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Öl!

Titel: Öl!
Autoren: Upton Sinclair
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Wirkungsgeschichte seines Welterfolgs noch einmal Revue passieren. «I met oil people and heard oil talk and oil adventures and oil fever » – ein geübter Autor habe nur noch dasitzen und Ohren und Augen offen halten müssen, schon sei das Eingangskapitel geschrieben gewesen. Sinclairs Befund aus der zeitlichen Distanz von vier Jahrzehnten: «No story could be more ‹true›.» Das in Anführungszeichen gesetzte «true» ist vielsagend. Denn mit dem Abpausen vorgefundener Realitäten war es eben nicht getan. In Oil! zeigt sich ein gereifter Erzähler am Werk, der über ein breites Spektrum an Kunstmitteln gebietet, um seine Geschichte zu einer «wahren» werden zu lassen.
    Nach dem Tod Upton Sinclairs im November 1968 vergingen noch einmal fünfzehn Jahre, ehe dann in den 1980er-Jahren in kurzer Folge gleich zwei Neuübersetzungen, beide unter dem Titel Öl! , erschienen: eine «ostdeutsche» von Ingeborg Gronke (1983) und eine «westdeutsche» von Otto Wilck (1984), die den vorläufigen Schlusspunkt setzte. Die Neuübersetzung durch Andrea Ott auf Basis der Penguin-Ausgabe (wieder mit dem Originalvorwort von 1927) stellt nach nochmals einem guten Vierteljahrhundert somit den vierten Anlauf in der deutschen Vermittlungsgeschichte des Werks dar.
    ZUR ÜBERSETZUNG
    Mit Oil! hat Upton Sinclair die Technik des Reportageromans perfektioniert und ein komplexes, zwischen stilisierter Faktografie und dokumentarischer Fiktion oszillierendes Gesellschaftspanorama geschaffen, ein Buch «full of adventures and social contrasts» , das auch formal nach Wagnissen und Kontrasten verlangte. Der zentrale Kunstgriff zur Verlebendigung der Romanfiguren besteht in der Modulation des Erzähltons mittels erlebter Rede. In dem Bemühen, unterschiedlichste Milieus glaubhaft darzustellen, verwandte der Autor große Sorgfalt darauf, die Personen in ihren jeweiligen Sprech- und Handlungsakten nuanciert auszudifferenzieren. Ihre diversen Slangs und Jargons färben auf den auktorialen Bericht durch, je nachdem, wessen Perspektive gerade eingenommen wird – am Beginn die des halbwüchsigen Bunny, durchgängig die seines hemdsärmeligen Vaters, von dem es heißt, er spreche «Südwestamerikanisch». Wie die Fallhöhe zwischen Figuren- und Erzählerrede auf ein Minimum reduziert wird, so sind auch die Grenzen zwischen Indikativ und Konjunktiv zuweilen verwischt. Für die stark perspektivische Erzählhaltung muss eine Übersetzung Entsprechungen bieten: durch eine betont saloppe Wortwahl, die die ungenierte Ausdrucksweise der Protagonisten widergibt, durch appellative Einsprengsel, die die Kumpanei zwischen Erzähler und Leser abbilden, durch Häufung von Ausrufezeichen oder durch die Aneinanderreihung von «und», was jugendliches Ungestüm und Atemlosigkeit suggerieren soll.
    Auch bei Regelverstößen in der Figurenrede folgt die Neuübersetzung dem Prinzip der getreuen Wiedergabe, sofern diese Regelwidrigkeiten zur Kennzeichnung von sozialem Rang, Unbildung oder auch demonstrativer Leutseligkeit dienen. Da Dad im Roman ein extremely crude English nachgesagt wird, muss man ihm auch im Deutschen Krudes soufflieren. So bildet er den Komparativ mit «wie» statt mit «als» oder verwendet «brauchen» ohne «zu». Sein stetig wiederkehrendes «jist» , eine markante Idiosynkrasie, findet seine Entsprechung in dem ebenso markanten «nix». Am deutlichsten tritt die «Verhunzung» der englischen Diktion im Original bei den Gesprächen der Familie Watkins («too growed up» statt « grown up», «healen» statt «healt») zutage. Da Südwestamerikanisch bekanntermaßen nicht gleich Südwestdeutsch ist, konnte der Südstaatendialekt der Sprecher schwerlich mit einem konkreten regionalen Idiom nachgebildet werden; dies ließ sich durch Unregelmäßigkeiten und Verschleifungen in der Grammatik bloß andeuten. Wichtig war dabei, die höhere Ordnung, aber auch den Witz und die sprachspielerische Intelligenz im Regelverstoß nicht zu verkennen. Schließlich sollte nicht der Eindruck entstehen, man habe es mit geistig minderbemittelten Hinterwäldlern zu tun.
    Im Zentrum des Romans steht die Sphäre des Erdöls mit den für Laien oft ungewohnt klingenden Fachtermini der Bohr- und Fördertechnik sowie der damit zusammenhängenden Rechts- und Finanzierungsgeschäfte. Der englische Text belegt die durchgängige Vertrautheit mit der Materie und fundierte Sachkenntnisse seitens des Verfassers, dem es aus Authentizitätsgründen wichtig war, sämtliche Details
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