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Ohne Schmerz - Kein Halleluja

Ohne Schmerz - Kein Halleluja

Titel: Ohne Schmerz - Kein Halleluja
Autoren: Knud Hammerschmidt
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mitzieht. Er schlurft hinter mir her und ruft alle fünf Minuten „Lauf nicht so schnell!“ Ich fühle mich wie die Biene Maja. Ihr flog immer der dicke, kleine Willi hinterher, mit den Worten „Maja! Flieg nicht so schnell!“ Der Weg nach Monte do Gozo zieht sich noch ganz schön hin, ich schaue auf die Kilometersteine, noch ca. 8 Kilometer, dann sind wir da. Um Thomas aufzuheitern, dichte ich zur Melodie von „Schnappi,dem kleinen Krokodil“ einen Text über Sankt Ibu den Propheten. Nach einer knappen Viertelstunde ist der Text soweit, dass wir ihn beide lauthals singen können. Eine kleine Kostprobe? „Ich rieche wie ein Iltis und ein Otter und laufe über Sand, Steine und Schotter – ich bin Sankt Ibu der Prophet, der immer hilft wenn nix mehr weitergeht.“ Bei einer kurzen Pause in einer ziemlich versifften Bar, kurz vor dem Flughafengelände von Santiago drückt Thomas der Schuh. „Das kann doch jetzt nicht wahr sein! Ich hab mir eine Blase gelaufen. Auf den letzten 20 Kilometern! 780 Kilometer ohne Beschwerden und auf den letzten 20 lauf ich mir ´ne Blase!“ Ich muss lachen. „Das nennt man Ironie des Schicksals. Tut´s weh?“ „Nee, geht schon, aber …also nee, wirklich.“ Er ist rechtschaffen empört, was ich gut verstehen kann. Dass ich den heiligen Jakob verdächtige, ihm für sein gestriges Gelage einen Denkzettel verpasst zu haben, verbessert seine Laune nicht gerade. Das ändert sich allerdings zusehends, als wir endlich Monte do Gozo erreichen. Er beschließt direkt nach Santiago weiter zu laufen. „Ich brauch jetzt ein ordentliches Zimmer und eine Badewanne!“ Ich salutiere. „ Also bis morgen! Ich erwarte Jungfrauen mit Palmwedeln und einen Esel der mich an der Stadtgrenze abholt und natürlich Chöre, die Hosianna singen!“ „Und sonst geht’s Dir gut?“
    Monte do Gozo ist riesig. So wie das hier aussieht, war es vermutlich bis in die späten 70er ein Freizeitcamp für die faschistische Landjugend unter Franco. Oder wie auch immer die Jugendorganisation unter den spanischen Faschisten geheißen haben mag. Wie Legosteine reiht sich Block an Block rechts und links entlang einer Art Allee, die auf einen großen Platz mit Bar, Restaurant und Waschsalon führt. Alles sehr großzügig gestaltet. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Aufmärsche in Uniform. Hier ist ja fast soviel Platz wie auf dem Reichsparteitags-gelände in Nürnberg. Die Albergue ist dann folgerichtig auch innen sehr geordnet konstruiert. Sehr ordentlich. Da steckt System dahinter. Ich lasse mich belehren, dass die Herberge erst 1993, anlässlich des Heiligen Jahres errichtet wurde. So kann man sich irren. Selber schuld, liebe Spanier. Bei DER Architektur lag der Verdacht ja nah. Mustafa, Ib, Claudio und die koreanische Armee sind bereits eingetroffen. In der Sonne sitzen die beiden Zillertaler Bergziegen und winken mir zu. Wir ratschen ein wenig, der Running Gag bleibt diesmal aus. Dann kümmere ichmich um meine Unterkunft und ignoriere den penetranten Geruch nach miefigen Stiefeln, der mich am Eingang des Raums mit der Intensität eines Faustschlags trifft. Manch einer ist echt zu blöd, das Schuhregal am Eingang zu bemerken. Was machen diese Menschen mit ihren Füßen? Verwesen lassen? Ich rümpfe demonstrativ meine Nase, suche meine Wäsche zusammen, trabe zum Münzwaschsalon und stelle mich anschließend erst einmal ausgiebig unter die Dusche. Die 35 Kilometer stecken mir in den Knochen.
    Die Mädchen, Mustafa und Claudio sitzen bereits in der Bar und Tienda kurz vor dem Eingang zum Herbergsgelände. Ich setzte mich mit einem Bocadillo und einem Glas Weißwein davor, in die Sonne. Neben mir sitzt Caris aus England, eine fesche Erdbeerblonde, mit ihrer Mutter, die heute Mittag bereits eingetroffen sind. Auch eine angenehme Gesellschaft, aber so kurz vor dem Ziel, ist der Bedarf an neuen Freundschaften nicht mehr ganz so intensiv. Das Bedürfnis sich auszutauschen hingegen schon. Im Gegenlicht sehe ich den Franzosen mit der Ukulele auf uns zukommen, gefolgt von einem dünnen, hinkenden Hund. Ukulele setzt sich zu uns. „Der Hund läuft mir schon seit 35 Kilometern hinterher.“ Der Besitzer der Tienda kennt den Hund. „Der läuft auf dem Camino hin und her und sucht sich Teilzeitherrchen.“ Das arme Tier ist völlig erschöpft. Ich besorge ihm etwas Wasser und spendiere ihm ein paar Scheiben Schinken. Wir tauschen Geschichten aus und bekommen noch Gesellschaft von drei deutschen Mädchen, die den Camino del
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