Antworten erhalten, die ich bis heute nicht vergessen habe.
     
    Es wurde uns
eingeredet, es
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