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Olfie Obermayer und der Ödipus

Olfie Obermayer und der Ödipus

Titel: Olfie Obermayer und der Ödipus
Autoren: Christine Nöstlinger
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ist, daß man die Dose unter einen Apparat hält, der an der Wand fixiert ist und auf ein Knöpfchen drückt. So ein Ding war aber in der Müller-Küche nirgendwo an der Wand. Die Joschi fand schließlich ein kleines Ding mit einer Flügelschraube - oder wie man so etwas nennt - und erklärte mir, man müsse den Stachel, den das Ding hatte, in die Dose schlagen. Mit der Faust, behauptete sie. Ich versuchte es und zwickte mir die Haut vom kleinen Finger zwischen Dose und Wahnsinnsgerät. Ich brüllte auf. Der Müller kam aus der Stube, nahm mir den Dosenöffner weg und machte damit die Dose auf.
    Mit den Worten »Sagenhaft, er hält einen Dosenöffner verkehrt herum«, verschwand er wieder in der Stube. Meinen malträtierten Finger, auf dem sich im Nu eine längliche blaurote Blase voll Blut gebildet hatte, schaute er nicht einmal an!
    Die Joschi suchte nach einer sauberen Schüssel für das Hundefutter. Sie fand nur eine dreckige und wollte sie ab-waschen. Wie eine Blöde schaute sie in der Küche herum und sagte:
    »Wolfgang, wo ist denn da die Abwasch?«
    Ich steckte den Blasenfinger in den Mund, saugte an ihm, schaute auch wie ein Blöder und sagte: »Da ist keine Abwasch, da ist nicht einmal eine Wasserleitung!«
    »Aber ein Haus muß doch Wasser haben!« sagte die Joschi.
    »Vielleicht im Badezimmer?« vermutete ich.
    - 143 -
    Die Joschi tat das Hundefutter in die dreckige Schüssel, weil der Nowak-Hund schon ganz gierig um uns herumwe-delte, dann machten wir uns auf die Suche nach Wasser.
    Ein Badezimmer, das hatten wir bald festgestellt, gab es im Haus gar nicht. Auch kein Klo. Das Klo fanden wir neben dem Haus, an einen Schuppen gebaut. Ein echtes Plumps-klo mit Holzdeckel war das.
    »Igittigitt«, sagte ich. »Da leg ich mir Verstopfung zu, da kann ich nicht draufgehen!«
    Die Joschi fand das Klo auch schrecklich. Sie werde, sagte sie, im Falle des Bedarfs, lieber hinter das Haus gehen, in die freie Natur.
    Wasser fanden wir vor dem Haus auch. An der Hausmauer war ein steinerner Trog, in den floß aus einem Holzrohr Wasser. Anscheinend pflegte sich der Müller in diesem Trog zu waschen, denn auf dem Trogrand lag eine Seifen-schüssel mit zwei Seifenstücken.
    Neben dem Trog standen mehrere Plastikeimer. Ich suchte -
    soweit ich das in der vom Hauslicht erhellten Finsternis erkennen konnte - den saubersten aus und füllte ihn mit Trogwasser. Die Joschi nahm auch einen Eimer und füllte ihn. Dann marschierten wir ins Haus zurück.
    »Jetzt kommt das Ärgste«, sagte die Joschi zu mir, als wir in die Küche zurückkamen. »Jetzt müssen wir einheizen!«
    Blitzkneißerin, die sie ist, hatte sie die entsetzliche Tatsa-che, daß die Müller-Küche weder mit einem E-Herd noch einem Gasherd, sondern einem gemauerten Küchenherd bestückt war, schon erkannt.
    »Kannst du einheizen? Einen Ofen einheizen?« fragte ich.
    Die Joschi schüttelte den Kopf.
    - 144 -
    Wir schauten den Herd genau an. Zwei Türchen hatte er.
    Eins, das untere, das war mir gleich klar, beherbergte nur ein Blechbehältnis für die Asche. Das Feuer, erklärte ich der Joschi, mußte garantiert hinter dem oberen Türl entzündet werden. Ich wollte vom Holz, das neben dem Ofen lag, Scheite in das obere Loch schieben, aber die Joschi war dagegen. So dicke Holzstücke, sagte sie, könne man nicht anzünden. Kleine, dünne Staberln müßten zuunterst auf den Rost gelegt werden. Das wisse sie von ihrer Oma. Ich schaute mich nach kleinen dünnen Staberln um, aber da waren keine.
    »Die schlägt man mit einer Hacke von den großen Stücken ab«, sagte die Joschi.
    Tapfer ging ich in die Stube und fragte beim emsig tippen-den Müller nach einer Hacke an. Der Müller hielt im Tippen inne.
    »Was hast du mit einer Hacke im Sinne?« fragte er.
    »Ich will Staberln machen«, antwortete ich.
    »Staberln?« Der Müller glotzte verwundert.
    »Zum Einheizen«, sagte ich stolz. Der Müller stand auf.
    »Das mache ich, mein Sohn! Einer, der zu Spandeln Staberln sagt, dürfte sich bei dieser Arbeit wahrscheinlich die Daumen abhacken!« sagte er. Der Müller machte nicht nur
    »Spandeln«. Als er sah, daß ich als Unterzündmaterial eine gefaltete Zeitung auf den Ofenrost legen wollte, murmelte er etwas vom »Defizit der Wohlstandsjugend«, nahm mir die Zeitung weg, knüllte die Seiten zu Kugeln und stopfte sie in das Heizungsloch und sagte:
    »So gefällt es dem Ofen besser!«
    Er machte sich eindeutig über mich lustig. Ich schaute ihm genau zu, wie er die Spandeln
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