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Olafur Davidsson 02 - Herbstwald

Olafur Davidsson 02 - Herbstwald

Titel: Olafur Davidsson 02 - Herbstwald
Autoren: Alexander Guzewicz
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umorganisieren.«

    Ólafur Davídsson saß in seinem silberfarbenen Chrysler . Die knapp 900 Kilometer nach Augsburg lagen noch vor ihm. Er sah auf den türkisfarbenen Swimmingpool in der Mitte des Hotelgartens, an dem er noch am Morgen gefrühstückt hatte. Jetzt wälzte sich ein kleiner Hund auf dem frisch gesprengten Rasen und genoss sichtlich das kühle Prickeln der einzelnen Grashalme auf dem Rücken.
    Ein kurzes Telefongespräch, und die Erholung war verschwunden. Als wäre sie nie da gewesen, dachte er, als er den Motor anließ.
    Er hatte sich Zeit dabei gelassen, seine Sachen zusammenzupacken, um dann in gebrochenem Französisch mit der Werkstatt zu sprechen und um anschließend dem Eigentümer des kleinen Hotels, der selbst an der Rezeption gesessen hatte, seine Abreise zu verkünden. Er hatte zunächst versucht, zu erklären, dass es weder am Hotel noch an dem verträumten Ort lag, dass er so überstürzt abreiste. Als ihm das nicht gelang, war er auf Englisch umgestiegen und der Hotelier hatte ihn verstanden.
    Danach hatte er mit seiner Kollegin in Berlin telefoniert, und sie gebeten, sein Notebook mit der Spezialsoftware Analyst’s Notebook und den Zugängen zu diversen internen Datenbanken mit nach Augsburg zu bringen.
    Sie war offenbar auch nicht von der Idee begeistert, dorthin zu fahren, um an einem Mordfall mitzuarbeiten. Vermutlich entsprach der Fall, an dem sie gerade gearbeitet hatte, eher ihrer Interessenlage.
    Davídsson hatte von einem Fall mit mehreren sexuellen Übergriffen in einem Berliner Internat gelesen. Er hatte sich am Vortag in Montélimar eine deutsche Zeitung gekauft. Eigentlich interessierte ihn im Urlaub nur der Sportteil, aber die großen Buchstaben der Hauptüberschrift hatten dann doch seine Aufmerksamkeit erregt. Offenbar waren früher einige Schüler über Jahre hinweg von einem Pfarrer missbraucht worden, der heute ein angesehener Kardinal war. Angeblich hatten ihn mehrere Nonnen gedeckt und sogar einige Jungen für ihn herausgesucht.
    Sicher hatte sie Wittkampf so lange bearbeitet, bis er ihr den Fall übertragen hatte.
    Mit diesem Fall konnte man Karriere machen.
    Und er wusste, dass das der Hauptantrieb von Lilian Landhäuser war. Sie wollte groß herauskommen. Sie hatte einmal im Kreise ihrer Kollegen gesagt, dass sie Starkriminalanalystin werden und in ganz Deutschland Berühmtheit für ihre guten Arbeitsergebnisse erlangen wolle.
    Davídsson nahm ihr diese Aussage nicht übel. Die anderen Kollegen der Operativen Fallanalyse hatten sich über Landhäuser lustig gemacht, nach dem sie von ihren Karriereplanungen erzählt hatte. Vielleicht war es auch ein bisschen Neid gewesen, aber Davídsson wusste, dass sie im Grunde recht hatten: Die eigene Karriere ist auf jeden Fall die falsche Motivation bei den Ermittlungsarbeiten.
    Außerdem wussten alle, dass eine Karriere wegen der starren Regeln im Beamtentum kaum möglich war. Es gab keine Planstellen, auf die sie hätte aufsteigen können. Selbst Wittkampf war nur eine Gehaltsstufe über Davídsson eingruppiert, und bis zu seiner Pensionierung würde sich das vermutlich auch nicht ändern.
    Landhäuser war aber noch jung und voller Ideale. Sie erinnerte Ólafur Davídsson an seine Zeit beim FBI an der Academy in Quantico. Damals hatte er auch das Gefühl gehabt, die Welt aus den Angeln heben zu können. Die Welt ein Stückchen nach den eigenen Regeln zu beeinflussen.
    Aber diese Illusion hatte er verloren.
    Jetzt war er trotzdem nicht desillusioniert, aber er war mehr auf den Boden der Tatsachen gekommen. Er hatte sich mittlerweile damit abgefunden, dass man im Grunde nichts ändern konnte. Und trotzdem war die Arbeit der Operativen Fallanalyse wichtig. Ein Verbrechen aufzuklären, half zwar dem Opfer nicht mehr und es verhinderte vermutlich auch keine weiteren Verbrechen, aber es zog den Täter zur Verantwortung, und das war für die Angehörigen der Opfer ein wichtiges Signal.
    »Einer weniger«, war der flapsige Kommentar von Engbers gewesen, als sie sich ein paar Wochen zuvor bei einem Bier beim Alten Schweden darüber unterhalten hatten.
    Engbers war im Prinzip seiner Meinung und Davídsson wusste, dass Lilian Landhäuser im Laufe der Jahre auch noch ein gutes Stück ruhiger werden würde.

2
    S ie trafen sich in einem breiten dunklen Durchgang, der sie vor dem grauen milchigen Himmel und dem Regen schützte.
    Ólafur Davídsson war noch müde. Er wusste, dass er noch nicht genügend Aufmerksamkeit für einen neuen
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