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Oh Schreck, die Miesbachs kommen

Oh Schreck, die Miesbachs kommen

Titel: Oh Schreck, die Miesbachs kommen
Autoren: Harald Tonollo
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völlig unschuldig. Conrad und Eduard haben die Schilder geschrieben.«
    »Was?« Polly traute ihren Ohren nicht. »Wie kommst du denn darauf?«
    »Die Tafel … Conrad hat heute Morgen ein Ausrufezeichen an die Tafel geschrieben … genauso eines wie auf den Schildern!« Pit holte den Karton, der an diesem Morgen am Zaun gehangen hatte, aus seinem Rucksack und deutete auf den Strich unter dem senkrechten Balken.
    »Wo ist
das
denn her?« Palme riss die Augen auf, und Polly erklärte in aller Kürze, was an diesem Morgen vorgefallen war.
    »Kein anderer Mensch macht solche Ausrufezeichen«, war Pit sich ganz sicher.
    »Also, zutrauen würde ich den beiden Fieslingen das Ganze schon«, meinte Polly. »Nur … wir haben den Zauberspruch für Magenbitter schon ausgesprochen.«
    »Was?!« Pit drückte panisch seine Nase an die Schaufensterscheibe …

     
    Friedensreich Magenbitter saß in seinem Bestattungsinstitut hinter dem Schreibtisch und war erleichtert.
    Nachdem er gestern den ganzen Tag über hatte pupsen müssen wie noch nie zuvor in seinem Leben, hatte er sich schon auf eine schwere Darmgrippe gefasst gemacht. Doch zu seinem großen Erstaunen ging es ihm heute so gut wie schon lange nicht mehr.
    Er wartete auf Nadine von Trübenthal, die junge Dame, deren altersschwacher Gatte vor zwei Tagen das Zeitliche gesegnet hatte und die er gestern wegen seiner unsäglichen Darmwinde auf heute hatte vertrösten müssen. Und kaum dass er an sie dachte, betrat sie auch schon sein Beerdigungsinstitut.
    Magenbitter stand auf, als müsse er zum Appell antreten.
    »Sehr verehrte gnädige Frau!«, säuselte er. »Ich bin hocherfreut, dass Sie noch einmal den Weg zu mir gefunden haben, nachdem mich gestern ein bedauerlicher Virus ereilt hatte.« Er lächelte verlegen. »Doch ich kann Ihnen versichern, dass ich heute bei bester Gesundheit bin und ganz zu Ihren Diensten stehe.«
    Nadine von Trübenthal hüstelte verlegen. »Nun, das freut mich für Sie … und für mich! Dann können wir uns jetzt ja in aller Ruhe den Särgen widmen.«
    »Es ist mir eine Freude … also bei aller Trauer um Ihren verstorbenen Herrn Gemahl natürlich.« Friedensreich Magenbitter kam hinter seinem mächtigen Schreibtisch hervor. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen …«
    Frau von Trübenthal schnupperte sicherheitshalber kurz hinter dem Bestatter her, bevor sie ihm erleichtert folgte.
    »Dies hier ist unser Premiummodell«, verkündete Magenbitter stolz und zeigte auf den mittleren Sarg in der ersten Reihe. »Eiche rustikal! Die Kanten sind mit reinem Blattgold veredelt. Und die Tragegriffe doppelt verstärkt.«
    »Nun ja«, die junge Witwe wand sich etwas, »mein Mann war ein sehr bescheidener Mensch. So ein protziger Sarg wäre ihm sicher unangenehm.«
    »Natürlich! Vielleicht würde Ihrem Gatten unser zweitbestes Modell dann besser gefallen?«
    »Also, um ehrlich zu sein, mein Gatte war noch bescheidener! Er war der bescheidenste Mensch auf der Welt, wissen Sie? Der billigste Sarg würde ihm bestimmt am meisten zusagen!«
    »So?« Friedensreich Magenbitters Begeisterung ließ spürbar nach.
    »Aber vielleicht sollte man Ihren verstorbenen Gatten auch einmal überraschen«, sagte plötzlich eine Stimme hinter Nadine von Trübenthal.
    Sie drehte sich erstaunt um.
    Vor ihr stand ein zweiter Friedensreich Magenbitter! Verblüfft schaute sie wieder zu Magenbitter Nummer eins … und wieder zurück zu Magenbitter Nummer zwei.
    »Un…unglaublich!«, stammelte sie. »Eineiige Zwillinge! Jetzt habe ich mich aber erschrocken.«
    Magenbitter Nummer eins stand mit offenem Mund da und starrte Magenbitter Nummer zwei an. »Ich …«, stammelte er, »ich habe aber doch gar keinen Zwillingsbruder!«
    »Ach«, machte Frau von Trübenthal, »dann ist das jetzt aber merkwürdig.«
    Magenbitter Nummer zwei kümmerte sich überhaupt nicht um die erstaunten Gesichter, sondern ging entschieden auf den drittteuersten Sarg zu. »Ich glaube, ihr Gatte würde sich über einen Sarg der mittleren Preisklasse ganz besonders freuen, verehrte Gnädigste. Gerade
weil
er so bescheiden ist!«
    »War«, verbesserte Nadine von Trübenthal. »Er ist tot!«
    »Bescheiden
war
«, korrigierte sich Magenbitter Nummer zwei etwas verlegen.
    »Bedauerlich, dass Sie nur
einen
verstorbenen Gatten haben«, meldete sich jetzt eine weitere Stimme aus der hintersten Ecke des Beerdigungsinstituts. »Bei
zwei
Särgen könnten wir Ihnen nämlich preislich etwas entgegenkommen.«
    Ein dritter
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