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Oh, Mandy

Oh, Mandy

Titel: Oh, Mandy
Autoren: Peggy Moreland
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Erinnerungen an die Vergangenheit gefeit zu sein, merkte Jesse, dass sich sein Magen verkrampfte und ihm der Schweiß ausbrach. Fluchend wischte er sich über das Gesicht und starrte durch die Windschutzscheibe auf die Straße vor sich. Er nahm den Fuß vom Gas und trat auf die Bremse, um den Wagen auf dem Hügel zum Stehen zu bringen.
    Von der strahlenden Sommersonne beschienen, wirkte das zweistöckige Herrenhaus genauso deplatziert, wie Jesse sich immer gefühlt hatte, während er auf der Circle-Bar-Ranch gelebt hatte. Doch statt sorgfältig gepflegter Rasenflächen mit Sümpfen und Magnolien und riesigen Eichen voller Moos, die man bei solch einem Haus erwarten würde, umgaben Wiesen mit grasenden Kühen, steinige Hügel und Zedern und Kakteen das Anwesen.
    Margo Barrister hatte Wade, ihren Mann, nach ihrer Hochzeit vor mehr als vierzig Jahren zwar nicht davon überzeugen können, nach Atlanta zu ziehen, aber sie hatte ihn schließlich dazu gebracht, das ursprüngliche Haus der Barristers niederzureißen und es durch dieses Monstrum zu ersetzen - ein unübersehbares Zeugnis von Margos Wurzeln im vornehmen Süden.

    Bei dem Gedanken an Margo umwölkte sich Jesses Stirn. Mrs. Barrister. Sie hatte darauf bestanden, dass er sie so nannte. Nicht Mutter - nie im Leben hätte sie zugegeben, dass er Wades Sohn war. Margo hatte nichts anderes als unpersönliche Förmlichkeit von ihm verlangt.
    Hass stieg in ihm auf, als er sich daran erinnerte. Er hatte sie niemals Mrs. Barrister genannt. Er hatte sich überhaupt nie an sie gewandt. Das war nicht schwierig gewesen, da sie ihm den Zutritt zu ihrem Haus bei seiner Ankunft auf der Ranch verboten hatte.
    Seine Miene wurde noch grimmiger, als Jesse an den Tag damals dachte. Margo hatte geflucht und getobt, als Wade seinen vierzehnjährigen, unehelichen Sohn mitgebracht hatte.
    Sie hatte ihm nicht erlaubt, ihre Türschwelle zu übertreten, sondern verlangt, dass Wade ihn in die Unterkunft brachte, in dem die Rancharbeiter wohnten. Und genau dort hatte er bis zu dem Tag vor fast dreizehn Jahren gelebt, als er die Circle-Bar-Ranch und Texas so überstürzt verlassen hatte.
    Ja, damals war es einfach gewesen, Margo aus dem Weg zu gehen.
    Aber die Konfrontation, die ihn jetzt unten im Tal erwartete, die konnte er nicht vermeiden.
    Jesse schüttelte die unangenehmen Erinnerungen ab, legte den Gang ein und machte sich auf den Weg hinab zum „großen Haus”.
    Durch das Fenster ihres Wohnzimmers erhaschte Margo einen Blick auf eine Staubwolke, die über den Hügel wirbelte. Zusammenzuckend stellte sie langsam die Vase auf den Tisch und ging ans Fenster, um zum Hügel zu sehen.
    „Verflixt!” fluchte sie leise. Obwohl sie den schwarzen Transporter, der die Staubwolke verursachte, nicht kannte, ahnte sie, wer darin saß. Jesse. Er war gekommen, um sein Erbe anzutreten.
    Ihre Lippen zitterten vor unterdrückter Wut. Er war hier, um die Circle-Bar-Ranch zu übernehmen. Wade hatte ihr zwar das Haus hinterlassen, aber nicht das Land, auf dem es stand. Das hatte er dem Sohn seiner mexikanischen Hure vererbt! Dass Wade es gewagt hatte, sie in aller Öffentlichkeit so zu beleidigen, indem er sein uneheliches Kind anerkannte und ihr das Land, die Dynastie wegnahm, die ihr alle Türen der guten Gesellschaft von Austin öffnete, war ungeheuerlich.
    Margo legte eine Hand auf ihr Herz und zwang sich, tief Luft zu holen. Jesse brauchte ihren Widerwillen, ihre Wut… ihre Verzweiflung nicht zu sehen. Sie brauchte ihn, ob sie es zugeben wollte oder nicht. Sie kannte seine Pläne nicht. Noch nicht. Er hatte sich nicht mit ihr in Verbindung gesetzt, seit Wades Anwalt ihn über Wades Tod und das Erbe unterrichtet hatte.
    Würde er die Ranch verkaufen? Oder würde er wieder hierher ziehen und sie selbst bewirtschaften, so wie Wade es gehofft hatte? Ihr Magen verkrampfte sich. Allein die Vorstellung, zusehen zu müssen, wie dieser elende Bastard auf ihrem Land herumging, war einfach zu entsetzlich, um darüber nachzudenken. Sie hoffte, dass er plante zu verkaufen.
    Wenn dem so war, dann würde sie das Land kaufen, und die Barrister-Dynastie würde so wie in der Vergangenheit fortbestehen, nur dass dann sie, Margo, an der Spitze stehen würde.
    Aber würde er an sie verkaufen? Sie ballte die Hände zu Fäusten, so dass die manikürten Fingernägel sich in das Fleisch der Handflächen gruben, während sie zusah, wie der Wagen vor dem Haus zum Stehen kam.
    Augenblicklich zwang sie sich, die Finger wieder
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