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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur
Autoren: Lisa Gardner
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ist in Florida bei ihren Enkeln, und nur für mich allein hat es keinen Sinn, Strom zu verschwenden.
    Ich stelle die Schale mit dem Rest aufgeweichter Crispies ab. In diesem Moment gibt der Cop auf. Ich wechsele auf die andere Seite der Küche und sehe ihn, vorsichtig durchs Fenster spähend, zum Nachbarn gehen und an dessen Tür klopfen.
    Routineermittlung. Die Cops klappern die Straße ab. Und sie kamen von Norden. Offenbar ist dort, vielleicht auf dieser Straße, etwas passiert.
    Mir fällt etwas ein, woran ich eigentlich gar nicht erinnert werden will, was ich aber trotzdem im Hinterkopf habe, seit dieser Alarm losging und ich ins Badezimmer gegangen bin, um auf mein Spiegelbild über dem Waschbecken zu stieren. Dieses Geräusch, das zu hören war,als ich letzte Nacht den Fernseher ausmachte. Was ich womöglich weiß, ohne es wissen zu wollen, was mir aber jetzt nicht mehr aus dem Kopf geht.
    Mir ist der Appetit vergangen. Ich setze mich auf den Küchenstuhl.
    Achtzehn Minuten vor sieben. Normal tun ist heute wohl nicht drin.
    Heute wird es richtig abgehen.
    Mir fällt es schwer zu atmen. Mein Herz rast, meine Hände schwitzen. Und mir geht so vieles gleichzeitig durch den Kopf, dass ich ganz schwindlig werde und jemanden stöhnen höre, was mich durcheinanderbringt, bis mir auffällt, dass ich es selbst bin, der stöhnt.
    Ihr Lächeln, ihr süßes, süßes Lächeln. Wie sie zu mir aufblickt, als wäre ich drei Meter groß, als könnte ich die Weltkugel auf meiner Hand tragen
.
    Und dann laufen ihr Tränen übers Gesicht. «Nein, nein, nein. Bitte, Aidan, aufhören. Nein   …»
    Die Cops werden wiederkommen. Früher oder später. Zu zweit oder zu dritt, vielleicht mit einer Spezialeinheit, die das Haus stürmt. Allein dafür existieren Typen wie ich: Jede Gemeinde hat einen Schurken, und da hilft es auch nichts, normal zu tun.
    Ich muss nachdenken. Einen Plan fassen. Die Kurve kratzen.
    Aber wohin? Für wie lange? So viel Geld habe ich nicht   …
    Ich versuche, meinen Atem zu kontrollieren. Mich zu beruhigen. Mir einzureden, dass alles in Ordnung ist. Ich halte mich doch ans Programm. Kein Alkohol, keineZigaretten, kein Internet. Ich besuche regelmäßig meine Treffen und bin sauber.
    Normal leben, normal sein, richtig?
    All das hilft nicht. Ich falle in alte Gewohnheiten zurück, muss das zur Kenntnis nehmen, wovon ich weiß, dass es wirklich zutrifft.
    Ich kann verdammt gut lügen, insbesondere Polizisten gegenüber.
     
    D.   D. fing in der Küche mit ihrer Durchsuchung an. Wenn sie den Kopf nach links drehte und durch die Tür blickte, konnte sie den Mann sehen, der auf dem dunkelgrünen Sofa saß mit einer bunten afghanischen Decke im Rücken. Jason Jones rührte sich nicht, ebenso wenig wie das Kind mit Lockenkopf, das er an seine Brust drückte, seine Tochter Ree. Sie schien eingeschlafen zu sein.
    D.   D. achtete darauf, den Blick nicht allzu lange auf den beiden ruhen zu lassen. In dieser frühen Phase der Ermittlungen wollte sie sich nicht in den Vordergrund spielen. Millers Vermutung traf zu: Sie hatten es mit einem intelligenten Mann mit Kontakten zu tun, der seine Rechte kannte. Um ihm oder der vierjährigen mutmaßlichen Zeugin irgendwelche brauchbaren Hinweise zu entlocken, musste sie behutsam vorgehen.
    Sie konzentrierte sich auf die Küche.
    Die Küche hatte, wie das Haus insgesamt, den epochalen Charme der Fünfziger bewahrt, zeigte aber auch deutlich ihr Alter. Das schwarz-weiße, in Schachbrettmuster verlegte Linoleum war an vielen Stellen abgewetzt. Die Küchengeräte, von manchen vielleicht alsretro bewundert, machten auf D.   D. einen uralten Eindruck. Der Raum war sehr klein. Die geschwungene Arbeitsplatte in der Mitte, die auch als Esstheke diente, war gerade noch so groß, dass zwei mit rotem Vinyl bezogene Hocker davor Platz fanden. Vor dem Fenster stand ein kleiner Esstisch, der als solcher aber offenbar nicht verwendet wurde, da er von einem Computer belegt war.
    Interessant, fand D.   D.   Eine dreiköpfige Familie, aber Sitzmöglichkeiten nur für zwei. Ob dieses Detail bereits etwas aussagte über die Dynamik innerhalb der Familie?
    Die Küche schien gepflegt zu sein. Die Arbeitsflächen waren abgewischt, die Geräte standen in Reih und Glied vor dem schwarz-weißen Fliesenspiegel. Die Ordnung wirkte aber nicht pedantisch. In der Spüle befand sich noch schmutziges Geschirr, und im Abtropfgestell standen Teller und Tassen, die noch darauf warteten, in die Schränke
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