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Olafur Davidsson 02 - Herbstwald

Olafur Davidsson 02 - Herbstwald

Titel: Olafur Davidsson 02 - Herbstwald
Autoren: Alexander Guzewicz
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vielleicht Namen und Geburtsdaten ändern, aber die Eigenarten einer Person nicht, dachte er.
    »Und wieso haben Sie dann den Kontakt zu ihr abgebrochen?«
    Das war eine Frage, mit der sie offensichtlich nicht gerechnet hatte. Ihre schlanken Finger begannen über die graue Tischplatte zu trommeln, als sei sie ein Klavier.
    »Ich äh … Das war sie. Sie hat den Kontakt zu mir abgebrochen und nicht umgekehrt.«
    »Und warum?«
    »Das weiß ich nicht. Was hat das mit ihrer Ermordung zu tun?«
    Davídsson zog sich einen Stuhl an den Tisch und setzte sich so neben sie, dass er ihre gesamte Körperhaltung beobachten konnte, ohne den Blick auf das Gesicht zu verlieren. In der Psychologie gab es körpersprachliche Gesten, die den besten Schauspieler verraten konnten.
    »Und Sie haben das einfach so akzeptiert? Sie waren die besten Freundinnen und plötzlich ist das eben nicht mehr so gewesen?«
    »Nein.«
    Davídsson ließ ihr einen Moment.
    »Wir haben einen Zeugen, der Sie hier in der Fuggerei gesehen hat.«
    »Und?«
    »Das war an dem Tag, an dem Catharina Aigner ermordet wurde.«
    »Das Ganze war ein Zufall. Ich war hier als Dolmetscherin bei der 500-Jahrfeier der Fuggerei und da habe ich sie eben wiedergesehen.«
    »Wen?«
    »L … Lea.« Kuraiko Ōno sah ihn mit einem verkrampften Lächeln an.
    »Catharina Aigner.« Davídsson sah, dass sie begriffen hatte, dass ihre Fassade zusammengebrochen war.
    »Warum haben Sie sie verraten?«
    »Wir Japaner zeigen nicht gerne Gefühle gegenüber Fremden und es dauert sehr lange, bis wir eine echte Freundschaft aufgebaut haben. Umso mehr erwarten wir dann Vertrauen und Loyalität. Wer die japanische Kultur kennt, weiß, worauf er sich einlässt.«
    »Und Lea Schirmer-Lunz hat dieses Vertrauen missbraucht? Deshalb musste sie sterben?«
    »Ja.« Sie lächelte. »Sie hat meinen Vater und mich verraten.«
    »Tsuyoshi Saitô ist Ihr Vater?«
    »Ja.«
    »Aber Ihr Familienname ist doch Ōno und nicht Saitô?«
    »Ich bin verheiratet.«
    Davídsson rutschte auf seinem Stuhl weiter nach vorne. Er spürte, wie das Pochen in seinen Schläfen plötzlich zurückkehrte.
    Plötzlich ergab alles einen Sinn.
    »Sie waren die schwangere Assistentin bei der International Bank of Kōbe. An Ihre Stelle ist Lea Schirmer-Lunz getreten.«
    »Ich habe sie meinem Vater vorgeschlagen. Durch ihren Verrat an meiner Familie habe ich Schande über meine ganze Familie gebracht.«
    »Deshalb auch das Teihatsu-Ritual vor ihrem Tod.«
    »Mein Vater hat mich aus der Familie verstoßen. Das war die einzige Möglichkeit, meine Ehre wiederzuerlangen.«
    »Deshalb haben Sie Ihren Vater auch nie im Gefängnis besucht, bis sie ihm die Gelegenheit geben konnten, Rache zu nehmen.«
    »Er hätte mich davor niemals empfangen.«
    Sie suchte zum ersten Mal den Blickkontakt zu Ólafur Davídsson.
    »Können Sie das verstehen?«

21
    A ls Ólafur Davídsson wieder Richtung Montélimar aufbrach, war es Winter. Der Wind hatte weiter zugenommen und war jetzt böig. Weißer Pulverschnee wehte in breiten Bahnen über den Asphalt und das Scheinwerferlicht brach sich in Millionen von Eiskristallen, die in der Dunkelheit wie ein Teppich aus Diamantenstaub wirkten.
    Dave Brubeck spielte Take Five im 5/4-Takt.
    Er hatte das Lied beinahe schon wieder vergessen. Nachdem er die Musik tagelang gehört hatte, war sie ihm irgendwann zu viel geworden und er hatte den MP3-Player genervt ins Handschuhfach gefeuert.
    Je näher er Richtung Frankreich fuhr, desto mehr freute er sich auf seine schwarze Göttin. Der   Citroën DS 21 Pallas   stand längst zur Abholung in der Lackiererei bereit.
    Am Ende hatte der alte Mann in der Werkstatt kaum noch Verständnis dafür aufbringen können, dass Davídsson das Auto nicht abholte.
    Selbst das Geld, das Davídsson am Bahnhof in Augsburg eingezahlt und dann nach Montélimar überwiesen hatte, änderte das nicht.
    Offenbar glaubte der Lackierermeister, dass es an der Qualität seiner Arbeit lag. Alle Beteuerungen hatten nichts mehr genützt und Davídsson hatte sich geärgert, dass er nicht besser Französisch sprechen konnte.
    Schließlich hatte er Lilian Landhäuser darum gebeten, mit dem Meister zu sprechen. Ihr war es tatsächlich gelungen, die Sache zu klären, und Ólafur Davídsson war erstaunt darüber, wie gut ihr Französisch war.
    Kurz nachdem er die Schweiz verlassen hatte, machte er eine Pause bei einem   Courtepaille . Er bestellte sich ein auf Holzkohle gegrilltes Steak und Pommes und dazu
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