Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Okarina: Roman (German Edition)

Okarina: Roman (German Edition)

Titel: Okarina: Roman (German Edition)
Autoren: Hermann Kant
Vom Netzwerk:
belehrte mich über des Lebens zwingende Regel: Wie groß auch immer die Entwürfe, so klein dann nie die Kosten.
    Während die qualifizierten Kräfte wieder und wieder Raum und Ofen vermaßen und die Werte befremdet ins Notebook eingaben, ließen sie mich ins ökonomische Wesen blicken. Wohl hörte ich zu, doch was mich regierte, waren Fragen, die nicht einfach von Unwissenheit, sondern geradezu von Unwissenschaft zeugten. Folgt ein Exempel, für das ich von den Herren der Umbauindustrie Dresche bezogen hätte, wäre ich nicht ihr potentieller Bauherr gewesen: Ob es, fragte ich, wenn es so wirtschaftlich sei, neuseeländische Kohle heranzuschiffen und heimische Zechen mit einheimischem Abraum zu füllen, nicht noch wirtschaftlicher wäre, die Zechen der Heimat auch mit Abraum aus Neuseeland zuzuschütten. – Was Wunder, daß ich unter Volkswirten seither mehr zum Volk als zu den Wirten zähle.
    Deren Ingenieurkorps fand sich weiterhin ein und sang sein Eiapopeia vom Einsatz einiger Mittel. Ich lernte im Kostenvoranschlag einen Anschlag auf mein Leben fürchten. Startkapital hieß der Weisungen letzter Schluß, dem ein PS aus Krediten und Renditen folgte. Zermürbt bekannte ich, mit einem Bein im beheizten Raum, mit dem anderen im Schuldturm, das sei keine einnehmbare Haltung für mich. Immer Debets zu bedenken, bringe mich um. Dies aber scheine mir der unsinnigste Tausch aller Täusche: statt Kältetodes einer durch Raten.
    Ratenlos und folglich tatenlos wichen die Zünftler. Zurück blieb das Problem der kalten Stube. Von dem mir im Jubiläums-Licht der im Buchhaus Ingermann erworbenen und weithin leuchtenden Schrift einmal dämmerte, es gehöre vom Kopf auf die Füße. Was besagte, wenn der Ofen nicht gegen den Raum ankomme, dann müsse der Raum zum Ofen kommen. Und weil ich mir, sobald mich strenge Kühle kommandieren will, einen Einschuß von Metaphysik erlaube, fragte ich mich, ob in der Geschichte, die zwischen dem Paar auf meiner Ofenbank verhandelt worden war, der Rebbe zum Moishe nicht statt Nimm herein den Schrank! oder Nimm herein die Ziege! ebensogut Nimm heraus den Ofen! gesagt haben könne. Wo Nimm heraus den Raum! ja aus Gründen der Physik kaum gegangen wäre.
    Aus Gründen der Physik , das half weiter. Raum war eine physikalische Größe, Wärme auch, und der Ofen stellte die physikalische Vermittlung zwischen beiden dar. Wenn er sich als zu groß für meine Börse und zu klein für die Stube erwies, mußte nicht er, sondern sie verändert werden. Hand war nicht ans Sparbuch oder an den Ofen zu legen, sondern an den weitläufigen Raum. An das Zimmer, das einst ähnlich dem Hause, in dem es sich befand, und dem Grund, auf dem sich dieses befand, im Urteil der Frauen, bei denen ich mich befand, als angemessen für mich gegolten hatte. Und es ebensowenig wie sie gewesen war.
    Eine Erkenntnis, die zu Konstruktionen führte. Ein Raum, ein Ofen, ein Winter, ein Mann; ich kürze das ab. Licht war zu bedenken, Arbeitslicht, Ausblick auf Wald und Flur, Sicherheit, die auf der Verfassung von Fenstern und Türen beruhte. Blieben die Möbel auf dem Teppich? Wohin mit den Büchernwerschreibtnuralldaszeug? Wie teilst du ein Zimmer, ohne sein Herz und auch deines zu teilen? Trennst du es so, daß es auf immer getrennt ist? Oder nur zur Winterszeit, die in diesem Zusammenhang Heizperiode heißt? Auf was für eine Weise zieht man einem zu großen Raum die innere Grenze?
    Im Wirbel der Fragen trug ich mir den Sinn meiner Anstalten katechetisch ein: Zu welchem Ende also setzte ich deutsche Baukunst in Gang? Der Ofen sollte an seinem Platz, derPlatz mein Arbeitsplatz und Zufluchtsort bleiben und, gottverdammich, bezahlbar. Eine Bedingung, die sich nur lustlos mit der Parole vom Einsatz einiger Mittel vertrug. Wie lautete mithin die Summe? Sie lautete: Eines langbewohnten Zimmers Teilung gleicht der Trennung von Tisch und Bett.
    Nimm heraus dein Leben! hörte ich zu diesem den Rebbe. Und schenkte ihm kaum Gehör. Denn ich war weiterhin unterwegs beim geballten Sachverstand. Der nicht nur an meinem Sachverstand zu zweifeln schien. Ahnenreihen von Erfahrungen marschierten vor mir auf. Es hagelte Ideen und Prospekte. Schläge setzte es, die sich Überschläge nannten. Mobile Wände? Dergleichen kommt heute mit Motoren und Prozessoren, mein Herr; da kann sich beim Bilderhängen keiner vertun. Nie wieder sitzt Ihr Picasso schief, Señor; da sei der Sensor vor!
    Und Gott vor einer Wiederholung der Zeit, in der ich auf so
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher