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Olafur Davidsson 02 - Herbstwald

Olafur Davidsson 02 - Herbstwald

Titel: Olafur Davidsson 02 - Herbstwald
Autoren: Alexander Guzewicz
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wenn er nicht zum Beten dorthin gegangen war, hatte eine Kirche auch auf ihn eine gewisse sakrale Wirkung, die er nicht beschreiben konnte.
    Er sah auf die Uhr und legte sich noch einmal auf das viel zu weiche Bett.

    Als er wieder aufwachte, war es später, als es sein sollte. Hektisch zog er sein weißes Hemd über den Oberkörper und dann den schwarzen Anzug an. Schließlich schlüpfte er in die Schuhe, die er zuvor abgestreift hatte, ohne die Knoten zu öffnen. Er hatte verschlafen und hasste es, zu spät zu kommen. Vor allem, wenn seine Kollegin dort auf ihn wartete.
    Gott weiß, wo die wohnt, dachte er, als er sich kurz im Spiegel betrachtete und ein paarmal mit den Fingern durch die Haare fuhr, bis sie saßen. Hoffentlich nicht auch hier in dem Hotel.
    Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gedacht, klopfte es an der Tür. Er sah Landhäuser durch den Türspion.
    »Wollen Sie mit mir fahren?«, fragte sie durch die geschlossene Zimmertür. Sie musste seine Bewegungen durch die Tür gehört haben. Er sah noch einmal durch den Spion und bemerkte einen Schreibblock, der aus ihrer Handtasche ragte. Er konnte sogar die gleichmäßige Schrift auf den Karos erkennen.
    »Ich brauche noch einen Moment. Fahren Sie ruhig schon einmal vor.« Seine Stimme wurde von der dunklen Holzverkleidung reflektiert und hörte sich dadurch dumpf an.
    Sie schien einen Augenblick unschlüssig darüber, ob sie auf ihn warten sollte, ging dann aber, ohne noch etwas zu sagen.
    Davídsson war froh darüber.
    Es war nicht so, dass er sie nicht mochte. Er wollte sich vielmehr seine Unabhängigkeit bewahren – bei der Arbeit und auch bei der Bewegungsfreiheit.

    Ólafur Davídsson fuhr mit seinem Leihwagen durch die Hofeinfahrt der Fuggerei und parkte auf einem kleinen Platz direkt neben dem Verwaltungsgebäude.
    Am Vormittag hatte er dort Autos stehen sehen und hatte sich vorgenommen, dass er die Suche nach einem Parkplatz bei seinem nächsten Besuch auf diese Weise abkürzen würde.
    Erst als er ausgestiegen war, wurde ihm wieder bewusst, dass sein Chrysler 300C ein französisches Kennzeichen hatte, das sicher zu Missverständnissen bei den Mitarbeitern der Fuggerei führen würde.
    Er ging zur Kasse und erzählte der älteren Dame hinter dem geöffneten Fenster von seinem Wagen.
    »Sie können auf dem Markusplätzle nicht stehen bleiben. Dazu brauchen Sie eine Sondergenehmigung.«
    »Ich bin von der Polizei, reicht das nicht?«
    »Aha. Mit diesem Kennzeichen? Von welcher Polizei sind Sie denn? Von der französischen? Wie heißt die noch?« Sie sah Davídsson kurz an. »Gendarmerie, oder?«
    Ólafur Davídsson nickte lächelnd.
    »Der Kommissar kann auf dem Markusplätzle stehen bleiben, Frau Obermayr. Das ist schon in Ordnung«, sagte Elisabeth Hübner, die offensichtlich gerade aus der Mittagspause gekommen war und das Gespräch mit angehört hatte.
    »Danke. Ich habe gleich noch eine Bitte an Sie. Ich würde gerne den Konferenzraum als eine Art Einsatzzentrale für uns nutzen, wenn das möglich wäre.«
    »Ich müsste kurz mit dem Administrator sprechen, aber ich denke, auch das wird in Ordnung sein. Möchten Sie gleich mit nach oben kommen?«
    »Ich würde mich gerne erst einmal hier umsehen. Vielleicht wollen Sie mich ja durch die Fuggerei begleiten und mir etwas darüber erzählen.« Davídsson fühlte sich jetzt deutlich wohler als am Vormittag. Die Schmerzen waren weitgehend verschwunden und die Augen brannten nicht mehr.

    Dieses Mal gingen sie nicht durch den zweiten Torbogen, sondern blieben auf der Herrengasse.
    Die gelben zweigeschossigen Häuserzeilen links und rechts von ihnen erinnerten Davídsson an den Begijnhof, den er in Brügge besichtigt hatte. Die Siedlung hatte gewisse Ähnlichkeiten mit der Fuggerei, nur dass damals das Wetter deutlich besser gewesen war.
    Davídsson fiel auf, dass die Häuser fortlaufend nummeriert waren. Auch das kam ihm von manchen Straßenzügen in Berlin bekannt vor.
    »Im 16. Jahrhundert war hier in der Herrengasse 40 bis 42 das sogenannte Holzhaus, das aus zwei großen Krankensälen bestand. Das Holzhaus hieß so, weil man mit einer etwa zwei Monate dauernden Holzkur versuchte, die Syphilis zu bekämpfen. Dazu benutzte man Extrakte des südamerikanischen Guajakholzes. Die Geheilten wurden anschließend mit Essen und einem kleinen Startkapital ausgestattet, damit sie nicht wieder einen Rückfall erlitten.«
    »Und wie wird das hier alles finanziert?«, Davídsson blieb vor einem Schaukasten
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